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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Duft und seinem eigenen euphorischen Gehirn.
    Nichts kam ihm nun noch seltsam vor. Er hatte herausgefunden, wie man den Tee trinken mußte. Wie bei Lachgas steigerte die Wirkung sich nicht. Wenn man eine gewisse Stufe der Euphorie erreicht hatte, konnte man sie nicht mehr überschreiten. Am besten war es, auf ein leichtes Nachlassen des Effektes zu warten, bevor man mehr von dem Stimulans nahm.
    Andererseits zeigten sich die meisten Auswirkungen des Alkohols – nach einer Weile verschwamm alles hinter einem angenehmen Nebel, durch den alles, was er sah, gleichermaßen anregend und traumhaft wirkte. Er stellte nichts in Frage. Nachher war er sich nicht sicher, wieviel davon er wirklich geträumt hatte.
    Zum Beispiel war da die tanzende Puppe. Er erinnerte sich ziemlich klar an sie, sah sie wie in einem Brennglas – eine winzige, schlanke Frau mit langer Nase, dunklen Augen und vorspringendem Kinn. Sie bewegte sich zierlich über den weißen, für sie knietiefen Teppich. Ihre Gesichtszüge waren so beweglich wie ihr Körper, und sie tanzte leichtfüßig, und immer, wenn ihre Zehen auf dem Boden aufkamen, erklang ein Echo wie von einer Glocke. Es war ein ritueller Tanz, und atemlos sang sie dazu und zog kleine Grimassen des Lächelns. Sicherlich handelte es sich um eine Vorführpuppe, belebt, um das Original perfekt in Stimme und Bewegung nachzuahmen. Nachher wußte Oliver, daß er es geträumt haben mußte.
    Er war später unfähig, sich daran zu erinnern, was sonst noch geschehen war. Er wußte, daß Kleph einige seltsame Äußerungen machte, und da ergaben sie alle einen Sinn, aber später konnte er sich an kein einziges Wort mehr erinnern. Er wußte noch, daß sie ihm kleine glitzernde Pralinen in einer durchsichtigen Verpackung angeboten hatte, von denen die meisten hervorragend schmeckten, eine oder zwei aber so bitter waren, daß seine Zunge sich am nächsten Tag, als er daran dachte, immer noch zusammenzog, und eine – Kleph saugte begierig an einer der gleichen Sorte – schmeckte sogar ekelerregend.
    Was Kleph selbst anbetraf – am nächsten Tag war er recht unsicher, was wirklich geschehen war. Er glaubte, sich an die Berührung ihrer weichen weißen Arme, die sie um seinen Hals geschlungen hatte, zu erinnern, und an den würzigen Geschmack des Tees, der in seine Nase stieg, als sie lachte. Aber an die Zeit danach konnte er sich überhaupt nicht mehr erinnern.
    Später, vor dem Vergessen des Schlafes, gab es ein kleines Zwischenspiel. Er war sich fast sicher, daß er sich an den Augenblick erinnerte, da die beiden anderen Sanciscos auf ihn herabschauten, der Mann grollend, die rauchäugige Frau ein wissendes Lächeln im Gesicht.
    Aus weiter Ferne sagte der Mann: »Kleph, du weißt, daß das gegen jede Regel verstößt…« Seine Stimme begann mit einem dünnen Summen und endete in einem furchtbaren Röhren fast an der Grenze des Wahrnehmbaren. Oliver glaubte, sich an das Gelächter der dunkelhaarigen Frau zu erinnern, ebenfalls dünn und entfernt, und daß ihre Stimme summte wie Bienen im Flug.
    »Kleph, Kleph, du kleine Närrin, können wir dir nur so weit trauen, wie wir dich im Auge behalten?« Dann sagte Klephs Stimme etwas, das keinen Sinn zu ergeben schien: »Was hat das hier schon zu bedeuten?«
    »Bevor du aufbrachst, hast du dich dazu verpflichtet, dich nicht einzumischen«, gab der Mann mit jenem dröhnenden, weit entfernten Summen zurück. »Du weißt, daß du die Bestimmungen unterzeichnet hast…«
    Klephs Stimme, näher und verständlicher: »Aber hier ist es anders. Hier macht es nichts aus. Das wißt ihr beide. Wie könnte es auch etwas ausmachen?«
    Oliver fühlte den pelzigen Rand ihres Ärmels an seiner Wange, doch er sah nichts außer dem langsamen, rauchähnlichen Auf und Ab der Dunkelheit vor seinen Augen. Er hörte die Stimmen wie Musik von weither erklingen und nahm wahr, wie sie verstummten.
    Als er am nächsten Morgen allein in seinem Zimmer aufwachte, erwachte er mit der Erinnerung an Klephs Augen, die ihn sehr sorgenvoll betrachteten; ihr liebliches, braunes Gesicht blickte auf ihn herab, das rote Haar fiel duftend an den Wangen herab, und in ihren Augen lag Trauer und Mitleid. Er dachte, er habe das wahrscheinlich nur geträumt. Es gab keinen Grund, weshalb ihn jemand mit solcher Trauer anblicken sollte.
    An diesem Tag rief Sue an.
    »Oliver, die Leute, die das Haus kaufen wollen, sind hier. Diese Verrückte und ihr Mann. Soll ich sie zu dir bringen?«
    Den ganzen Tag war
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