Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose
Autoren: Markus Kastenholz
Vom Netzwerk:
unverletzt?“
    Abermals antwortete sie nur mit einem Knurren und setzte sich auf. Sie wusste, die vermeintliche Sorge um ihre Gesundheit war nur eine Seifenblase, die jederzeit platzen konnte. Ihr fröstelte bei dem Anblick des Albinos, wie er in all der ihm eigenen Arroganz in seinem Sessel saß und sie mit seinem einen, rubinroten Auge musterte.
    „Du enttäuschst mich. Ich dachte nicht, dass es einem Verlierer wie Kreyven gelingt, dich zu überwältigen.“
    „Wer ist Kreyven?“ Thorn schloss die Arme um ihren Körper.
    „Ein Chupacabra. Ein widerliches Biest. Wahrscheinlich hat er dafür eine Belohnung erwartet. Nun ... er hat sie erhalten.“ Ein zynisches Lächeln kroch in seine Mundwinkel.
    „Du hast ihn ermordet? Warum?“ Die Angriffslust war völlig aus Thorns Blick gewichen. Sie schien zu wissen, wann sie verloren hatte. „Gebührt keinem anderen als dir das Privileg, mich zu besiegen?“
    „So könnte man sagen“, erwiderte er und sprang plötzlich ansatzlos auf seine Füße: schnell wie ein Schatten. „Oh, Thorn ...“ Pathetisch hob er beide Arme. „Du jagst mich fast seit du denken kannst und weißt doch so wenig über mich.“
    „Die ROSE ...“
    „Ja, ja, die ROSE ...“ unterbrach er lachend und ging einige Schritte umher. „Die ROSE ist ein Bund von Dilettanten. Sie behauptet, die meisten unserer Geheimnisse zu kennen und weiß doch gar nichts. Was weißt du zum Beispiel über mich?“
    „Mehr als genug. Du hast meinen Bruder Heiko ...“
    „Ja, ja“, wischte er ihre Bemerkung mit einer Geste fort, „dein dämlicher Bruder Heiko. War siebzehn und hatte noch nie Sex, außer mit sich selbst … Und gleich wirst du mir auch noch vorhalten, dass ich deine Eltern ermordet habe … Undsoweiter undsofort.  Du bist durchschaubar wie alle Menschen.“ Er trat hinter das Sofa, auf dem sie saß, stützte sich auf die Rückenlehne und flüsterte ihr ins Ohr: „Aber was wäre aus dir geworden ohne mich?“
    Keine Antwort. Thorn presste lediglich die Lippen aufeinander.
    „Was wäre ohne mich aus dir geworden?“, wiederholte Adamus, diesmal lauter, und er setzte seinen Weg ins Leere fort, umrundete die Sitzgarnitur. „Wärst du inzwischen geschieden und hättest ein, zwei missratene Kinder? Die du hasst, weil dein Ex-Mann der Vater ist? Oder wärst du eine kleine, dumme Sekretärin, die ihre acht Stunden Arbeit hinter sich zu bringen hat und springen muss, wenn ihr Chef Kaffee oder einen geblasen haben will?“
    Die Vampirjägerin schwieg.
    „Wärst du mit diesem schrecklich eintönigen Leben zufrieden? Vermutlich ja. Weil du es nicht anders kennen würdest. Aber würdest du auch damit tauschen wollen? Jetzt, da dein Leben so verlaufen ist.“ Der Erste baute sich direkt vor ihr auf. „Sieh es ein: Ohne mich hätte es dich niemals gegeben!“
    „Soll ich dir dafür dankbar sein? Was ist mit meinen Traumata?“
    „Traumata ...“ Seine Stimme troff vor Ironie. „Jedes denkende Wesen trägt seine Traumata mit sich. Denkst du, es hat mir gefallen, als du Francine ins Gesicht geschossen hast?“
    „Lange geärgert hast du dich nicht darüber. Du hast ihr den Laufpass gegeben, weil ihre Narben nicht verheilt sind und sie dir nicht mehr hübsch genug war.“
    „Und was ist mit meinen Vertrauten, die die ROSE ermordet hat? Denkst du ...“
    „Wir töten deine Leute, deine Leute töten unsere.“ Thorns Stimme klang unerwartet entschlossen; sie hatte nichts zu verlieren. „Mal gewinnen die einen, mal die anderen ... Wer letztlich den längeren Atem hat, wird sich zeigen.“
    Scheinbar kraftlos ließ er sich wieder in seinen Sessel fallen, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Seine Fingerspitzen berührten sich, während er Thorn weiter taxierte wie eine Kobra, die auf den besten Moment wartete, zuzustoßen.
    „Was soll ich nur mit dir tun?“, fragte er in den Raum hinein, als erwarte er von ihr eine Antwort.
    „Dasselbe, was ich mit dir tun würde ...“
    „Wäre so ein Tod nicht Verschwendung? Dir würde ohne mich ebenso etwas fehlen wie mir ohne dir. Welchen Lebenszweck hättest du denn, wenn ich tot wäre?“
    „Gib mir meine Waffen und lass es mich ausprobieren.“
    „Sieh es ein: Wir brauchen einander. Du brauchst mich! Ohne mich würdest du nicht nur nicht existieren, ohne mich wäre dein Leben sinnlos.“
    „Darauf lasse ich es ankommen.“
    „Du hast ja keine Ahnung, wen du vor dir hast ...“ meinte er vielsagend; er wusste, er war Herr der Lage und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher