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Thursday Next 04 - Es ist was Faul

Thursday Next 04 - Es ist was Faul

Titel: Thursday Next 04 - Es ist was Faul
Autoren: Jasper Fforde
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treten? Wasserschläuche, die plötzlich losspritzen?«
    »Nö«, sagte der Barkeeper. »Hier gibt's keine spritzenden Schläuche. Aber ich habe gehört, der Sheriff hätte letzten Dienstag eins mit der Pfanne übergebraten gekriegt.«
    Bradshaw und ich wechselten vielsagende Blicke.
    »Wo ist der Sheriff zu finden?«
    Wir folgten der Handbewegung des Barkeepers und wanderten den hölzernen Bürgersteig hinunter. Vor dem Friseurladen saßen zwei graubärtige Goldsucher und redeten höchst authentischen Western-Slang. An einer Seitenstraße hielt ich Bradshaw zurück, denn es sah so aus, als würde es gleich eine Schießerei geben. Vorläufig stritten sich die Beteiligten – die einen in hellen, die anderen in schwarzen Anzügen – aber vor allem darüber, wer an diesem Show-down eigentlich teilnehmen dürfe. Offenbar hatten zwei völlig verschiedene Gruppen dieselbe Zeit zugewiesen bekommen. Die Revolvergürtel hingen schwer an den Hütten, das Weibervolk war ängstlich versammelt, aber die Knallerei konnte nicht losgehen, weil noch nicht entschieden war, welcher Bösewicht von welchem Helden erlegt werden sollte.
    Schließlich eilte der Bürgermeister herbei und sagte den beiden Teams, es würde gar kein Show-down stattfinden, wenn sie sich nicht einigen könnten. Daraufhin warfen sie eine Münze. Die Verlierer zogen knurrend mit ihren Frauen davon, während die Sieger auf die Hauptstraße kamen und die Bevölkerung pflichtschuldigst Deckung suchte. Im Abstand von zwanzig Schritten bauten die beiden Revolverhelden sich auf, dann knallte es zweimal, und der Schütze in Schwarz ging zu Boden. Der Held hob seinen durchlöcherten Hut wieder auf und schaute recht grimmig, während er den Revolver einsteckte und seine Liebste ihm an die Brust sank.
    »Was für ein Kitsch«, knurrte Bradshaw. »Der echte Westen war anders!«
    »Darum geht es doch gar nicht«, sagte ich, während der tote Bösewicht weggeschleift wurde. Natürlich gab es im Wilden Westen kaum je Schießereien. Mit den Revolvern der damaligen Zeit konnte man kaum etwas treffen, und die Rauchentwicklung des Pulvers war so stark, dass man in einem gut besuchten Saloon glatt dran erstickt wäre. Aber Legenden sind eben viel lesbarer. Außerdem gibt es immer mehr schlechte Prosa als gute, und man konnte auch nicht erwarten, dass sich unser gehörnter Freund in einem Zane Grey oder einem Owen Wister versteckte.
    Als wir am Majestic Hotel, einer besonders klapprigen Bretterbude, vorbeikamen, rumpelte eine Postkutsche über die Hauptstraße. Die Peitsche knallte über den Köpfen der Pferde, und die Räder wirbelten Wolken von Staub auf.
    »Da drüben«, sagte Bradshaw und zeigte auf das einzige aus Ziegeln gemauerte Gebäude der Stadt. Tatsächlich stand das Wort SHERIFF über der Tür. Wir überquerten eilig die Straße, denn unsere Bekleidung war uns jetzt doch etwas peinlich. Unter all den Männern mit Cowboyhüten, karierten Hemden und Patronengurten und den Frauen mit Häubchen, Jäckchen und langen Kleidern wirkten wir ziemlich exotisch. Aber Kostüme trugen nur Agenten mit Daueraufträgen, soweit sie nicht einfach aus dem entsprechenden Genre selbst rekrutiert wurden und sich gar nicht erst umziehen mussten.
    Wir klopften und traten ein. Im Inneren war es nach dem grellen Licht auf der Straße relativ dunkel, und unsere Augen brauchten einen Augenblick, um sich anzupassen. An der Wand hingen zahlreiche Steckbriefe, die sich nicht nur auf das Nebraska des Jahres 1875, sondern auch auf die BuchWelt im Allgemeinen bezogen. Für Hinweise auf den Aufenthaltsort von Big Martin wurden zum Beispiel $300 geboten. Darunter stand eine Kaffeekanne aus Blech auf einem gusseisernen Ofen. Auf der linken Seite stand ein Gewehrschrank. Auf dem Aktenschrank schlief eine getigerte Katze. Die gegenüberliegende Wand wurde von den vergitterten Zellen gebildet. In einer davon lag ein Betrunkener auf der Pritsche und schnarchte eindrucksvoll.
    In der Mitte des Raums stand ein riesiger Schreibtisch, der einen halben Meter hoch mit Gesetzbüchern und Akten bedeckt war. Außerdem befanden sich zwei abgetragene Stiefel darauf, in denen zwei Beine steckten, die am Sheriff festgemacht waren. Seine Bekleidung war größtenteils schwarz und musste dringend gewaschen werden, soweit ich das beurteilen konnte. An seiner Weste hing ein silberner Stern, aber von seinem Gesicht sah man nur den gewaltigen grauen Schnurrbart, der unter seinem Stetson hervorlugte. Auch er schlief den Schlaf des
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