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Tiefer gelegt

Tiefer gelegt

Titel: Tiefer gelegt
Autoren: Janet Evanovich
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Frau und zwei Kindern. Ich kannte ihn persönlich. Seine Leiche wurde gefunden, als seine
Rückmeldung ausblieb, die regelmäßig erfolgen muss. Jemand
hatte ihm genau vor der Hafenmeisterei die Kehle aufgeschlitzt, und der Kampf hatte sich bis in das Gebäude fortgesetzt. Das Büro wurde zwar nicht völlig verwüstet, aber sämtliche Logbücher und Computer waren danach unbrauchbar.
Ich nehme an, der Wachmann hat sich nicht schnell geschlagen gegeben.«
»Wurde etwas gestohlen?«
»Auf den ersten Blick nicht, aber sie haben noch nicht alles
überprüft.« Er grinste. »Das weiß ich von den Bullen. Bullen
lieben uns Rennfahrer. Ich bin ein echter Promi.«
Nicht allzu eingebildet, wie?
Hooker ignorierte mein Augenrollen. »Wissen Sie, was ich
glaube? Ich glaube, der Wachmann hat was gesehen, was er
nicht sehen sollte. Vielleicht dass jemand Drogen in den Hafen
geschmuggelt hat. Schon gut, das ist nicht auf meinem Mist
gewachsen. Auch das habe ich von den Bullen.«
Ich war wieder auf der Promenade angekommen. Links und
rechts von uns erstreckte sich der Yachthafen. Vor mir standen
ein paar Hochhäuser. Sie erhoben sich vis-à-vis von Fisher
Island und blickten auf die Hafeneinfahrt. Ich drehte mich um
und ging auf die Hochhäuser zu. Hooker blieb unbeirrbar neben mir.
»Werden hier tatsächlich Drogen in den Hafen geschmuggelt?«, fragte ich ihn.
Er zuckte mit den Achseln. »Hier könnte man alles ins
Land bringen. Drogen, Menschen, Kunstwerke, kubanische
Zigarren.«
»Ich dachte, die Küstenwache fängt die Schmugglerschiffe
ab.«
»Das Meer ist weit.«
»Okay, erzählen Sie mir was über meinen Bruder.«
»Ich bin ihm vor ein paar Monaten begegnet. Ich war in
Miami, weil hier das letzte Rennen der Saison stattfand. Als
das Rennen gelaufen war, blieb ich noch eine Weile hier, und
da habe ich im Monty’s Bill kennen gelernt.«
»Im Monty’s?«
»Einer Bar. Wir sind eben dran vorbeigegangen. Das Haus
mit dem Strohdach und dem Pool. Jedenfalls kamen wir ins
Gespräch, und ich brauchte jemanden, der mein Boot auf die
Grenadinen überführte. Bill hatte eine Woche frei und war
einverstanden.«
»Ich wusste nicht, dass Bill einen Bootsführerschein hat.«
»Er hatte eben sein Patent gemacht. Offenbar kann Bill vieles – Boote steuern, Boote stehlen.«
»Bill würde nie ein Boot stehlen.«
»Falsch gedacht, Sugar Pie. Er hat mein Boot gestohlen. Er
hat mich angerufen. Mir gesagt, er braucht mein Boot. Ich
habe gesagt, kommt nicht in die Tüte. Ich habe ihm gesagt, ich brauche das Boot. Jetzt ist mein Boot weg. Wer wird es wohl
genommen haben?«
»Das ist Ausleihen. Und nennen Sie mich nicht Sugar Pie.«
Der Wind hatte aufgefrischt. Über uns klapperten die
Palmwedel aneinander, und das Wasser war kabbelig.
»Da zieht eine Regenfront auf«, sagte Hooker. »Heute Abend
soll es Regen geben. Wäre sowieso kein Spaß gewesen, heute zu
angeln.« Er sah mich an. »Was stört Sie an Sugar Pie?«
Ich zog eine Braue hoch.
»Hey, ich bin aus Texas. Seien Sie nicht zu streng mit mir.
Wie soll ich Sie denn nennen? Ich weiß ja nicht, wie Sie heißen. Bill hat immer nur von seinem Bruder Barney erzählt.«
Ich knirschte im Geist mit den Zähnen. »Bill hat keinen
Bruder. Ich bin Barney.«
Hooker grinste mich an. »Sie sind Barney?« Er bellte ein
Lachen und wuschelte durch mein Haar. »Gefällt mir. So ähnlich wie Mayberry, aber bei Ihnen klingt das richtig sexy.«
»Sie machen Witze.«
»Nein. Sie machen mich spitz.«
Ich hatte den Verdacht, dass Rennfahrer schon beim Aufwachen spitz waren. »Eigentlich heiße ich Alexandra. Aber
meine Familie fing an, mich Barney zu nennen, als ich noch
ein Kind war, der Name ist hängen geblieben.«
Wir waren bei einem der Hochhäuser angekommen. Fünfunddreißig bis vierzig Stockwerke voller Apartments, alle mit
Balkon, alle mit sagenhaftem Panorama. Alle weit über meinem Budget. Ich legte den Kopf in den Nacken und schaute
nach oben.
»Wow«, sagte ich. »Können Sie sich vorstellen, hier zu
wohnen?«
»Durchaus. Ich wohne hier. Im zweiunddreißigsten Stock.
Wollen Sie raufkommen und das Panorama genießen?«
»Vielleicht ein andermal. Ich muss weiter. Hab noch was zu
tun.« Meine Höhenangst in den Griff zu bekommen zum Beispiel. Und allen Rennfahrern zu misstrauen … vor allem den
spitzen.
Die ersten Regentropfen klatschten vom Himmel. Dicke,
fette Tropfen, die meinen rosa Rock durchtränkten und auf
meinen Schultern zerplatzten. Verflucht. Kein Schirm.
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