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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany
Autoren: Felix Thijssen
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Direktorin eines Kinderheims in Apeldoorn vereinbart.« Sie warf mir einen schüchternen Blick zu. »Vielleicht brauche ich Referenzen.«
    »Das ist ja alles schön und gut, aber eigentlich meinte ich deine Stiefmutter.« »Das ist sie die längste Zeit gewesen. Du glaubst doch nicht, dass mein Vater …«
    »Ein Grund mehr, sie in Ruhe zu lassen. Sie ist ein Fall für den Psychiater, und das müsstest du mit deinen schönen Vorsätzen und guten Absichten und deinem neu erwachten Verständnis für menschliche Schwächen doch eigentlich einsehen.«
    »Verständnis für menschliche Schwächen?«
    »Ja, ich habe dich am Bett deines Vaters sitzen sehen.«
    »Na ja … immerhin ist er mein Vater. Mehr will ich gar nicht von ihm.«
    »Die Frau wurde mit Handschellen gefesselt und verhört, sie sitzt in Untersuchungshaft. Sie wird dem Richter vorgeführt und wahrscheinlich für zehn Jahre in den Knast wandern.« Ich wies mit einem Nicken auf die Pistole. »Warum hast du ihr nicht einfach eine Kugel durch den Kopf gejagt?«
    Sie hob mit einem Ruck den Kopf. Ich sah Tränen der Wut in ihren Augen. »Wenn du über alles so genau Bescheid weißt, warum bist du dann nicht sofort zu den Leuten von der Kripo gegangen?«
    »Weil ich unmöglich behaupten kann, dass diese Puppe voll mit vergiftetem Koks ein Geschenk für den Milchmann war!«, fuhr ich sie an.
    Sie saß einen Moment lang still da. »Du beschützt mich«, stellte sie dann fest. »Das hast du die ganze Zeit getan. Auch dann, als es eigentlich nicht mehr nötig war.«
    »Und im Gegenzug vertraust du mir nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf und zog ein Taschentuch heraus. »Ich wusste, dass du nicht damit einverstanden sein würdest«, flüsterte sie.
    »Da irrst du dich vielleicht. Aber ich hätte mir eine Methode ausgedacht, bei der sich der Schaden in Grenzen gehalten hätte.«
    Sie blieb eine Weile still. Dann sagte sie: »Wenn du es für richtig hältst, werde ich es ihnen erklären. Ich stelle mich.«
    Wir erschraken beide, als Margas Telefon läutete.
    »Du sollst das nicht für mich tun«, sagte ich, während ich zu dem Apparat hinüberging.
    Es war CyberNel.
    »Hallo, Max«, sagte sie. »Hast du den Fernseher an? Schalte mal um aufs dritte Programm.«
    »Das dritte Programm?« Ich winkte Tiffany zu.
    »Ich glaube, ich habe den Vater von Jan van Nunen gesehen.«
    Tiffany hatte den Fernseher eingeschaltet. »Auf dem Dritten«, sagte ich.
    »Wer ist denn da bei dir?«, fragte CyberNel.
    »Tiffany.«
    »Immer noch?« Sie klang ein bisschen gereizt.
    Auf dem Bildschirm erschien das Denkmal auf dem Dam, es wurde gerade ein Kranz niedergelegt. Tiffany drehte den Ton leise. »Ich sehe die Königin. Wie geht es dir? Hast du dich wieder ein bisschen aufgerappelt?«
    Ich verfolgte die Übertragung der Feierlichkeiten zum vierten Mai, dem Gedenk- und Trauertag anlässlich des Einfalls der deutschen Truppen in die Niederlande während des Zweiten Weltkriegs. Unterdessen erzählte mir CyberNel, dass sie ein Gerät in den Lieferwagen ihres Vaters eingebaut hätte, das bei den ersten Regentropfen nicht nur die Scheibenwischer in Gang setzte, sondern auch I’m singing in the rain von Gene Kelly ertönen ließ. An ihrer fröhlichen Stimme hörte ich, dass sie ziemlich unglücklich war und die Fernsehübertragung ihr nur als Vorwand für einen Anruf bei mir diente.
    »Hast du den Norden langsam satt?«
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll. Es ist ja alles futsch, ich habe ja nicht mal mehr ein Dach über dem Kopf.«
    »Ich auch nicht.« Ich erzählte ihr, dass Windhof mir gekündigt hatte. »Vielleicht sollten wir doch noch mal über Winter & Co. reden.« »Ach, das Schlimmste ist, dass ich mir andauernd selbst ans Schienbein treten könnte.« Sie flüsterte in den Hörer: »Ich werde hier langsam verrückt.«
    »Du bist mir mehr als willkommen.«
    Nel legte auf. Ich sah, dass Tiffany mich anschaute. Sie blieb still sitzen, als ich mich zu ihr aufs Sofa gesellte und einen Arm hinter ihr auf die Lehne legte.
    »Du hast Recht«, gab sie demütig zu. »Manchmal denke ich einfach nicht nach.«
    »Wir finden schon eine Lösung.«
    Sie schwieg wieder einen Augenblick lang und fragte dann: »Willst du mit Cyberchen zusammenziehen?«
    »Der Mensch lebt nicht vom Sex allein«, erwiderte ich nur.
    »Fühlst du dich denn niemals einsam?«
    »Tif, das ist doch im Moment gar nicht unser Thema.«
    Sie seufzte: »Ich habe mich das nur so gefragt.«
    »Warum denn?«
    Wieder strich sie über ihr
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