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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany
Autoren: Felix Thijssen
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Madelon hat sich mit Ihnen ausgesöhnt.«
    »Madelon sagt, sie würde noch einen Beweis dafür bekommen, schwarz auf weiß. Das alles werde ich Tiffany ganz schön unter die Nase reiben.«
    Während der Besuchszeit in der Frauenabteilung des Bijlmerknasts vielleicht. »Ich würde Trees nicht mehr Tiffany nennen«, riet ich ihm.

 
16
    Aus dem Spiegel blickte mir ein ganz normaler Mann entgegen, der genau wusste, was er tat und was von ihm erwartet wurde. Keine Spur von Selbstzweifeln. In Wirklichkeit jedoch kämpften in meinem Inneren der Engel und der Teufel um eine Antwort auf die Frage, was ich zu tun hatte.
    Das wahre Böse war meist deutlich erkennbar, aber daneben existierte auch so etwas wie eine Grauzone. Ich war nur ein gewöhnlicher Ex-Polizist, der es, ebenso wie alle anderen, teilweise mit den Vorschriften nicht so ganz genau nahm, weil diese manchmal unbeabsichtigt dem Bösen den Weg ebneten, oder weil ihre Befolgung zu umständlich war, wenn man einen Schuldigen dingfest machen wollte.
    Tiffanys Rache erschien auf den ersten Blick wie ein Lehrbeispiel biblischer Gerechtigkeit, aber die Gesetze besagten natürlich, dass ich nicht tatenlos mit ansehen durfte, wie ihrer bösen Stiefmutter zehn Jahre Gefängnisstrafe für ein Vergehen drohte, dessen sie absolut nicht schuldig war.
    Allerdings wurde eine Rache ja gerade deswegen verübt, weil sich jemand schuldig gemacht hatte. Natürlich hätte jeder Psychiater im Falle von Trees Cornelius mildernde Umstände geltend gemacht, obwohl sie das Leben ihrer Stieftochter ruiniert und nebenbei auch noch das Verhältnis zwischen Vater und Tochter gründlich verdorben hatte. Trees war eine psychisch kranke Frau, geplagt von Obsessionen, Neurosen, Scheinschwangerschaften und einer außergewöhnlichen Erscheinungsform der Schizophrenie, die bewirkte, dass sie wusste und zugleich nicht wusste, was ihr fehlte. Ich hatte zwar nicht Psychologie studiert, aber trotzdem sah ich Trees als bedauernswertes Geschöpf, das dringend professioneller Hilfe bedurfte.
    Ich empfand eine starke Abneigung gegenüber Trees, weil sie ein gesundes junges Mädchen in die Drogensucht und in die Prostitution getrieben hatte. Tiffany hatte wirklich schon genug mitgemacht, aber mir fiel kaum eine Möglichkeit ein, wie ich die ungerechtfertigte Verhaftung ihrer Stiefmutter ungeschehen machen konnte, ohne sie mit hineinzuziehen. Zwar gab es auch in ihrem Fall mehr als genügend Entschuldigungen und mildernde Umstände für ihr Verhalten, aber ich bezweifelte, dass ein Richter in Anbetracht all ihrer Vergehen – bewaffneter Raubüberfall, Bedrohung von Personen mit einer Handfeuerwaffe, Besitz und Transport von mit giftigen Chemikalien gestrecktem Kokain, Irreführung der Polizei – sie einfach wieder laufen lassen würde, wenn sie versprach, es bestimmt nie wieder zu tun.
    Aber das war noch nicht mal der Punkt. Nein, es ging darum, dass Tiffany jede Einmischung meinerseits in ihre Privat-Racheaktion als Verrat betrachten würde, und dass ich ihr nicht hätte ins Gesicht schauen können, wenn sie davon erfuhr. Mist.
    Ich saß in Margas Bauernhof und starrte die vertrockneten Zimmerpflanzen an, während ich mir einen romantischen Epilog nach dem anderen ausdachte. Tif, die an ihr früheres Leben anknüpfte und Lehrerin wurde. Oder in die Veluwe zog und dort eine nette Stelle in Isabelles Hotel annahm. Allerlei Leute wurden in meinen Gedanken zu einer Art Ersatzfamilie für Tiffany, in Ermangelung einer richtigen. In meinen Träumen machte ich manchmal ein einziges großes Waiden daraus, in dem CyberNel für die technischen Einrichtungen zuständig war und der brave Gijs van Nunen die Rolle des zufriedenen Ersatz-Großvaters übernahm, der einem kleinen, schwarzen Mädchen auf seinen Knien – Amanda Laetitia – Märchen von Chai-Schlürfern erzählte.
    Und alle Schurken saßen im Gefängnis.
    Ich hatte nichts mehr von Fred Brendel gehört. Vielleicht gedachte er heute der Toten des Zweiten Weltkriegs, ebenso wie der Rest der Niederlande.
    Später wurde mir klar, dass mir alle Indizien zum Greifen nahe vor Augen gelegen hatten. Aber vielleicht war ich einfach zu sehr mit Tiffanys biblischer Gerechtigkeit beschäftigt gewesen, um die entsprechenden Hinweise nüchtern zu sortieren und ihre Bedeutung zu ergründen. Es war aber auch möglich, dass irgendetwas in meinem Gehirn mich davor zurückhielt.
    Ich hatte Feuer im Kamin angezündet, um die Frühjahrskühle aus meiner Untergrund-Bleibe zu
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