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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany
Autoren: Felix Thijssen
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Das war ja nicht ganz gelogen.
    »Außer, dass Sie die Eltern einer Amsterdamer Heroinhure suchen. Ich würde mich gerne mal mit diesem Mädchen unterhalten.«
    Ich hatte nicht die Absicht, Tiffany den Löwen zum Fraß vorzuwerfen, bevor ich nicht selbst mit ihr gesprochen hatte. »Ich habe keine Ahnung wo sie ist, aber Trees Cornelius ist nur ihre Stiefmutter, und das Mädchen ist schon seit Jahren aus dem Haus. Haben Sie einen Tipp bekommen?«
    Sie schaute mich forschend an. »Ja, von einer Amsterdamer Süchtigen, die um ein Haar an dem Zeug gestorben wäre und es ihr heimzahlen wollte. Ist das auch ein Zufall?«
    »Hat sie ihren Namen genannt?«
    »Sie hat nur gesagt, dass sie Fleur hieße.«
    Ich verzog keine Miene. »Dieser Name sagt mir gar nichts. Was geschieht jetzt mit Trees?«
    »Was würden Sie von einbuchten, verhören, dem Richter vorführen und aburteilen halten? Sie kann für zwölf Jahre in den Knast wandern, das wäre die Höchststrafe. Augenblick, Rik, ich komme gleich.«
    Sie nickte einem älteren Kollegen zu, der aus dem Haus herauskam. »Wir sind hier fertig.« Er warf mir einen unfreundlichen Blick zu. »Wer ist das denn?«
    »Ein früherer Kollege«, erklärte Berghof.
    »Ich war zufällig gerade in der Nähe«, ergänzte ich.
    »Aus Amsterdam«, fügte Berghof sofort hinzu. »Hat aber nichts hiermit zu tun.«
    Sie wechselten einen Blick, und der ältere Beamte murmelte: »Das will ich aber auch hoffen.«
    Ich lächelte ihn unschuldig an. Ich wusste, was in den beiden vorging, und warum Mevrouw Berghof so bereitwillig Informationen an mich weitergegeben hatte. Sie konnten keine Komplikationen gebrauchen. Sie erwischten nicht jeden Tag einen Dealer mit einem so großen Vorrat an vergiftetem Kokain. Ein Sternchen in ihrer Beurteilung, das sie lieber nicht verlieren wollten, weil ein Ex-Polizist aus Amsterdam ihnen Steine in den Weg legte.
    In der Notaufnahme bekam ich von einer Krankenschwester zu hören, dass der »Meneer mit dem Herzinfarkt« bereits versorgt worden sei und sich auf einer anderen Station erhole.
    Niemand protestierte, als ich mit einem bescheidenen Klopfen die Tür des hellen Vierbettzimmers öffnete und hineinschlüpfte. Die Betten standen in einer Reihe nebeneinander, mit Blick auf die Tür. Ein Patient schien tief zu schlafen. Die Zehen des zweiten schauten nackt und rosig aus einem Gipsverband am Bein hervor, das an einem Gestell hing. Über einen Kopfhörer lauschte er mit konzentriertem Gesicht den Klängen von Musik oder dem Evangelium, aber er folgte mir mit den Augen, als ich leise an dem dritten, leeren Bett vorbei zum hintersten ging, das von einem beweglichen Paravent abgeschirmt wurde.
    Pieter Cornelius hatte eine Infusionsnadel im Arm, sein altes Künstlerhaar war feucht, und seine Haut hatte die Farbe von Weizenmehl. Tiffany saß mit dem Rücken zu mir gekehrt neben seinem Bett, beugte sich über ihn und wischte ihm mit einem Tuch behutsam den Schweiß von der Stirn. Ich hörte sie leise mit ihrem Vater sprechen. Ich verstand nicht, was sie sagte, aber es war ein intimer Moment, bei dem ich nur stören konnte. Ich ging leise rückwärts, bevor einer von den beiden mich bemerken konnte. Der Mann mit dem Gipsbein am Gestell zwinkerte mir verschwörerisch zu, als ich mit dem Zeigefinger auf den Lippen das Zimmer verließ.
    Ein paar Meter weiter hielt ein Arzt auf dem Flur vor einem halben Dutzend Studenten einen medizinischen Vortrag. Eine Oberschwester mit einem Klemmbrett sah mich aus der Tür kommen. Sie löste sich von der Gruppe und kam mit einem verärgerten Gesicht auf mich zu.
    »Die Besuchszeit beginnt erst in anderthalb Stunden«, tadelte sie mich. »Auf dieser Station ist es nicht erlaubt …«
    »Ich wollte nur ganz kurz nach Meneer Cornelius schauen.«
    »Sie sind doch nicht etwa von der Polizei?« Sie ließ mir gar keine Zeit, Nein zu sagen. »Sind Sie ein Verwandter von ihm?«
    »Seine Tochter ist bei ihm.«
    Das brachte sie völlig aus dem Konzept, vielleicht weil der logische Zusammenhang ganz einfach fehlte. »Na ja. Wie dem auch sei …«
    »Seien Sie mir nicht böse, ich wusste das einfach nicht«, sagte ich unterwürfig. »Ich wollte die beiden nicht stören. Ich warte dann eben einen Moment. Habe ich nicht hier irgendwo eine Kantine gesehen?«
    Ihr Gesichtsausdruck wurde freundlicher, und sie zeigte an der Gruppe vorbei. »Am Ende des Flures, direkt vor dem Ausgang.«
    »Und habe ich richtig verstanden, dass sein Herzinfarkt nicht ganz so
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