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Tiere essen

Tiere essen

Titel: Tiere essen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Silhouette, sondern eher als negativer Raum, als aus unserem häuslichen Leben herausgeschnittene Form. Trotz unserer Verhaltensmuster, die eingespielter sind als alles, was ich mit einem anderen Menschenteile, empfinde ich sie immer noch als unberechenbar. Und trotz unserer Nähe ist ihre Andersartigkeit für mich manchmal überwältigend und macht mir sogar ein bisschen Angst. Durch unser Kind hat sich dieses Gefühl noch verstärkt, denn es gibt absolut keine Garantie – außer meiner absoluten Gewissheit, dass sie es nicht tun wird –, dass sie das Baby nicht zerfleischen würde.
    Die Liste unserer Unterschiede könnte ein Buch füllen, doch wie ich fürchtet George Schmerz, sucht Vergnügen und sehnt sich nicht nur nach Futter und Spiel, sondern auch nach Kameradschaft. Ich muss ihre Stimmungen und Vorlieben nichtim Einzelnen kennen, um zu wissen, dass sie welche hat. Unsere Eigenarten sind nicht die gleichen oder auch nur ähnlich, aber jeder von uns hat seine spezifische und einzigartige Sicht und Art, wie er die Welt gestaltet und erlebt.
    Ich würde George nicht essen, weil sie mir gehört. Aber warum würde ich auch keinen Hund essen, dem ich nie begegnet bin? Oder anders gefragt, wie kann ich rechtfertigen, dass ich Hunde verschone, andere Tiere aber nicht?

Ein Plädoyer für das Essen von Hunden
    TATSACHE IST , dass es in 44 Staaten völlig legal ist, den »besten Freund des Menschen« zu essen, und trotzdem ist es in den Köpfen ebenso tabu wie die Vorstellung, dass ein Mensch seinen besten Freund isst. Kein noch so leidenschaftlicher Fleischesser verspeist Hunde. Der TV – Unterhalter und Manchmal-Koch Gordon Ramsay kann ziemlich gnadenlos mit jungen Tieren umgehen, wenn er für eines seiner Produkte Werbung macht, aber man wird nie einen Welpen aus einem seiner Kochtöpfe lugen sehen. Und auch wenn er einmal sagte, er würde seine Kinder mit elektrischem Strom töten, wenn sie Vegetarier würden, frage ich mich, wie er wohl reagierte, wenn jemand das Hündchen der Familie pochieren würde.
    Hunde sind wundervoll, und in vielerlei Hinsicht einzigartig. Aber wenn es um ihren Intellekt und ihr Erfahrungswissen geht, sind sie bemerkenswert unbemerkenswert. Schweine sind in jeder Hinsicht mindestens genauso intelligent und empfindsam. Sie können nicht hinten in einen Volvo springen, aber sie können holen, rennen und spielen, böse sein und Zuneigung erwidern. Warum also dürfen sie nicht gemütlich vor dem Kamin liegen? Warum kann man ihnen nicht wenigstens ersparen, gegrillt zu werden?
    Unser Tabu, Hund zu essen, sagt etwas über Hunde und sehr viel über uns aus.
    Die Franzosen, die ihre Hunde lieben, essen manchmal ihre Pferde.
    Die Spanier, die ihre Pferde lieben, essen manchmal ihre Kühe.
    Die Inder, die ihre Kühe lieben, essen manchmal ihre Hunde.
    Obwohl sie in einem völlig anderen Kontext geschrieben sind, haben George Orwells Worte (aus Farm der Tiere ) hier durchaus Gültigkeit: »Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher.« Der Beschützerinstinkt, den wir manchen Tieren gegenüber empfinden, ist kein Naturgesetz, vielmehr rührt er von den Geschichten, die wir über die Natur erzählen.
    Wer hat also recht? Welches könnten die Gründe sein, warum Hundefleisch nicht auf der Speisekarte steht? Der wählerische Fleischesser schlägt vor:
    Man isst keine Haustiere. Aber Hunde werden dort, wo sie gegessen werden, nicht als Haustiere gehalten. Und was ist mit unseren Nachbarn, die keine Haustiere haben? Hätten wir das Recht zu protestieren, wenn es bei ihnen Hund zum Abendessen gibt?
    Gut, dann vielleicht so:
    Man isst keine Tiere mit ausgeprägten geistigen Fähigkeiten. Wenn wir mit »ausgeprägten geistigen Fähigkeiten« das meinen, was ein Hund hat, dann schön und gut für den Hund. Aber eine solche Definition würde auch Schweine, Kühe, Hühner und viele Meerestierarten einschließen. Und sie würde schwerbehinderte Menschen ausschließen.
    Dann eben:
    Aus gutem Grund gelten die ewigen Tabus – Spielen mit Exkre menten, Küssen der eigenen Schwester, Essen der eigenen Haustiere. In evolutionärer Hinsicht ist ein solches Verhalten schlecht für uns. Aber das Essen von Hunden war und ist vielerorts nicht tabu, und es ist keineswegs schlecht für uns. Richtig durchgegart, stellt Hundefleisch weder ein größeres Gesundheitsrisiko als jedes andere
    Fleisch dar, noch führt eine nährstoffreiche Hundefleischmahlzeit zu Widerstand bei unseren selbstsüchtigen Genen.
    Der Verzehr
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