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The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

Titel: The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Kirkman , Jay Bonansinga
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ganz dicht vor ihm. Er blickt sie an. Sie mustert ihn von oben bis unten und grinst über das ganze Gesicht. Was hat sie bloß mit dem Löffel vor? Vielleicht kommt jetzt ihr größter Trick!
    Sie hält den Löffel vor sein linkes Auge und murmelt: »Du darfst jetzt nicht das Bewusstsein verlieren – wir sind doch noch nicht fertig.«
    Die Kante des Löffels ist kalt, als sie seinen Augapfel auslöffelt. Es erinnert ihn an damals, als der Zahnarzt ein Loch hinten in seinem Mund bohren musste – es hat so, so, so, sooooooooooo wehgetan –, und danach hat er einen Lutscher gekriegt, sodass alles nicht mehr ganz so schlimm war. Diesmal aber gibt es keine Süßigkeiten, und der Schmerz ist schlimmer, als er es sich jemals hätte vorstellen können. Er hört sogar die grässlichen Geräusche – als ob seine Mutter ein Hähnchen zum Abendessen zerlegt –, feuchtes, reißendes Knacken und Ziehen. Die Frau aus Borneo macht sich weiter an seinem Augapfel zu schaffen, bis er endlich aus der Augenhöhle springt.
    Er will klatschen. Schließlich hat diese fantastische, dunkelhäutige Frau es geschafft, den Augapfel nicht ganz zu lösen. Nein, er hängt noch an seinem Nerv und irgendetwas Blutigem, Feuchtem.
    Seine Sehkraft spielt jetzt komplett verrückt, und es kommt ihm vor, als ob er in einem Fahrgeschäft ist – so wie damals, als sein Daddy ihn und seinen Bruder zu dem Heart-of-Georgia -Schützenfest mitgenommen hat und sie mit der Krake gefahren sind. Alles dreht sich. Er kann noch etwas mit dem Augapfel erkennen, der über seine Wange baumelt. Das andere Auge funktioniert super. Aber was er jetzt sieht, lässt ihn Mitgefühl für die große, wilde Kriegerin aus Borneo empfinden.
    Sie weint.
    Tränen kullern ihr braunes, glänzendes Gesicht herab, als sie vor Philip kniet, und plötzlich ist Philip selbst traurig. Warum weint sie nur? Sie starrt ihn an wie ein verirrtes Kind, wie ein kleines Mädchen, das gerade etwas sehr, sehr Schlimmes getan hat.
    Plötzlich erregt etwas anderes Philip Blakes Aufmerksamkeit.
    Ein lautes Klopfen an der Tür befördert ihn wieder ins Hier und Jetzt. Er blinzelt mit seinem guten Auge, und die Frau wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Beide hören die tiefe, verärgerte, männliche Stimme.
    » GOVERNOR ! BIST DU DA ?«
    Plötzlich verstummt die Dampforgel, und der kleine Philip Blake ist nicht mehr beim Karneval.
    Michonne schnappt sich das Schwert, stellt sich auf und blickt zur Tür – sie zaudert, steht wie erstarrt da. Sie hat ihr Meisterwerk noch nicht vollendet, der allerwichtigste Teil steht noch aus, aber die ganze Sache – auf mehr Ebenen als nur einer – muss wohl verkürzt werden.
    Sie wendet sich den grotesken menschlichen Überresten auf dem Boden zu – der Mann, der nur noch am seidenen Faden am Leben hängt – und will gerade etwas zu ihm sagen, als eine Stimme vor der Tür ertönt.
    » HEY ! … PHIL ! MACH SCHON AUF ! DIE VERRÜCKTE SCHLAMPE IST VERSCHWUNDEN , MANN ! DER ARZT UND ALICE  – UND DIE BEIDEN ANDEREN , ALLE WEG !« Das Knarzen von Holz, ein Klicken.
    Michonne denkt sich: Sieh mal einer an – dieser Kotzbrocken Gabe hat also überlebt! Sie schaut zum Governor hinunter, als ein besonders wuchtiger Schlag die Wohnung erbeben lässt. Sie deutet mit der Schwertspitze auf seine Leistengegend.
    Gabes Stimme – sein starker Akzent macht sie unverkennbar – hebt sich eine Oktave: » WAS ZUM TEUFEL IST MIT DEINER TÜR PASSIERT , GOVERNOR ? WAS GEHT HIER VOR ?! SO ANTWORTE DOCH , MANN ! WIR KOMMEN JETZT REIN !«
    Wieder ein gewaltiger Hieb – das waren wohl Gabe und Bruce zusammen, die sich mit der Schulter gegen die Tür geworfen haben. Entweder das oder sie haben einen behelfsmäßigen Rammbock zur Hilfe genommen. Die Scharniere geben nach, Staub regnet zu Boden, und die Tür droht nachzugeben, obwohl Michonne sie mit Brettern zugenagelt hat.
    Sie hält das Schwert jetzt nur wenige Zentimeter von Philip Blakes schlaffem Pimmel entfernt.
    »Sieht so aus, als ob das, was von dir übrig ist, womöglich wieder verheilen könnte, falls du überleben solltest«, sagt sie mit sanfter Stimme, das Flüstern so leise, als ob sie mit ihrem Liebhaber sprechen würde. Sie weiß nicht, ob er sie überhaupt hören, geschweige denn verstehen kann. »Und das wollen wir doch auf jeden Fall verhindern, nicht wahr?«
    Mit einer einzigen Bewegung ihres Handgelenks trennt sie das Prachtstück des Governors nur wenige Millimeter über der Wurzel ab. Das
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