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Tiefer gelegt

Tiefer gelegt

Titel: Tiefer gelegt
Autoren: Janet Evanovich
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schwindeln.
»Ich suche meinen Bruder Bill Barnaby«, sagte ich. »Ich
glaube, er arbeitet auf diesem Boot.«
»Das hat er«, antwortete der Mann. »Aber vor ein paar Tagen hat er angerufen und gekündigt.«
Ich versuchte nach besten Kräften, schockiert auszusehen.
»Das wusste ich nicht«, sagte ich. »Ich bin gerade aus Baltimore gekommen. Ich wollte ihn überraschen. Erst war ich in
seinem Apartment, aber da war er nicht, deshalb dachte ich,
dass ich ihn vielleicht bei der Arbeit finden kann.«
»Ich bin Stuart Moran, der Zahlmeister. Ich habe den Anruf
entgegengenommen. Bill hat keine weitere Erklärung gegeben.
Nur dass er unerwartet verreisen müsse.«
»Gab es irgendwelche Schwierigkeiten?«
»Nicht an Bord. Wir bedauern sehr, dass er uns verlassen
hat. Über sein Privatleben weiß ich nichts.«
Ich sah auf das Boot. »Sieht aus, als würden Sie bald ablegen.«
»Wir haben noch keinen Termin festgesetzt, aber wir versuchen, stets einsatzbereit zu sein.«
Ich hätte noch ganz gern mit der Mannschaft gesprochen,
aber das ging nicht, solange Moran Wache stand. Also wandte
ich mich ab und prallte auf Sam Hooker.
Hooker war einen Meter achtzig groß. Kein Riese, aber
groß für einen NASCAR-Fahrer und stramm gebaut. Ich
rummste mit ihm zusammen und federte ein paar Zentimeter
zurück.
»Jesus Christus«, sagte ich und holte Luft. »Scheiße.«
»Niedliche kleine Blondinen im rosa Röckchen sollten den
Namen des Herrn nicht unnütz im Munde führen«, sagte Hooker und schlang dabei die Hand um meinen Arm, sodass ich
mit ihm gehen musste. »Nicht dass es einen Unterschied
macht, denn Sie kommen sowieso in die Hölle, weil Sie Moran
angelogen haben.«
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass ich Moran angelogen
hätte?«
»Ich habe zugehört. Sie sind eine miserable Lügnerin.« Er
blieb vor dem leeren Liegeplatz stehen. »Raten Sie mal, was
hier fehlt.«
»Ein Boot?«
»Mein Boot. Meine zwanzig Meter lange Hatteras Convertible.«
»Und?«
»Die ist weg. Sehen Sie hier irgendwo ein Boot? Nein.
Wissen Sie, wer es geklaut hat? Wissen Sie, wo es jetzt ist?«
Der Typ war von Sinnen. Ein Unfall zu viel. NASCARFahrer waren sowieso nicht als Geistesriesen bekannt. Wahrscheinlich war sein Hirn einmal zu oft durchgeschüttelt worden, und nun hatte sich auch noch die letzte Schraube gelöst.
Ich schaute übertrieben deutlich auf die Uhr. »Mein Gott,
schon so spät? Ich muss los. Ich bin verabredet.«
»Ihr Bruder hat mein gottverdammtes Boot geklaut«, sagte
Hooker. »Und ich will es zurückhaben. Ich habe noch genau
zwei Wochen frei, bevor ich mich auf die Saison vorbereiten
muss, und die will ich auf meinem Boot verbringen. Zwei Wochen. Ist das zu viel verlangt? Zwei beschissene Wochen. «
»Wie kommen Sie darauf, dass mein Bruder Ihr Boot genommen hätte?«
»Weil er es mir selbst erzählt hat!« Hookers Gesicht lief
unter der Sonnenbräune rot an. Er hatte die Brille abgesetzt
und die Augen zusammengekniffen. »Und ich bin ziemlich
sicher, dass er es Ihnen auch erzählt hat. Wahrscheinlich stekken Sie mit ihm unter einer Decke und klauen mit ihm zusammen Boote, um sie hinterher auf dem Schwarzmarkt zu
verscherbeln.«
»Sie sind ja verrückt.«
»Na gut, das mit dem Schwarzmarkt war vielleicht übertrieben.«
»Sie haben Probleme, ihre cholerischen Anfälle zu zügeln.«
»Das höre ich öfter. Ich finde, ich bin eigentlich ziemlich
vernünftig. Die Wahrheit ist, dass ich unter einem widersprüchlichen Sternzeichen geboren wurde. Genau auf dem
Wendepunkt zwischen Schütze und Steinbock.«
»Und das bedeutet?«
»Dass ich ein einfühlsames Arschloch bin. Was will man da
machen?«
Es war eine geniale Anmache, und ich hätte wirklich gern
gelächelt, aber weil ich Hooker nicht ermutigen wollte, kam
ein Lächeln gar nicht in Frage.
»Interessieren Sie sich für Autorennen?«, fragte er.
»Nein.« Ich wuchtete den Rucksack höher auf die Schulter
und marschierte in Richtung Promenade los.
Hooker schlenderte hinter mir her. »Wissen Sie, wer ich
bin?«
»Ja.«
»Möchten Sie ein Autogramm?«
»Nein!«
Er holte mich ein und schlenderte, die Hände in den Hosentaschen, neben mir her. »Und jetzt?«
»Kaufe ich mir eine Zeitung. Ich will wissen, was sie über
den Mord da drüben geschrieben haben.«
Hooker sah kurz zur Hafenmeisterei hinüber. »Von mir
können Sie mehr erfahren als aus der Zeitung. Das Opfer war
ein fünfundvierzigjähriger Wachmann namens Victor Sanchez.
Ein netter Mensch mit einer
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