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The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)
Autoren: Lee Goldberg
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in seiner Sporttasche, aber er bezweifelte, dass ein Spritzer Bactine und ein Heftpflaster dazu beitragen würden, dass sie sich besser fühlte.
    »Halten Sie einfach meine Hand und reden Sie mit mir«, sagte Molly, »bis Hilfe kommt.«
    Das konnte Tage dauern, wenn überhaupt jemand kam.
    Marty konnte nicht hierbleiben und warten. Er war auf dem Weg nach Hause. Wenn er es nicht bis zum Einbruch der Dunkelheit ins Tal schaffte, könnte es wirklich gefährlich werden. Sie würde das verstehen. Er musste es ihr nur sagen, dann würde sie ihn gehen lassen.
    »Sicher«, sagte er.
    »Könnte ich ein bisschen Wasser haben?«
    Er nahm eine der Flaschen aus seiner Tasche, drehte den Verschluss auf und träufelte ihr langsam etwas Evian in den Mund. Es fiel ihr schwer zu schlucken.
    Nach einer kleinen Weile sagte sie sanft: »Ich sollte überhaupt nicht hier sein.«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, sagte er.
    »Nein, wirklich. Es ist unrecht. Es gibt eine Autowerkstatt ganz in meiner Nähe, da hätte ich hingehen können. Aber diese Scheiß-Versicherungsfirma meinte, ich müsste das Auto in dieser Werkstatt in der Innenstadt reparieren lassen, sonst würden sie nicht zahlen. Das ist doch nicht gerecht, oder?«
    »Was ist passiert?«
    »Meine Tochter hat Traubensaft auf dem Sitz verschüttet. Ich griff nach hinten, wo die Papiertaschentücher lagen, damit es sich nicht überall ausbreitete, und dabei streifte ich ein parkendes Auto.« Molly drückte seine Hand, zaghaft, als wolle sie sich versichern, dass sie noch da war. »Zwei Unfälle in einem Monat. Die werden meine Beiträge jetzt ganz schön anheben.«
    »Niemand wird Sie hierfür verantwortlich machen.«
    »Sie kennen meine Versicherung nicht«, sagte sie. »Hat eigentlich schon jemand den Notruf angerufen?«
    »Ich habe es versucht, aber ich kriege keinen Empfang.«
    »Ich bin mir sicher, dass jemand angerufen hat.«
    In diesem Moment traf ihn die bestürzende Erkenntnis. Molly hatte keine Ahnung, was ihr zugestoßen war, was die eigentliche Ursache ihres Unfalls war. Und wenn er es ihr sagen würde, würde ihr nur bewusst, dass ihre missliche Lage wirklich niemanden interessierte.
    Niemanden außer ihn.
    Er hätte unter der Brücke durchgehen sollen, rissig hin oder her. Er hätte einfach ein Gebet sprechen und so schnell er konnte wegrennen sollen.
    »Sie sind aus Texas«, sagte Marty.
    »Thalia«, antwortete sie. »Ist eine ziemlich kleine Kleinstadt.«
    »Was hat Sie denn nach L. A. verschlagen?«
    »Auch ein Unfall«, Molly lächelte, an ihren Zähnen klebte Blut. »Clara ist jetzt fünf Jahre alt.« Sie ließ seine Hand los und zeigte auf die Sonnenblende. »Klappen Sie das mal runter.«
    Marty tat, wie ihm geheißen. Ein Foto war mit Gummiband an der Blende befestigt. Er schob es heraus und betrachtete es.
    Es war ein Foto von Molly, die mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht und einer kleinen Version ihrer selbst auf dem Schoß auf einer Picknickdecke irgendwo auf einer saftig grünen Wiese saß. Das Kind war mit vielleicht fünf Jahren alt genug, um zu wissen, wie man anbetungswürdig vor einer Kamera posiert.
    »Mein ganzes Leben besteht aus einer Reihe von Unfällen«, sagte Molly. »Clara ist der einzige davon, der mich glücklich gemacht hat.«
    Clara brachte Molly selbst jetzt, wo sie in Metall gewickelt mit einem Fremden Händchen hielt, zum Lächeln. Der Gedanke an ein Kind entlockte Molly genauso mühelos ein Lächeln, wie er Beth dazu brachte, in Tränen auszubrechen.
    »Haben Sie Kinder?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete er. »Wir haben es eine Zeit lang versucht, aber es hat nicht geklappt.«
    Monatelang hatte Marty sich zu angeblichen »Arbeitsessen« aus dem Sender geschlichen, um seine Mittagspause in einer Fruchtbarkeitsklinik in Beverly Hills zu verbringen, wo er in geschmackvoll eingerichteten Besucherräumen in einen Becher onanierte. Am Anfang war das gar nicht so übel. Man konnte seine Mittagspause auch auf unangenehmere Weise herumkriegen, als sich zu nicht jugendfreien DVDs einen runterzuholen.
    Doch eines Tages trat er mit seinem Becher aus seiner Besucherkabine und lief geradewegs Freddie Koslow in die Arme, einem Typen aus der Entwicklungsabteilung des Senders, der gerade aus der Kabine nebenan kam. Da standen die beiden unfruchtbaren Führungskräfte nun, mit ihren Spermabechern in der Hand, und diskutierten beiläufig über Entwicklungsprojekte, als hätten sie sich gerade zufällig im Bistro Garden getroffen.
    Das war das
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