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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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Zöpfchen, »Levka muß deine Dame gefressen haben.«
    »Auch nicht im Laden?«
    »Auch nicht in der Wohnung dahinter.«
    »Ich werde zu ihm in den Laden gehen«, sagte Nat.
    »Kannst du tun. Nur, daß der Laden zu ist. Wegen Trauerfall.«
    »Ich schlage ihm die Scheiben ein«, sagte Nat.
    »Vielleicht ist sie ja aus der Stadt. Ohne Levka.«
    Nat sank in sich zusammen.
    »Das nicht«, sagte er, »nicht aus der Stadt.«
    »Du fängst an, mir auf den Geist zu gehen«, sagte der Junge.
    Er ließ Nat auf der Straße stehen.
    »Die S-Bahn nach Ohlsdorf«, sagte Levka, »der Alte liegt da draußen. Ich kenne die Strecke.«
    »Wollen Sie ihn aus dem Zug werfen?«
    Levka grinste. Er zog die zu langen Ärmel der Lederjacke hoch.
    »Sollte ich tun«, sagte er, »aber er kriegt seine Chance.«
    »Was ist mit der S-Bahn nach Ohlsdorf?«
    »Am Hauptbahnhof läuft sie auf Gleis 3 ein, und Gleis 3 ist das letzte auf der Seite.«
    »Und das heißt?« fragte Thea.
    »Sie wollen es ihm doch leichtmachen. Auf der anderen Seite des Gleises ist nur noch eine flache Plattform für die Bahnfritzen.«
    »Nat kann dort hochkommen?«
    »Er braucht kaum den Fuß zu heben. Nur aufstehen muß er.«
    »Ich schaue es mir an«, sagte Thea.
    »Einen Aufzug gibt es auch. Zum Runterfahren. Rauf kann er ja dann laufen.«
    »Glauben Sie nicht, daß Sie gleich verhaftet werden?«
    »Nein«, sagte Levka, »die Stelle ist günstig.«
    »Ihm darf nichts passieren«, sagte Thea.
    Nat öffnete erst die Flasche Malt und dann die Kappen der Röhrchen. Er füllte das schwere Glas mit den goldenen Initialen, das ihm das beste für den Anlaß schien, und schüttete die Tabletten aus. Vier weiße Häufchen auf dem weißen Marmortisch.
    Nat nahm das Glas und trank bis zur Neige. Er behielt das Glas in der Hand, doch er schenkte nicht nach.
    Er mußte darauf achten, nicht zu früh betrunken zu sein. Den Initialen fehlten die Enden. Das L und das F sahen angegriffen aus. Er selber hatte an Louises kostbaren Gläsern mit seinem kleinen Taschenmesser gekratzt.
    Nat kamen die Tränen, als er an das Kind dachte, das er gewesen war. Er fuhr mit dem Finger durch die Tabletten und teilte eines der Häufchen und dachte, die ersten trocken zu schlucken. Er stellte das Glas ab. Theas Schreie. Er hätte gern Theas Schreie gehört. Das Entsetzen, ihn nicht zurückholen zu können.
    Schütteln. Thea würde seinen Körper schütteln.
    Er hatte Louise geschüttelt, doch er hatte nichts gehofft dabei. Louises verzerrtes Gesicht, das auch noch nicht wieder glatt war, als Love kam. Nat hatte Angst vor dem Sterben.
    Er hatte fünf Tabletten geschluckt und die halbe Flasche Whisky getrunken, als das Telefon klingelte.
    »Ich hab' schon gedacht, Sie sind nicht da«, sagte Levka.
    Er schien durch ein Blechrohr zu rufen, doch Nat erkannte ihn.
    »Wo ist Thea?«
    Levka lachte.
    »Sie haben mich nötig«, sagte er, »hätten Sie gedacht, daß Sie einen wie mich mal nötig haben?«
    »Was habe ich Ihnen getan?« fragte Nat.
    »Ihnen hat man alles hinterhergeworfen.«
    »Ich kann ja mal aus meinem leichten Leben erzählen.«
    Nat bekam Schwierigkeiten mit dem Sprechen.
    »Sie sind besoffen«, sagte Levka, »oder betrinken Sie sich nur?«
    »Wo ist Thea?« fragte Nat.
    »Kommen Sie zum Hauptbahnhof. Gleis drei. Sie können mit dem Aufzug runter, und wenn Sie rauskommen, gleich links unter der Brücke. Ich stehe da.«
    »Jetzt gleich?« fragte Nat.
    »Morgen nachmittag. Vier Uhr.«
    »Thea bringen Sie mit«, sagte Nat.
    »Dann bis morgen«, sagte Levka.
    Nat nahm eines der Paperbacks und kritzelte die Uhrzeit hin und das Gleis. Dann schlief er neben dem Schreibtisch ein.
    »Am Tag vor Weihnachten«, sagte Thea, »die Katze auf dem Dach.«
    »Thea«, sagte Nat, »wo bist du?«
    Er drückte die Hände an die Ohren, doch die Geräusche gingen ihm nicht aus dem Kopf. Er öffnete die Augen. Es war dunkel.
    »Ich lege auf, wenn du dich nicht ans Thema hältst.«
    »Was für ein Thema?«
    Theas Stimme entfernte sich. Er hörte sie nur noch schwach.
    »Die Katze des Jungen, die du vom Dach geholt hast.«
    »Katze«, sagte Nat, »ich weiß nicht. Wie soll ich jetzt an eine Katze denken.«
    »Ich lege auf.«
    »Warte«, sagte Nat, »am Tag vor Weihnachten. Laß mich doch denken. Das Seil. Ich habe eine Schlaufe gemacht und das Seil hochgeworfen. Da ist der Giebel mit dem Drachenkopf. «
    Er fing an, wach zu werden.
    »Du bist auf das Dach geklettert.«
    »Ich habe mich am Seil hochgezogen. Mit der Kraft
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