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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Salat. Und wenn Fisch aufgetischt wurde, schien dies eine Welle seltsamer Verlegenheit am gesamten Tisch auszulösen.
    Zu jeder Mahlzeit erschienen sie sorgfältig gekleidet. Der Mann – sein Name war Omerie – wirkte immer sehr stattlich, doch er schien deshalb ein wenig zu schmollen, und Oliver hörte die Frauen zweimal lachen, weil er Schwarz tragen mußte. Oliver bekam völlig grundlos eine plötzliche Vision, in der er den Mann in Kleidung, die so farbenprächtig und sorgsam geschnitten wie die der Frauen war, sah, und irgendwie schien sie ihm sehr passend. Er trug das Schwarz mit einer Art trotzigem Stolz, als sei er Kleider aus Gold gewöhnt.
    Wenn sie sich zu anderen Mahlzeiten im Haus zusammenfanden, speisten sie in ihren Zimmern. Sie mußten eine beträchtliche Menge an Nahrungsmitteln mitgebracht haben, von welch geheimnisvollem Ort sie auch gekommen waren. Oliver fragte sich mit wachsender Neugier, wo dieser Ort sich wohl befände. Zu den merkwürdigsten Stunden zogen manchmal Wohlgerüche aus ihren Zimmern durch das ganze Haus. Oliver konnte sie zwar nicht identifizieren, aber meistens dufteten sie unwiderstehlich. Manchmal war der Geruch des Essens auch auf schockierende Weise unangenehm, fast schon ekelhaft. Nur ein Feinschmecker, so überlegte Oliver, kann das Dekadente schätzen. Und diese Leute waren mit größter Sicherheit Feinschmecker.
    Die Frage, weshalb sie sich so beharrlich in diesem großen baufälligen Haus aufhielten, störte des Nachts seine Träume. Oder weshalb sie sich weigerten auszuziehen. Manchmal warf er faszinierte Blicke in ihre Zimmer, die fast gänzlich durch neue Einrichtungsgegenstände verändert schienen, die er jedoch bei den kurzen Blicken, die ihm gewährt waren, nicht eindeutig ausmachen konnte. Das Gefühl von Luxus, das er schon beim ersten Blick empfand, wurde verstärkt von den üppigen Vorhängen, die sie mitgebracht hatten, und auch von den Ornamenten, die er nur zum Teil erspähen konnte, von den Bildern an den Wänden und sogar von dem Aroma der exotischen Parfums, das durch die halbwegs geöffneten Türen zog.
    Er sah die Frauen in der Diele an sich vorübergehen, wie sie sich in ihren Gewändern sanft durch die braune Düsternis bewegten, in Kleidern, so unirdisch perfekt im Sitz, so überaus prächtig, so hell in ihren Farben, daß sie fast schon unwirklich erschienen. Ihr unerschütterliches Vertrauen in die Unterwürfigkeit der Welt verlieh ihnen eine anmaßende Arroganz, doch mehr als einmal glaubte Oliver, als er in die blauen Augen der Frau mit dem roten Haar und der weichen, gebräunten Haut blickte, ein aufgewecktes Interesse in ihnen zu erkennen. Sie lächelte ihn in der Düsternis an und zog in einer Wolke von Wohlgerüchen und einem Halo unglaublichen Reichtums vorbei, und die Wärme ihres Lächelns hielt an, noch lange, nachdem sie gegangen war.
    Er wußte, daß sie diese Unberührbarkeit zwischen ihnen nicht aufrechterhalten wollte. Vom ersten Moment an war er sich dessen sicher. Wenn die Zeit gekommen war, würde sie eine Gelegenheit schaffen, um mit ihm allein zu sein. Der Gedanke daran war verwirrend und furchtbar aufregend. Es gab nichts, was er tun konnte, außer zu warten, nun, da er wußte, daß sie ihn aufsuchen würde, sobald es ihr recht war.
    Am dritten Tag nahm er zusammen mit Sue in einem kleinen Restaurant in der Innenstadt das Abendessen ein, von dem aus sie einen guten Überblick auf die Stadt hatten, die sich bis zum weit in der Ferne verlaufenden Fluß erstreckte. Sue hatte hellbraune Locken und braune Augen, und ihr Kinn war etwas ausgeprägter, als man es normalerweise mit den Idealen der Schönheit vereinbaren konnte. Von Kindheit an hatte Sue immer gewußt, was sie wollte und wie sie es bekam, und nun kam es Oliver vor, als hätte sie noch nie etwas so dringend gewollt wie den Verkauf dieses Hauses.
    »So ein wunderbares Angebot für das alte Mausoleum«, sagte sie und brach mit harter Bewegung ein Brötchen durch. »Nie wieder werden wir solch eine Chance bekommen, und die Preise sind so hoch, daß wir das Geld brauchen, um mit einem eigenen Haushalt beginnen zu können. Sicher kannst du irgend etwas tun, Oliver!«
    »Ich versuche es ja«, versicherte Oliver ihr unbehaglich.
    »Hast du noch etwas von dieser Verrückten gehört, die es kaufen will?«
    Oliver schüttelte den Kopf. »Ihr Anwalt hat gestern angerufen. Nichts Neues. Ich frage mich, wer sie eigentlich ist.«
    »Ich glaube, nicht einmal der Anwalt weiß das. All
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