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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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Ansammlung formloser Gewächse bedeckt, die derart miteinander verfilzt waren, daß sie wie ein unregelmäßiger, kegelförmiger Berg wirkten. Burl musterte das Pflanzengewirr.
    Dann aß er wieder etwas von dem tranig schmeckenden Fisch. Da er bisher hauptsächlich geschmacklose Pilze gegessen hatte, empfand er den Fisch als besonders würzige Delikatesse. Er stopfte sich voll, aber seine Beute war so groß, daß immer noch ein gewaltiges Stück davon übrig blieb.
    Seine Waffe ließ er keinen Moment aus den Augen.
    Auch wenn sie ihn in Schwierigkeiten gebracht hatte: Er war nun einmal von Natur aus hartnäckig. Im Gegensatz zu den meisten Angehörigen seines Stammes brachte er das Käferhorn mit der gewonnenen Nahrung in Verbindung, statt ihm die Schuld an seinem jetzigen Problem zu geben. Nachdem er sich sattgegessen hatte, nahm er es in die Hand und untersuchte es erneut. Die Spitze hatte nichts von ihrer Schärfe verloren.
    Nachdenklich wog Burl das Instrument in der Hand. Er fragte sich, ob er einen erneuten Versuch wagen sollte. Da sein Floß jedoch keine sonderlich große Festigkeit aufwies, verwarf er diesen Gedanken sofort wieder. Dann rupfte er eine Sehne aus seinem Lendenschurz und band sich den Fisch damit um den Hals. Jetzt hatte er beide Hände frei. Mit gekreuzten Beinen nahm er auf seinem Pilzfloß Platz und schaute zu, wie das Ufer an ihm vorbeiglitt.
    Die Zeit verging, langsam wurde es dunkel. Für Burl, der die Sonne noch nie in ihrer Gänze zu Gesicht bekommen hatte, existierte ein Begriff wie »Sonnenuntergang« natürlich nicht. Die Nacht war für ihn gleichbedeutend mit dem Dunkelwerden, dann verfinsterte sich einfach der Himmel.
    Dieser Tag war ausnahmsweise besonders hell gewesen: Die Wolkendecke war weniger dicht als sonst. Im fernen Westen wechselte der zähe Nebel seine Farbe und wurde golden; die dickeren Wolken über ihm wurden zu mattroten Teppichen. Die Schatten, die sie warfen, waren kontrastreich. Auf der Oberfläche des stillen Flusses glitzerten Myriaden von Punkten und die leuchtenden Spitzen der an den Ufern wachsenden Riesenpilze wirkten ungeheuer prächtig.
    Hoch über Burls Kopf zogen summende Libellen dahin. Sie bewegten sich schnell und schlugen Haken, während die strahlende Schönheit ihrer Leiber in dem rosafarbenen Licht funkelte. Große gelbe Schmetterlinge schwebten scheinbar gewichtslos über dem Strom. An unzähligen Stellen tauchten auf dem Wasser die muschelförmigen Boote tausender Köcherfliegen auf, die von der Strömung dahingetrieben wurden.
    Burl hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um die weißenWürmer, die die seltsamen Schiffchen bemannten, zu packen. Über ihm brummte jedoch der bullige Leib einer trägen Biene. Burl sah zu ihr hoch und warf einen Blick auf den langen Rüssel und die behaarten, von Blütenstaub bedeckten Hinterbeine. Er sah überdimensionale Facettenaugen, die einen Ausdruck stupiden Gleichmuts zeigten, und den Stachel, der sowohl für ihn als auch für das Insekt den Tod bedeutete, wenn er zum Einsatz kam.
    Hier, am Rande der Welt, wurde das Abendrot immer matter. Die purpurnen Hügel lagen längst hinter ihm. Nun wurden die Uferstreifen von den schlanken Stengeln zehntausender rundkappiger Riesenpilze beherrscht, zu deren Füßen Myriaden bunter Zwerggewächse wucherten. Ihre Farben reichten vom schreiendsten Rot bis zum blassesten Blau, aber die zunehmende Dunkelheit ließ auch diese Farben in dem sich immer mehr verwischenden Hintergrund aufgehen.
    Das Summen, Brummen und Flügelschlagen der Tagesinsekten erstarb allmählich, und aus Millionen Verstecken krochen die pelzigen, weichen Motten. Sie putzten sich, glätteten ihre Antennen und schwangen sich in die Luft. Die strammbeinigen Grillen fingen mit ihrem lärmenden Nachtkonzert an, das immer lauter wurde, je mehr von ihnen daran teilnahmen. Und dann sammelte sich in feinen Spiralen über dem Wasser der feine Dunst, der den Strom schließlich mit einer dünnen Nebelschicht bedecken würde.
    Es wurde Nacht. Die Wolken schienen niedriger zu sinken und dunkler zu werden. Schließlich fiel der erste Regentropfen, dem bald darauf einige weitere folgten, bis der warme Niederschlag vom feuchtgeschwängerten Himmel herabrauschte. Die Uferzonen wurden nun von feurig leuchtenden Scheiben eingenommen. Die Pilze, die dort den Fluß säumten, waren leicht phosphoreszierend und beleuchteten die zu ihren Füßen wuchernden kleineren Gewächse. Hier und da tauchte ein hell leuchtender Ball
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