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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Henry Winterfeld
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Kommandanten Max Pfauser, Fritz Schlüter, Robert Punkt, Ernst Werner, Otto Rabe, Karl Benz, Ludwig Keller und Walter Pfauser. Auf der andern Seite des Geißmarktes hatten sich die größeren Mädchen um Erna Schlüter geschart; sie sollte den Begrüßungschor dirigieren. Wir hatten auch eine Kapelle zusammengestellt. Die saß auf dem Brunnenrand. Gustav Pfauser und Trudi Rabe hatten Geigen; Klaus Kogel, Horst Wittner und Albert Biene Mundharmonikas; Otto Kolter hatte eine Trommel, und der dicke Paul besaß eine Trompete. Willi Hak und Hannes Krog durften die Noten halten. Leider konnte die Kapelle nur das Lied spielen: »Alle Vöglein sind schon da!« Ich fand, dass das eigentlich nicht die richtige Begrüßungsmelodie sei, aber die Eltern waren nachher von der Musik sehr entzückt.
    Quer über den ganzen Geißmarkt hatten wir einen breiten Leinwandstreifen gespannt, darauf stand: »Herzlich willkommen! Hurra!« Thomas, Marianne und ich standen auf der Freitreppe des Rathauses. Wir leiteten von dort oben die Empfangsfeierlichkeit.

    Als die Eltern durch die Langengasse anmarschiert kamen, gab Thomas der Kapelle ein Zeichen. Die Musiker setzten ihre Instrumente an und spielten, so laut sie konnten: »Alle Vöglein sind schon da!« Die Mädchen stimmten einen melodischen Kanon an. Die Schutztruppe brach in brausende Hochrufe aus. Die Eltern stauten sich an der Ecke der Langengasse und waren zuerst kolossal verblüfft. Aber dann gab es kein Halten mehr. Sie stürmten auf den Platz und rissen mit Freudenrufen ihre Kinder an sich. Die schöne Ordnung war mit einem Schlage zerstört. Die Kleinen warfen die Girlanden hin und rannten Vater und Mutter entgegen. Überall bildeten sich aufgeregte Gruppen von Eltern und Kindern, die sich jubelnd begrüßten. Auch ich lief die Rathaustreppe hinunter und umarmte meine Mutter und meinen Vater. Dabei fiel mir der Kneifer von der Nase und zerschellte auf dem Pflaster. Aber mein Vater lachte nur und sagte: »Das macht nichts! Hauptsache, dass wir dich gesund und munter wiederhaben!« Marianne stand oben auf der Treppe und hüpfte ausgelassen auf einem Bein. Sie begrüßte ihren Vater und ihre Mutter, die auf sie zuliefen, indem sie rief: »Vati! Mutti! Da seid ihr ja, ihr Ausreißer!« Dann flitzte sie die Treppe hinunter und flog wie ein Pfeil in die Arme ihrer Eltern. Nicht weit davon drückten Herr und Frau Wank ihren Sohn liebevoll an sich. Auf dem Geißmarkt herrschte ein Tumult, wie man ihn wohl noch niemals erlebt hatte.
    Als sich der Trubel ein bisschen gelegt hatte, ergriff die Kapelle rasch wieder ihre Instrumente und stimmte einen Tusch an.
    Thomas sprang auf den Brunnenrand und fuchtelte mit den Armen.
    Auf dem Platz wurde es allmählich ruhig. »Still sein! Es will jemand sprechen!«, ertönten von allen Seiten Rufe.
    Dann begann Thomas mit laut schallender Stimme seine Ansprache, die er vorher einstudiert hatte: »Liebe Eltern von Timpetill! Wir Kinder freuen uns riesig, dass ihr wieder da seid! Aber es war gar nicht dumm, dass ihr einmal weggelaufen seid! Jetzt haben wir euch bewiesen, dass wir nicht immer nur Unfug treiben, sondern dass wir auch arbeiten können, wenn es drauf ankommt! Wir haben nicht gehungert, wir haben für Wasser und Licht gesorgt! Wir haben auch die Straßen gereinigt und die Wohnungen geputzt. Aber es ist uns doch ganz recht, dass ihr das wieder machen müsst. Seid uns nicht mehr böse, wir sind euch auch nicht mehr böse! Ich hoffe, wir werden uns in Zukunft besser vertragen! Darum stimme ich in den Ruf ein: Die Eltern von Timpetill, sie leben hoch!«
    »Hoch! Hoch! Hoch!«, schrien die Kinder von Timpetill.
    Federwischer wollte vortreten und auch eine Rede halten, aber er kam nicht mehr dazu; denn die Eltern nahmen glückstrahlend ihre Kinder bei der Hand und gingen mit ihnen nach Hause.
    Damit ist meine Geschichte zu Ende. Ich bin froh, dass ich fertig bin. Das Tippen strengt auf die Dauer sehr an. Meine beiden Zeigefinger sind schon ganz geschwollen. Heute Abend ist es sehr spät geworden. Ich gehe jetzt ins Bett.
    Gute Nacht!



Nachwort von Boris Koch
    Eine gute Geschichte kann immer auch für sich allein sprechen, davon bin ich fest überzeugt. Sie braucht kein erklärendes Nachwort, man kann sie einfach so genießen. Das würde jedoch bedeuten, dass alles, was ich auf den nächsten Seiten schreibe, überflüssig ist. Das will ich nun auch nicht glauben …
    Wenn mir nach Lesungen Fragen gestellt werden, geht es dabei meist um die
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