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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Sawatzki
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ihnen freuen.«
    »Ja, aber jetzt haben sie langsam ihr eigenes Leben und wollen ihre Ruhe.«
    »Ich glaube, sie brauchen uns genauso wie früher. Aber weil wir den Kopf so voll mit uns haben, kümmern wir uns nicht genügend um sie.«
    Ich dachte an das Haschklümpchen in Rolfis Zimmer.
    »Aber immer wenn ich mit dir über die Kinder reden will, sagst du, ich würde alles falsch angehen …«
    »Weil du immer erst mit mir über sie redest, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.«
    »Wie meinst du das?«
    »Erinnerst du dich zum Beispiel an die Fotos mit den Brandopfern, die du Matz mal vor die Nase gehalten hast, als er angefangen hat, mit Feuer zu spielen? Du hast das Kind mit deinen Fotos regelrecht traumatisiert.«
    Ich dachte an mein Vorhaben, den beiden Großen Bilder von Raucherbeinen neben ihre Frühstückseier zu legen.
    »Ich mache alles falsch, Gerald.«
    »Du musst mich nur an der Familie teilhaben lassen. Dafür bin ich doch da.« Er sah mich treuherzig an. »Ich bin doch dein Mann! Und dann regeln wir das gemeinsam.«
    Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust, und er nahm mich in seine Arme.
    »Gundula?«
    »Ja?«
    »Sag mal ganz ehrlich. Glaubst du, wir schaffen das?«
    »Ja, Gerald. Das glaube ich ganz fest.«

31.
    Kapitel
    Hand in Hand liefen wir durch den Regen zu unserem Haus zurück. Wir hatten keine Eile, und wir froren nicht. Ich war lange nicht mehr so glücklich und zuversichtlich gewesen. Und Gerald hatte die ganze Zeit über ein kleines Lächeln auf seinen Lippen.
    Zu Hause wurden wir schon ungeduldig von Susanne erwartet, die mutterseelenallein und lavendelfarben auf dem Sofa saß. »Wo seid ihr denn gewesen?«
    »Wir sind gleich wieder da, wir müssen uns nur rasch umziehen!«, sagte ich und zog Gerald mit mir.
    »Wie seht ihr überhaupt aus? Ihr seid doch keine Kinder mehr!«
    »Doch!«, riefen wir wie aus einem Mund und rannten die Treppe zum Schlafzimmer hoch.
    Oben angekommen, rissen wir uns die nassen Kleider vom Leib und sahen uns an. Langsam gingen wir aufeinander zu. Gerald strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht und sagte: »Schön bist du, Gundel.«
    Eine halbe Stunde später kehrten wir ins Wohnzimmer zurück. Insgeheim hatten wir gehofft, dass Susanne schon ins Bett gegangen war, aber sie dachte gar nicht daran.
    »Was ist das hier eigentlich für ein Benehmen? Ich sitze hier stundenlang allein herum, Ricarda ist auch schon ins Bett gegangen, und Rolfi hält sich vor mir versteckt.«
    »Du kannst doch auch schlafen gehen, Susanne«, sagte ich. Ich hatte keine Lust mehr, mich weiter mit der Familie auseinanderzusetzen. Ich wollte mit Gerald allein sein.
    »Wo ist mein Vater?«
    »Ilse hat ihn geholt, weil sie schon ahnte, dass du es nicht schaffst, ihn ins Bett zu bringen. Das hat sie wörtlich gesagt«, fügte sie hinzu. »… ich zitiere nur.«
    Sie betrachtete mich argwöhnisch. »Na, hast du dir was anderes angezogen? Das vorhin war doch viel netter!«
    »Ich find’s schön«, sagte Gerald und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Susanne sah an sich herunter und schob mit geübtem Griff ihre abgesakten Brüste wieder in Position. »Na ja, mir soll’s egal sein. Wie findest du eigentlich mein Kleid, Geraldschatz? Blau magst du doch so gern?« Sie lallte ein bisschen.
    »Kommt drauf an, ob noch was Blaues drinsteckt«, hörte ich mich sagen und erschrak über meine ungeahnte Schlagfertigkeit.
    »Was meinst du damit, Kind?« Susannes Augen verengten sich gefährlich und Gerald erbleichte. Zum Glück kam mein Vater in dem Moment ins Wohnzimmer zurück und ließ sich wieder neben Susanne aufs Sofa fallen. »Wo ist denn der junge Mann, der vorhin so schöne Musik gemacht hat?«
    Gerald und ich sahen uns an und mussten lachen.
    »Wenigstens scheint ihr euren Spaß zu haben. Schön für euch«, sagte Susanne und beobachtete uns finster.
    »Ja, stell dir vor, Susanne, wir haben Spaß!«, sagte ich angriffslustig.
    »Sag mal, Kindchen, was ist denn auf einmal in dich gefahren? So kenn ich dich ja gar nicht. Pass auf, dass du nicht wirst wie deine Mutter! Im Alter werden Töchter ihren Müttern oft sehr ähnlich. Sie merken es aber oft erst, wenn es zu spät ist.«
    Mein Vater starrte feindselig auf den Weihnachtsbaum. Er schien ihm plötzlich nicht mehr zu gefallen.
    »Was soll eigentlich dieses scheiß Gequatsche.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Die Familie hatte einen schlechten Einfluss auf ihn. »Papi!«
    »Na, ist das ein Scheißgequatsche oder nicht?
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