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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Sawatzki
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der uns interessiert beobachtete, plötzlich mitlachte und uns allen dreien die Tränen kamen.
    »Das muss ja wahnsinnig komisch sein«, sagte Susanne. »Ich gehe jetzt zu Bett, mir wird das zu albern hier. Ich lege mich in euer Schlafzimmer, wenn’s genehm ist.«
    »Gute Idee, Mama, schlaf gut«, sagte Gerald und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    »Fährt mich morgen jemand zum Bahnhof?«
    »Klar, ich mach das.«
    »Schön. Gute Nacht allerseits. Gerald, bringst du mich bitte nach oben?«
    »Klar.« Gerald stand auf. An meinem Sessel blieb er kurz stehen und beugte sich zu mir hinunter. »Gundula, das hast du gut gemacht. Ab morgen sind wir ganz für uns.«
    »Bis auf Papi …«, sagte ich.
    »Ja, bis auf deinen Vater, aber das ist gut so.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich die Stimme meines Vaters: »Gundula, könntest du mir wohl meine Tabletten geben? Ich möchte mich ein wenig ausruhen. Es war hier ja doch ganz schön was los.«
    Ich blickte zu meinem Vater. Er sah erschöpft aus, aber seine Augen leuchteten.
    »Klar, Papi, ich hol sie dir.«
    »Kommt Gretchen heute noch vorbei?«
    »Welches Gretchen?«
    »Na, die vom Faust, die kleine Blonde.«
    »Die kommt morgen, Papi.«
    »Das ist schön. Dann muss ich so richtig ausgeruht sein.«

Epilog
    Am nächsten Morgen nahmen alle noch ein flüchtiges Frühstück zu sich. Im Gegensatz zum Vorabend waren sie äußerst wortkarg, und mein schlechtes Gewissen meldete sich sofort wieder. Beinahe hätte ich sie wieder zum Bleiben überredet.
    Kennen Sie das? Dass man am Ende Angst vor der eigenen Courage bekommt? Ein Blick aber in Geralds glückliches Gesicht genügte, um alle Zweifel zu zerstreuen. Susanne und Ilse sprachen kein Wort mehr miteinander, aber meine Mutter vergoss zum Abschied bittere Tränen. Sie konnte trotz allem schlecht ohne meinen Vater sein.
    Susanne hatte sich ihren scharlachroten Wintermantel übergeworfen und machte gute Miene zum bösen Spiel. Sie bedankte sich überschwänglich für das »rauschende Fest« und ließ sich von Gerald zum Bahnhof chauffieren.
    Mein Bruder nutzte die verbleibende Zeit mit mir dazu, mich um Geld anzupumpen. Er sei absolut bankrott und wisse nicht mal mehr, wie er für sich und seine Frau in nächster Zeit etwas zu essen auftreiben solle. Ich handelte eines seiner Bücher auf zehn Euro herunter und kaufte es ihm ab, damit er wenigstens ein bisschen Geld in der Tasche hatte. Dann schmierte ich ihm und Rose noch ein paar Butterstullen und brachte die beiden zum Bahnhof, nachdem Gerald zurück war.
    Anschließend machten wir mit den Kindern und meinem Vater einen geruhsamen Spaziergang zum Discounter und zurück und setzten uns danach alle zusammen unter den Weihnachtsbaum. Mein Vater war überglücklich. Für ihn war alles neu, und solange man sich mit ihm beschäftigte, war er mit sich und der Welt zufrieden.
    Er lebt übrigens bis heute bei uns. Meine Mutter hat im Zug nach Hause einen ehemaligen Chemielehrer kennengelernt, der sich unsterblich in sie verliebte und meinen Vater im Handumdrehen ausbootete. Wer weiß, wozu es gut war. Meinem Vater jedenfalls scheint nichts zu fehlen.
    Gerald verzichtete auf seine Schlagermusik, weil ich ihm angedroht hatte, im Gegenzug den ganzen Abend aus Hans-Dieters Buch vorzulesen.
    Eines habe ich aus diesem Weihnachtsfest gelernt: In jeder noch so tiefen Dunkelheit gibt es ein kleines Licht. Man muss sich nur trauen, nach dem Schalter zu suchen …

Epilog, zweiter Teil
    Übrigens: wenn Sie denken, dass unsere Verwandten sich diesen Rausschmiss zu Herzen genommen hätten, täuschen Sie sich.
    Sie tauchten schon im nächsten Sommer unvermittelt wieder bei uns auf. Sie können sich denken, dass unsere Ferien dadurch eine dramatische Wendung genommen haben.
    Aber das ist eine andere Geschichte …

Danksagung
    Ich danke den drei wichtigsten Menschen in meinem Leben: Christian, Moritz und Bruno. Danke für jede Lebenssekunde mit euch.
    Dank an Anna-Kathrin Oesterle-Stephan, die mir in unseren Gesprächen die Augen geöffnet und meinen Blick für die Menschen geschärft hat.
    Meiner phantastischen Agentin Sohela Emami. Mit dir, liebe Sohela, macht jegliche Arbeit riesengroßen Spaß!
    Meinem Lektor Thomas Tebbe. Danke dir für dein Vertrauen!
    Dem Piper Verlag für dieses zweite Buch.
    All unseren lieben Freunden für die schönen Abende und Erzählungen aus der eigenen Familienwelt.
    Unseren Hunden Gustav (Dogge), Calypso (Boxer), Coco (Mops), die als Vorbilder
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