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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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meiner Arme. Das gehörte zur Therapie. Du hast es damals gesehen.«
    Thea schwieg.
    »Thea«, sagte Nat, »bitte sag mir, wo du bist.«
    Doch Thea war nicht mehr in der Leitung.
    Links neben dem Aufzug, hatte Levka gesagt, unter der Brücke. Die Uhr auf Gleis 3 sprang gerade auf halb drei, als Thea aus dem Aufzug kam. Der Bahnsteig war ziemlich voll.
    Nat würde auf Levka zeigen und auf Thea.
    »Die waren es«, würde er sagen, und die Menge würde sie einkreisen. Ihr war es egal. Warum war es Levka egal?
    Unter der Brücke stank es nach Urin. Thea stellte sich hinter einen der Betonpfeiler und dachte, daß Levka da stehen würde, wenn Nat kam. Die Plattform gegenüber war flach, wie Levka gesagt hatte. Ein Geländer davor, an dem Nat sich halten konnte. Im Schotter pickte eine Taube an einem Cracker.
    Das Donnern kam aus der Tiefe des Bahnhofs und hielt sich am Beton. Die Taube flog auf und konnte noch knapp entkommen.
    Die S 11 nach Ohlsdorf bremste erst hinter der Brücke ab.
    »Sie irren sich«, sagte Thea, »ich gehe nicht über seine Leiche.«
    Sie faßte in den Knoten ihres Schals und lockerte ihn.
    Die Uhr auf Gleis 3 stand schon auf Viertel vor drei.
    »Moment mal«, sagte der Mann, »mit wem spreche ich?«
    Thea hatte schon die Hand auf der Gabel.
    »Wer sind Sie?« fragte sie.
    »Wenn Sie den alten Pächter sprechen wollen«, sagte der Mann, »ich habe keine Ahnung, wo Levka ist. Aber er soll den Krempel hier abholen. Nächste Woche ziehen wir ein.«
    »Danke«, sagte Thea.
    Sie vergaß, den Hörer aufzulegen. Sie ließ ihn einfach hängen.
    Nat atmete auf, als er Zeit und Ort auf dem Einband von Buddy Brickstone's Dream fand. Einen Augenblick lang hatte er gefürchtet, die Anrufe nur geträumt zu haben.
    Die Katze. Er hatte keine Ahnung, wie Thea auf die Katze kam. Doch irgend etwas schien ihm tröstlich an diesem Gespräch. Nat rückte auf den Stuhl unter der Dusche und ließ kaltes Wasser über seinen Körper laufen. Er hatte die Tabletten und den Whisky nicht allzu schlecht überstanden.
    Um drei wollte er aus dem Haus sein, und wenn er den Bahnhof noch eine halbe Stunde umkreiste. Nat wollte keine Minute zu spät kommen zu dieser Verabredung.
    Nathaniel Landman. Thea hatte den Namen auf dem Türschild nie mit Nat verbunden. Sie stand mit der Nase vor dem Schild und drückte noch einmal auf den Klingelknopf. Nat war nicht mehr da. Ganz gegen seine Gewohnheit, alles erst in letzter Minute zu tun. Thea sah auf ihre Uhr. Es war Viertel nach drei. Sie holte ihren Schlüssel aus der Tasche und hatte Mühe, das Schloß zu treffen. Ihre Hände zitterten.
    Irgendwo mußte in dieser Wohnung wenigstens noch eine Lexotanil sein. Nur eine, um die nächste Dreiviertelstunde zu überstehen. Thea ging in das Schlafzimmer, das erstemal seit der Nacht, in der sie gegangen war. Auf Nats Nachttisch stand das Bild des glücklichen Paares, das auf dem Kaminsims gewesen war. In der Schublade nur ein paar Präservative aus einer anderen Zeit und das Holzkästchen. Nats Schrein.
    Thea öffnete es, in der Hoffnung, dort eine Tablette zu finden. Doch sie fand nur Kalenderblätter und ein Stück von ihrem lila Kleid, das sie an einem Septembertag in London getragen hatte. Dreiundzwanzig Minuten nach drei. Thea lief in das Bad und riß die Tür des Schränkchens auf. Ihr alter Lippenstift rollte heraus, aus dem obersten Fach, dort, wo mal die Tabletten gelegen hatten. Um sechsundzwanzig Minuten nach drei goß Thea sich einen Whisky ein. Sie hatte schon ein Glas aus dem Schrank genommen, doch dann sah sie Nats Glas auf dem Marmortisch stehen.
    Thea trank aus seinem Glas. Einen großen Whisky. In großen Schlucken. Sie liebkoste das Glas fast. Um drei Minuten nach halb vier verließ Thea das Haus.
    Nat war als erster da. Er stellte den Jaguar in der Kirchenallee ab und stand noch vor dem Schauspielhaus, bevor er den Bahnhof ansteuerte. Ein Junge mit einem Skateboard schnitt ihn, und Nat übersah einen Bordstein und sah darum auch nicht Levka, der von Nagel gekommen war, wo er einen Klaren getrunken hatte. Levka lehnte das Trinken ab, er konnte Trinker nicht ausstehen, der Alte hatte dann gar nicht mehr gewußt, was er tat. Levka trank nie. Nur heute. Da hatte er einen Klaren gebraucht.
    Nat stand vor dem Zeitungsstand und las die Schlagzeilen. Zeit totschlagen. Er hatte noch immer zwanzig Minuten. Der Zeiger der Uhr hatte sich kaum bewegt, als Nat links in den Bahnhof einbog. Aus dem Aufzug an Gleis 3 kam ein alter Mann mit einem
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