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The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

Titel: The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Kirkman , Jay Bonansinga
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hinter dem Gewebeband einen grotesken Seufzer aus, als ob man ein Schwein erwürgt.
    Sein ganzer Körper ist blutverschmiert. Das hölzerne Brett ist so rutschig wie eine frische Öllache. Eine eisige Kälte erfasst ihn, lässt sein Fleisch gefrieren.
    »Keine Angst«, will Michonne ihn beruhigen, aber er kann kaum noch hören, was sie ihm sagt. »Ich bin mir sicher, dass wir das Bluten stoppen können.« Sie zieht ein Zippo-Feuerzeug aus ihrer Tasche hervor. »Wo hab ich bloß wieder den Brenner hingetan?«
    In der schier unendlichen Zeit, die sie braucht, um den Brenner ausfindig zu machen – der Governor liegt in seinem eigenen Blut auf dem Boden, erstarrt vor Kälte –, ertönt erneut die Stimme in einer der hintersten Ecken seines Schädels. Sie jammert, heult, erstickt an ihrer eigenen, qualvollen Bitte: Gott, bitte lass mich nicht so sterben … Bitte … Rette mich … Lass es nicht so enden … Nicht so … Ich will sterben wie ein …
    GENUG !
    GENUG !!
    Tief im Innersten seiner Seele biegt Philip Blake um eine Kurve, und die Offenbarung schießt ihm das Rückgrat hoch und explodiert in seinem Schädel.
    Als würde sie sich durch Sirup bewegen, kommt Michonne in Zeitlupe mit dem Brenner in der Hand wieder auf ihn zu. Sie hält das Zippo-Feuerzeug an die Düse, die sich mit einem lauten Zischen entzündet. Aber ihr Anblick scheint ihn kaltzulassen, macht ihn nicht mehr nervös. Sie ist sein Schicksal auf zwei Beinen, und erst jetzt findet er zu sich selbst, zu seinem wahren Charakter. Er beobachtet sie, wie sie die züngelnde Flamme näher zu seinem Stumpen bringt. Er starrt sie mit einem Auge an – durch die fettigen Strähnen, die ihm ins Gesicht hängen –, und dann kommt ihm die bisher größte Erleuchtung.
    Es ist an der Zeit , denkt er und wirft ihr seine Gedanken mit seinem fiebrigen Blick an den Kopf. Ich lasse dir freien Lauf. Mach dein Ding. Ich fordere dich heraus. Los, mach schon, du Schlampe. Ich bin verdammt noch mal bereit zu sterben. Also bring mich um … Und zwar jetzt … TÖTE MICH ! ICH WETTE , DU HAST NICHT DEN VERFICKTEN MUMM DAZU ! NUN KOMMN SCHON UND TÖTE MICH , DU VERDAMMTE SCHLAMPE !!
    Sie hält die blaue Flamme an den blutigen Stumpen und brennt so das Blut und feuchte Gewebe an. In der Stille des Wohnzimmers knistert sein Körper, das Knochenmark zischt. Nebelschwaden füllen die Wohnung, und Philip erlebt die schrecklichsten Schmerzen seines Lebens.
    Die schrecklichsten!
    Aber leider, zumindest aus Philip Blakes Sicht, bringt es ihn nicht um.
    Dabei hat die Frau namens Michonne gerade erst mit ihrer Arbeit begonnen.
    Am anderen Ende der Kleinstadt wollen das allgegenwärtige Zirpen der Zikaden und das Rascheln der Äste im Wind unter dem freien, sternenübersäten Himmel einfach nicht aufhören. Die erste Schaufel voll Erde wird in die Feuerkuhle geworfen, und der sandige, dunkelbraune Humus, der so typisch für Georgia ist, landet auf dem Foto von Megan und Lilly. Austin versenkt die Schaufel erneut in den Erdboden und leert sie dann über dem Loch. Und noch eine Schaufel voll. Und noch eine. So lange, bis keines der symbolischen Objekte mehr zu sehen ist. Und die beiden stehen um die Feuerkuhle, als wäre es ein richtiges Grab.
    Plötzlich hält Austin mit dem Schaufeln inne und wirft einen Blick auf Lilly, die neben ihm steht, sich eine Decke eng um ihren Nacken gezogen hat und ihm zuschaut. Ihre Augen füllen sich mit Tränen, bis sie ihr die Wangen herunterkullern und die Decke feucht machen.
    Austin reicht ihr eine Schaufel mit Erde, und sie wirft sie in die Feuerkuhle.
    Keiner von ihnen sagt ein Wort, aber beide sind sich im Klaren, dass diese Zeremonie eine des Loslassens ist.
    Sie müssen sich verabschieden – von ihrer Trauer, ihrer Angst, ihrer Vergangenheit. Jetzt haben sie eine Zukunft. Sie haben einander und ein kleines, neues Leben in Lillys Bauch, das einen winzigen Funken Hoffnung verspricht. Sie füllen das Loch auf, und Austin legt die Schaufel ab.
    Dann gehen sie wieder zu den Baumstumpen und lassen sich in der Dunkelheit erschöpft nieder.
    »Oh, du bist wieder wach … gut.«
    Das Licht in dem fürchterlichen Wohnzimmer hat eine merkwürdig nebelige, beinahe traumartige Qualität angenommen, und die Stimme der Frau flattert um den Governor wie eine wunderschöne Motte. Er kann sie nicht mehr sehen – nur die Schatten, die über den Teppich neben ihm hin und her huschen –, aber er kann sie hören. Jetzt befindet sie sich direkt
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