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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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Verspätung werden wir denn haben?‹ erkundigte ich mich beklommen.
    ›Höchstens drei Stunden‹, erklärte er mir.
    Bob sah mich mit einem seltsamen Lächeln an. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Ich hätte schreien können.
    Drei Stunden verstrichen und mehr. Es dauerte fast vier Stunden, bis eine Ersatzlokomotive angekoppelt war und wir starten konnten. Wir hatten noch ein wenig Zeit bis zu dem Unfall, doch es wurde bald offensichtlich, daß die Ersatzlok nicht so stark war wie die großen, die man normalerweise bei den Luxusschnellzügen einsetzte, und wir somit ständig weiter Zeit verloren. Bob warf einen Blick auf seine Uhr, als wir uns Lima näherten.
    ›Vermutlich habe ich noch zwölf Minuten‹, meinte er mit unbehaglichem Grinsen.
    Ich versuchte, ihn mit einem Lachen in andere Stimmung zu versetzen, doch vergebens. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Um ehrlich zu sein, begann ich zu glauben, daß er recht hatte. Plötzlich fiel ihm etwas ein.
    ›Ich habe noch genügend Zeit, um mein Testament zu verfassen‹, erklärte er. ›Gib mir einen Federhalter und ein Stück Papier.‹
    Ich gab ihm meinen Federhalter, und er schrieb ein Testament in dem er mir alles vermachte, was er besaß. Die Beamten gingen auf seine Laune ein und unterschrieben als Zeugen. Als dies geschehen war, übergab Bob mir das Testament.
    ›Mach’s gut, alter Junge‹, sagte er. ›Du wirst das Unglück überleben, ohne verletzt zu werden, mein letzter Wille überträgt dir den ganzen Plunder, den wir zusammengetragen haben. Mach dir wegen mir keine Gedanken. Da Mabel tot ist, hat der Tod für mich keinen großen Schrecken mehr.‹
    Er drehte sich zur Seite und schaute aus dem Fenster. Mir saß ein dicker Klumpen im Hals, und ich hätte die Beamten am liebsten zusammengeschlagen, die das alles für einen Riesenspaß hielten und belustigt grinsten. Wir sausten in eine Kurve.
    ›Nun muß es etwa soweit sein‹, sagte Bob mit einem Blick auf die Uhr. ›Ich hoffe, daß keiner von euch…‹
    Wir wurden plötzlich nach vorne geschleudert, die Bremsen kreischten. Ich versuchte, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, da ertönte ein gewaltiges Krachen, als unser Zug in einen Güterwaggon raste, der uns von einem Seitengleis, auf dem rangiert wurde, über eine falsch gestellte Weiche in die Flanke rollte. Zwei Stunden später kam ich in einem Krankenhaus in Lima wieder zu mir. Meine erste Frage galt Bob. Man hatte ihn tot aus dem Wrack geborgen.«
    Tom verstummte, ich blieb eine Weile schweigend sitzen.
    »Eine seltsame Geschichte«, sagte ich schließlich. »Das war ja ein merkwürdiger Zufall.«
    »Mabels Tod hätte ein Zufall sein können«, erwiderte er, »und ich war anfangs versucht, es so zu sehen, aber Bobs Tod war kein Zufall mehr. Ich bin überzeugt, daß keiner der beiden Fälle sich so erklären läßt. Unser Prädiktograph hat einfach die Wahrheit gesagt. Deshalb habe ich dir auch erklärt, daß ich wenig Interesse am Leben besitze, denn ich habe keine Zukunft.«
    »Du sagtest, du hättest mich kommen lassen, wenn ich nicht ohnehin nach New York gekommen wäre«, erinnerte ich ihn. »Warum?«
    »Aus folgendem Grund«, fuhr er fort. »Wie ich dir schon erzählt habe, bleibt mir weniger als ein Jahr zu leben, und niemand weiß von dem Prädiktographen. Ich bin ein einsamer Wolf und habe niemanden, der von mir abhängig ist. Ich hinterlasse dir mein gesamtes Vermögen, das sich auf über zwanzig Millionen Dollar beläuft, wenn du dich mit einer Bedingung einverstanden erklärst.«
    »Und die lautet?«
    »Du läßt dir von mir die Bedienung der Maschine beibringen und deine Lebenszeit ausrechnen.«
    »Und wenn ich es unter diesen Umständen ablehne?«
    »Dann werde ich die Maschine zerstören.«
    Ich dachte schnell nach. Die Aussicht war natürlich verlockend. Reichtum, der meine kühnsten Träume übertraf, wäre mein eigen und darüber hinaus fast uneingeschränkte Macht. Ich könnte innerhalb eines Augenblicks erfahren, ob die Fusion klappte, und dieses Wissen allein genügte, um am Börsenmarkt ein weiteres Vermögen zu machen. Ich könnte herausfinden, wie glücklich und erfolgreich ich werden würde, und dieses Bewußtsein allein schon würde mir helfen, härtere Zeiten zu überstehen. Andererseits… angenommen, mir würde statt dessen Mißerfolg und Elend vorhergesagt? Da die Vorhersagen unvermeidlich eintrafen, würde mir dieses Wissen doch mein ganzes Leben versauern! Als nächstes dachte ich an Rose. Ich wollte ihr
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