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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde
Autoren: Andreas Winkelmann
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keiner reagierte, rüttelte sie an Erkans Arm.
    »Haste jetzt doch Bock?«, fragte er und ließ sich zurückfallen. Triebgesteuert grapschte seine Hand nach ihrem Knie.
    »Lass die Scheiße … da draußen ist jemand.«
    Jenny ließ die Gestalt nicht aus den Augen. Sie bewegte sich vom Waldrand direkt auf ihren Wagen zu. Schwarz von Kopf bis Fuß, irgendwie unförmig und viel zu groß. Auch schien sie zu fließen, statt zu gehen. Genaueres war in dem Dreckslicht nicht zu erkennen.
    »Wer soll’n da sein bei dem Sauwetter?«
    Erkan beugte sich zu ihr rüber und sah im selben Augenblick, was Jenny meinte.
    Die Gestalt näherte sich dem Wagen schräg von hinten. Kam aber nicht direkt darauf zu, sondern umrundete ihn mit einem Abstand von zwei Metern, bis sie die Motorhaube erreicht hatte und stehen blieb. Obwohl sie sich damit im Licht der Scheinwerfer befand, bekamen die vier jungen Leute nicht mehr zu sehen als feucht glänzendes, schwarzes Ölzeug. Die Kapuze war so tief heruntergezogen, dass Jenny meinte, dahinter sei gar kein Gesicht, sondern nur ein furchterregendes Loch, das, sollten sie einen Blick hineinwerfen, sie alle verschlingen würde.
    »Was’n das für’n Spinner?«, fragte Jens.

    Arno stellte die Musik ab. Die plötzliche Stille senkte sich bedrohlich über die makabere Situation.
    »Ich hau ihm in die Fresse.«
    Noch nicht ganz zu Ende gesprochen, griff Erkan schon nach dem Türgriff. Doch Jenny hielt ihn zurück.
    »Nein!« Sie schrie beinahe. »Nicht aussteigen.«
    Erkan glotzte sie an. »Warum nicht?«
    »Ich … Vielleicht ist er gefährlich.«
    Plötzlich rauschte ein Zug vorbei. Eine schwere Diesellok, wie sie nachts zuhauf auf dieser Strecke unterwegs waren, mit einer schier endlosen Schlange Güterwaggons dahinter. Erneut erfüllte Lärm die Luft, zudem erzitterte der kleine Wagen unter der Gewalt des Stahlkolosses.
    Unvermittelt setzte sich die Gestalt in Bewegung, kam zurück zu der Tür, hinter der Jenny saß, und griff danach. Wenn Jenny nicht instinktiv von innen dagegengehalten hätte, hätte die Gestalt die Tür aufgerissen. So zog das Mädchen die Tür wieder ins Schloss und schrie: »Den Knopf, drück den Knopf runter!«
    Damit war Arno gemeint, und der kapierte sofort. Mit einem schnellen Handschlag verriegelte er alle vier Türen.
    »Ich geh raus und bring den Typ um!«, sagte Erkan.
    »Nein, lass uns abhauen.«
    Der letzte Waggon des Zuges rollte vorbei. Doch bevor wieder Stille einkehren konnte, rutschte etwas metallisch Glänzendes aus dem Ärmel der dunklen Gestalt, die damit ausholte und es ins Seitenfenster krachen ließ. Der Hammer zerstörte die Scheibe und ließ einen Splitterregen auf Jenny und Erkan niedergehen.
    Jenny schrie gellend auf. Erkan zog sie zu sich herüber und lehnte sich schützend über sie.
    »Fahr los!«, schrie er Arno an.

    Der Hammer ging erneut nieder, diesmal auf das Wagendach.
    »Mach schon!«
    Arno rammte in Panik den Gang rein und gab Gas. Der Wagen machte einen Satz nach vorn, kratzte mit der rechten Seite an der Halbschranke entlang und soff ab, als er auf den Gleisen stand.
    Keiner der Insassen hatte noch die Zeit, etwas zu sagen. Die zweite schwere Diesellok raste mit hundertfünfzig Stundenkilometer heran, noch ehe die jungen Leute begriffen, was mit ihnen geschah. Sie kam von rechts, so dass Jenny durch die zerstörte Scheibe die drei Scheinwerfer sehen konnte. Sie kamen auf sie zu, wurden größer und größer, gleißend hell wie die Sonne …
    Dann endeten vier Leben in einem kreischenden Inferno. Mehrere hundert Meter schleifte die Lok den Polo über die Schienen mit sich, zerdrückte und zerknäulte ihn, zermalmte die Insassen und entfachte ein Feuer, das den Wagen explodieren ließ. Eine Flammensäule schoss in die Höhe, Funkenregen ging über dem Gleisbett nieder, und ein Fauchen wie von einem wilden Tier erfüllte die heiße Luft.
    Ein Stück weit entfernt schob sich etwas Schwarzes in den Wald zurück und verschmolz mit der Dunkelheit, aus der es zuvor gekommen war.

JETZT

1.
    Tag, abends
    Ihr Kopf glühte noch, und sie spürte schon jetzt einen beginnenden Muskelkater wegen der neuen Übungen, die Vera in das Aerobicprogramm eingebaut hatte. Das tat sie immer, wenn sie von einer Trainerfortbildung zurück war. Melanie mochte das, trotz der Schmerzen. Ihr Körper wurde dann wieder einmal richtig gefordert, außerdem war der Kopf danach so herrlich frei!
    »Puh, das war hart!«, sagte Natalie und ließ sich auf die Holzbank neben
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