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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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erkannte, daß er aus zwei oder drei zusammengefügten Einheiten bestand, die einen festen Block ergaben. Er wirkte etwas abgetragen, so, als sei er oft benutzt worden. Und obwohl er ziemliche Ausmaße erreichte, schien der Taxifahrer seine Last nicht als schwer zu empfinden. Oliver bemerkte, wie er dann und wann ungläubig zu dem Gepäckstück hinunterstarrte.
    Die eine Frau hatte tiefschwarzes Haar, eine Haut wie Sahne und rauchblaue Augen, deren Lider an der Last der schweren Wimpern zu tragen hatten. Es war jedoch die andere, der Olivers Blick folgte, als sie den Weg heraufkam. Ihr Haar war von strahlendem Hellrot, ihr Gesicht so weich, daß er glaubte, es würde sich bei einer Berührung wie aus Samt erweisen. Es war bernsteinfarben und etwas dunkler als ihr Haar.
    Als sie die Verandatreppe erreichte, hob die schöne Frau den Kopf und schaute empor. Sie blickte direkt in Olivers Augen, und er sah, daß die ihren blau waren und ein wenig amüsiert dreinschauten, als ob sie die ganze Zeit schon gewußt hätte, daß er dort war. Auch sprach eindeutige Bewunderung aus ihnen.
    Sich ein wenig schwindlig fühlend, eilte Oliver zurück in sein Zimmer, um sich rasch anzukleiden.
    »Wir verbringen unseren Urlaub hier«, sagte der dunkle Mann und nahm die Schlüssel entgegen. »Wir möchten nicht gestört werden, wie ich es in unserem Schriftwechsel schon zum Ausdruck gebracht habe. Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie einen Koch und ein Hausmädchen für uns engagiert haben? Des weiteren erwarten wir von Ihnen, daß Sie Ihre Besitztümer aus dem Haus entfernen und…«
    »Moment«, sagte Oliver. Er fühlte sich ungemütlich. »Mir dämmert da etwas. Ich…« Er zögerte, nicht sicher, wie er es vorbringen sollte. Diese Leute waren so furchtbar seltsam. Sogar ihre Sprache war seltsam. Sie sprachen so distinguiert, schliffen keine einzige Endsilbe ab. Die englische Sprache schien ihnen so vertraut wie ihre Muttersprache, doch sie sprachen sie, wie ausgebildete Sänger sangen, mit perfekter Atemkontrolle und Betonung.
    Und in der Stimme des Mannes lag eisige Kälte, als ob ein Abgrund von solcher Tiefe zwischen ihm und Oliver aufklaffe, daß kein Gefühl oder zwischenmenschlicher Kontakt ihn überbrücken könne.
    »Ich frage mich«, sagte Oliver, »ob Sie nicht irgendwo anders in der Stadt ein besseres Quartier finden können. Dort drüben hinter der Straße liegt ein Haus, das…«
    »O nein!« sagte die dunkelhaarige Frau mit leicht erschreckter Stimme; daraufhin lachten alle drei. Es war ein kaltes, distanziertes Gelächter, das Oliver nicht einschloß.
    »Wir haben dieses Haus aufs sorgfältigste ausgesucht, Mr. Wilson«, sagte der düstere Mann. »Uns ist nichts daran gelegen, irgendwo anders zu wohnen.«
    »Ich begreife nicht warum«, entgegnete Oliver verzweifelt. »Dieses Haus ist doch noch nicht einmal besonders modern. Ich habe zwei andere in wesentlich besserem Zustand. Dort drüben an der Straße hätten Sie sogar einen guten Blick auf die Stadt. Hier haben wir das nicht. Die anderen Häuser schneiden die Sicht ab und…«
    »Wir haben Räume in diesem Haus gemietet, Mr. Wilson«, sagte der Mann mit einer Endgültigkeit, die weitere Einwände unterband, »und wir erwarten auch, es benutzen zu können. Werden Sie nun Vorkehrungen treffen, uns so bald wie möglich allein zu lassen?«
    »Nein«, entgegnete Oliver und blickte dickköpfig drein. »Das steht nicht im Mietvertrag. Sie können bis zum nächsten Monat hier wohnen, weil Sie dafür bezahlt haben, aber Sie können mich nicht hinauswerfen. Ich werde bleiben.«
    Der Mann öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Er warf Oliver einen kühlen Blick zu und schloß ihn darauf wieder. Immer noch bestand zwischen den beiden ein Gefühl des Sichfernhaltens. Für einen Moment herrschte Schweigen. »Nun gut«, sagte der Mann dann. »Bitte seien Sie so freundlich, uns nicht über den Weg zu laufen.«
    Es war ein wenig seltsam, daß er sich nicht nach Olivers Motiven erkundigte. Oliver war sich des Mannes noch nicht sicher genug, um sie erklären zu können. Er konnte nicht einfach sagen: »Nachdem ich den Mietvertrag unterzeichnet hatte, wurde mir ein Dreifaches der Summe angeboten, die das Haus wert ist, wenn ich es bis Ende Mai verkaufe.« Und er konnte auch nicht sagen: »Ich will das Geld haben, und ich werde Sie so lange mit solch einem Lärm verärgern, bis Sie willens sind, hier auszuziehen.« Schließlich schien es überhaupt keinen Grund zu geben, weshalb sie
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