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Titanus

Titanus

Titel: Titanus
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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gehen, mag die Entwicklung andere Wege einschlagen, der Gedanke, der Jahrhunderte überspringt und schneller als das Licht vorausfliegt, erschließt dem Menschengeschlecht neue Räume.«
    Der Nachtwind frischte auf. Es wurde kühl.
    »Gehen wir hinein?« Inoti schob fröstelnd die Schultern vor.
    Im Aufenthaltsraum trafen sie Sundberg und Timár, die ihre letzten Forschungsergebnisse auswerteten.
    Der Chefarzt sah auf. »Ich war vorhin bei Genossen Sandrino.«
    Nasarow setzte sich zu ihm. »Was sagt er? Haben Sie Romain gesehen?«
    Sundberg lächelte. »Die Meerschweinchen sind über den Berg. Silona hat Romain schon die erste Dosis verabreicht. Ein Prachtweib!«
    »Und wie steht es?«
    »Noch unverändert! Bewußtlos, es geht auf und ab, er ist noch starr – aber es besteht Hoffnung, daß wir ihn durchbekommen.«
    »Kann man zu ihm?«
    »Silona ist unerbittlich – ich durfte nur einen kleinen Blick ins Zimmer werfen, und das auch nur, weil Sandrino sagte, ich wäre Gesundheitsminister der Kosmos. Sobald sich Romains Zustand gebessert hat, will Sandrino kurzzeitig die Befehlsheilung dazunehmen.«
    »Und was macht der Schenkelbruch?«
    »Der Heilungsprozeß schreitet fort, es wird wahrscheinlich schneller gehen, als Sandrino angenommen hat.«
    »Morgen kommt unser zweites Heilgerät herunter«, sagte Nasarow. »Und dann werde ich Guptajee anweisen, daß er für zwei Tage an der astronomischen Forschungsarbeit hier unten teilnimmt. Ich möchte sowieso, daß wir, soweit es möglich ist, für einen Tag die Besatzung der Kosmos mit der Landungsgruppe austauschen, damit die Genossen die Stadt nicht nur auf dem Bildschirm sehen.«
     
    Die Sonne brannte. In den Parkanlagen knallte es wie ein Trommelfeuer. Die Blütendolden mannshoher Zierbüsche zerstoben wie Feuerwerksraketen und verstreuten ihre Blättchen wie buntes Konfetti. Samenkörner flogen umher wie Schrapnellkugeln. Zweimal im titanischen Jahr gab es dieses Schauspiel, das die Titanen Fruchtregen nannten. Die beiden Tage, in deren Mittagsstunde es geschah, waren nach alter titanischer Sitte Festtage, an denen man sich gegenseitig kleine selbstgefertigte Geschenke überreichte. An diesen Tagen zog die Jugend hinaus in Feld und Wald, in Täler und Berge, um der Natur nahe zu sein.
    Sandrino hatte das Blütenbersten erleben wollen. Um es nicht zu versäumen, war er schon lange vorher auf die Terrasse gegangen und hatte sich in eins der Gestelle gesetzt, die dem Liegestuhl ähnelten. Doch er hatte nicht bedacht, daß das tage- und nächtelange Wachen, das Hoffen und Bangen an den Kräften gezehrt hatte und der Körper sein Recht erzwang. Nun lag er im Schatten und schlief. Das Knallen weckte ihn nicht, auch nicht die Schritte der Patienten, die an ihm vorüber in den Park liefen, um mitten im Fruchtregen zu sein.
    So fand ihn Silona, als sie auf die Terrasse trat. Ihr Gesicht war voller Freude, ihr Gang beschwingter als sonst.
    Sie stellte den Sprachwandler neben ihn. »Massimo!«
    Er rührte sich nicht. Sie rief lauter. Er seufzte nur im Schlaf. Da schüttelte sie ihn behutsam. »Massimo!«
    Er öffnete die Augen zu einem Spalt. Als er Silona erkannte, richtete er sich verschlafen auf.
    »Der Fruchtregen!«
    Er erhob sich und trat mit ihr zur Balustrade.
    »Wie das knallt!« sagte er und betrachtete das Treiben in den Anlagen. Es erschien ihm wie irdischer Karneval. Die Titanen liefen lachend durch den Blütenregen und ließen sich mit den bunten Blättchen überschütten.
    »Was knallt?« fragte sie.
    »Die Blüten.«
    Sie überging eine Antwort. »Was machen die Menschen, wenn sie sich sehr freuen?« fragte sie.
    Er sah sie prüfend an, nachdenklich, dann bewundernd, schließlich verschmitzt und zog sie an sich. »Man küßt sich!«
    Sie löste sich sanft aus seinem Arm. »Du fragst nicht, weshalb ich mich freue. Dein Genosse…«
    Sandrino horchte auf. »Was ist mit ihm?«
    »Die Temperatur fällt! Die Gehirnströme normalisieren sich.«
    »Schnell, komm mit! Das muß ich selbst sehen.« Er zog sie am Arm mit sich fort.
     
    Unbeirrt zog der Hubstrahler seinen Kurs.
    Es regnete. Berge und Täler verschwammen hinter dem Perlenvorhang fallender Tropfen. Aus den Wäldern wallte feiner Dunst und legte sich über die Felder. Von den Flüssen kroch der Nebel aufs Land.
    Stafford sah trübsinnig aus dem Fenster.
    »Sauwetter!« sagte er zu Canterville. »Paßt zu meiner Stimmung! Übermorgen geht es an Bord der Kosmos, dann beginnt der Flug ins Ungewisse.«
    »Sie
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