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Titan-4

Titan-4

Titel: Titan-4
Autoren: Frederik Pohl
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aber dies war nicht, was den Wissenschaftler gegenwärtig beschäftigte. Das vordringende Magma näherte sich der Blase, und er wollte sehen, welche Wirkung das eingeschlossene und unter hohem Druck stehende Gas auf das flüssige Magma haben würde. Es war ein Glücksfall, daß der Vorgang sich gerade hier ereignete; die unaufhörlichen schwachen Erdbebenwellen aus dem Südwesten machten in weitem Umkreis alles deutlich sichtbar. Angesichts der barbarischen Eindringlinge aus dem Norden, die durch benachbarte Schichten einsickerten, wäre es außerordentlich gefährlich gewesen, wenn die Forscher eigene Geräusche hätten erzeugen müssen, um die Vorgänge zu verfolgen.
    Derel hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, was geschehen würde, wenn das geschmolzene Tiefengestein die Blase erreichte, doch wie jeder gute Wissenschaftler ließ er seine Beobachtungstechnik nicht davon beeinflussen. Er war entschlossen, sich nichts entgehen zu lassen, und seine Aufmerksamkeit war so ausschließlich auf das fragliche Gebiet konzentriert, daß die Ankunft eines seiner Assistenten, der in der nächsten Grenzstadt einen Kurzurlaub verbracht hatte, ihn nicht im mindesten ablenken konnte. Der Assistent seinerseits wagte Derel nicht zu stören, obwohl er Neuigkeiten mitbrachte, die den Meister interessieren würden: das Magma war der Blase inzwischen sehr nahe. Wie der erfahrene Wissenschaftler, hatte auch der Neuankömmling eine Vorstellung vom Verhalten der flüssigen Glut: sobald sie die Höhle erreichte, würde sie an den Wänden entlangfließen und die Blase allmählich von außen nach innen füllen. Seine Kenntnisse von der Natur der Gase waren zu lückenhaft, um ihm zu der Erkenntnis zu verhelfen, daß die in der Höhlung vorhandenen Gase sich zuerst im einfließenden Magma auflösen mußten, ehe seine Vorstellung Wirklichkeit werden konnte; und wie Derel hatte er keine Ahnung von einer weiteren Kraft, die sich gleichfalls auswirken würde. Kein Angehöriger ihrer Art hatte jemals in Ruhe das Verhalten von Flüssigkeiten beobachten können, die nicht in einem beengten Raum eingeschlossen waren; sie hatten noch nie eine freie, flüssige Oberfläche gesehen. Ihre Erfahrungen sollten eine Erweiterung erfahren.
    Es wäre sinnlos, zu erraten, wen das tatsächliche Geschehen am meisten erstaunte, aber es war keine Frage, welcher der Beobachter als erster die Fassung wiedergewann. Derel war nur einen Augenblick lang wie gelähmt, als der erste Schwall flüssigen Magmas die Öffnung der Höhle erreichte – und in gerader Linie durch den Hohlraum zur anderen Seite schoß! –, aber er beobachtete genau und aufmerksam, wie der Magmastrom auf der der Öffnung gegenüberliegenden Seite der Höhle einen Teich bildete. Diejenige Seite des Teichs, die mit den Wänden der Höhle nicht sofort in Kontakt war, schien das Bestreben zu haben, eine ebene Oberfläche zu bilden, doch der nachfließende Strom erzeugte Störungen, die sich von der Aufschlagstelle an der Oberfläche in alle Richtungen ausbreiteten – Wellen, die keiner der Beobachter jemals gesehen oder sich vorgestellt hatte. Erst als die Blase sich mit geschmolzenem Gestein gefüllt hatte, kam allmählich wieder Bewegung in die Gruppe; und obgleich keiner es erwarten konnte, über das beobachtete seltene Phänomen in Meinungsaustausch zu treten, warteten alle auf Derels Stellungnahme. Dieser, der seine Assistenten als Schüler betrachtete, die durch Anregungen zu eigenem Nachdenken gebracht werden sollten und die man nicht wie Laien mit schnellen Schlußfolgerungen beeindrucken durfte, begann mit einer Frage. »Könnte allein der Druck, unter dem die Flüssigkeit stand, ihr Verhalten erklären?«
    »Nicht völlig«, antwortete einer der Schüler prompt.
    »Warum nicht? Der Druck kann eine Flüssigkeit zwischen Felsschichten und sogar in Gesteinsporen pressen; warum sollte er nicht einen Flüssigkeitsstrom durch einen Raum senden, wo es keinen Widerstand gibt?«
    »Wahrscheinlich kann er es; aber ich sehe nicht ein, wie der Druck eine Seite dieses wachsenden Reiches zu einer ebenen Fläche machen könnte. Dazu wäre irgendeine unsichtbare Substanz nötig, die auf diese Oberfläche drückt – eine Substanz, die den Flüssigkeitsstrom in den neuen Teich, aber nicht aus ihm herausfließen läßt. Ich finde es schwierig, mir eine solche Substanz vorzustellen.«
    »Ich auch. Auch dein Einwand gegen den Flüssigkeitsdruck scheint einleuchtend – es sei denn, einer der anderen hat eine
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