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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Sawatzki
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natürlich, Hans-Dieter, davon rede ich doch die ganze Zeit!« Er wollte wieder nicht verstehen. Typisch.
    Plötzlich stand Rose neben mir und kniff mich in den Arm.
    »Weißt du, Gundel, der Hadi und ich, wir wollten ja eigentlich ein paar Tage länger bleiben, aber wenn das hier so ist mit der Stimmung, fahren wir auch übermorgen. Sonst wird das für Hadi zu anstrengend, immer hin und her, er hat ja die Anreise kaum überlebt.« Sie sah Hilfe suchend zu meinem Bruder.
    »Rose, jetzt hör mal auf, solch einen Blödsinn zu reden. Ich bin doch nicht behindert! Ich wollte sowieso schon die ganze Zeit abreisen! Ja, da guckt ihr! Und wisst ihr, wie ich auf diese Idee kam? Ihr zerstört jegliches seelische Gleichgewicht. Hier herrscht eine Atmosphäre, dass man fast erstickt!«
    »Hadi, reg dich nicht so auf!«, sagte Rose und grabschte seinen Arm.
    »Lass mich!« Er schüttelte sie ab. »Gundula, du hast schon immer gemacht, was dir gerade in den Kram passte, und jetzt stornierst du eben mal schnell unser Weihnachtsfest. Kann dir ja auch egal sein, was aus uns wird!«
    »Ich dachte, du wolltest sowieso abreisen«, warf ich vorsichtig ein.
    »Ja! Und weißt du, warum? Weil ich todkrank bin! Weil ich mich nicht aufregen darf! Weil mir das hier alles zu viel wird!«
    »Aber dann ist doch alles gut?«
    »Nichts ist gut! Weil du mal wieder deinen Willen durchgesetzt hast!«
    »Na ja, so ist es ja nicht …«, versuchte Gerald sich einzumischen.
    »Doch, so ist es immer gewesen und … autsch!« Mein Bruder sackte in sich zusammen.
    »Hadi!!! O Gott!« Rose half Hans-Dieter auf einen freien Sessel.
    »So. Jetzt hast du es erreicht, Gundula. Jetzt ist es aus.«
    »Lass mal, Rose. Es geht schon wieder.«
    Rose sah mich vorwurfsvoll an. »Also, Gundel, das fand ich jetzt nicht schön von dir, uns einfach so rauszuschmeißen. Wir hatten ja auch unsere Planungen. Und der Hadi darf sich nicht aufregen. Der hat ja schon zwei Stenzel!«
    »Was hat er?«, fragte Gerald.
    »Rose, das heißt Stenze, lass jetzt mal, ich bring das hier allein zu Ende. Ich hatte euch ja auch meine Hilfe mehrmals angeboten, aber Ihr wolltet ja nicht.«
    »Welche Hilfe denn?«, fragte ich.
    »Er meint sein Buch, Gundula. Er wollte euch immer aus seinem Buch vorlesen, damit ihr zu euch finden könnt, aber ihr habt das einfach ignoriert, obwohl er mit dem Buch …«
    »Rose, ich möchte das allein besprechen.«
    »Ich wollte nur sagen, dass du ja mit dem Buch, also dadurch, dass du aus deinem Buch auch Manfred und –«
    »Rose! Halt einmal deine Klappe!«
    Er hatte Rose mitten im Satz unterbrochen, ihr Mund stand sekundenlang offen. Dann entfuhr ihr ein seltsames Geräusch, das an das Rauschen einer alten französischen Klospülung erinnerte.
    Sie starrte Hans-Dieter an wie den Heiligen Geist.
    »Was?«
    »Rose, entschuldige, das interessiert hier doch keinen, bitte verzeih diesen Ausbruch, aber ich habe mich langsam auch nicht mehr im Griff.«
    »Gut, Hadi. Das hat mich jetzt sehr verletzt, wie du mit mir umgegangen bist. Das werde ich so schnell nicht verarbeitet bekommen.« Sie tätschelte mich noch mal am Arm, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen, und verließ dann mit hängenden Schultern das Wohnzimmer.
    »Na gut. Jetzt ist auch schon alles egal. Was ich sagen wollte, war: Wir reisen ab. Morgen. Die Schwingungen hier im Haus bringen sogar meine Beziehung zu Rose in Gefahr. Und das will was heißen. Wir haben noch nie miteinander gestritten. Das braucht jetzt Wochen, bis wir das geklärt haben und wieder frei atmen können.« Er nieste. »Ich spüre auch, dass sich da was zusammenbraut. Mein Körper reagiert sofort auf Disharmonien. Gerald, es wäre jetzt an dir, dich zu deinem Ausfall zu äußern. Aber stattdessen sitzt du nur da und trinkst und lachst dir ins Fäustchen, das ist nicht die feine Art. Wirklich nicht.«
    »Faust.« Mein Vater lächelte verschmitzt. »Den habe ich im Schultheater gespielt. Mein Gretchen war der heißeste Feger in der ganzen Obersekunda. Ich habe sie nach jeder Vorstellung flachgelegt.«
    »Was?«, sagte Gerald.
    »Gerald, du bist mir noch eine Antwort schuldig!«, sagte Hans-Dieter streng.
    »Entschuldige, natürlich, du hast ja recht, ich bin heute ein bisschen übermütig.«
    »Ihr solltet euch mal in kundige Hände begeben, bevor noch die Kinder Schaden nehmen.« Damit ging mein Bruder grußlos nach oben.
    Gerald und ich sahen uns an und brachen in schallendes Lachen aus. Wir lachten, bis auch mein Vater,
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