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The Hood

The Hood

Titel: The Hood
Autoren: Gavin Knight
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Kollegen beginnt er zu planen, diese Botschaft stadtweit zu propagieren, indem alle Gangs der Bostoner Innenstadt gezwungen werden, an speziellen Foren teilzunehmen, die sie »Call-ins« nennen.
    Das erste Face-to-face Call-in wird im Mai 1996 in Boston abgehalten. An Händen und Füßen gefesselte Gangmitglieder, manche von ihnen in Knast-Overalls, werden in einen Gerichtssaal geführt. Draußen steht ein SWAT -Team Wache. Im Saal werden sie überrascht von den Allianzen: Cops stehen neben Mitgliedern der Community, schwarzen Geistlichen, Exhäftlingen, Müttern von Opfern. Die Cops machen dumme Bemerkungen, und manche von ihnen wirken gelangweilt, kauen Kaugummi und schnarchen provozierend. Dann treten die Führer der schwarzen Community vor. Sie neigen den Kopf und hören zu.
    »Eure Community interessiert sich für euch. Ihr seid wertvoll. Lasst mich euch eine Frage stellen. Wer meint, es ist okay, zwölfjährige Mädchen umzubringen?«
    Keiner rührt sich. Er hat ihre Aufmerksamkeit.
    »Ihr sagt, eure Freunde sind eure Brüder. Sie stehen hinter euch. Aber werden euch diese Freunde auch im Gefängnis besuchen?«
    Sie wägen das missmutig ab.
    »Wie lange wird es dauern, bis eure Freunde mit eurer Freundin schlafen, wenn ihr im Knast seid?«
    Ein Gangmitglied ruft: »Zwei Tage. Und es war mein Cousin.«
    Zum Zeitpunkt des ersten Call-ins ereignen sich pro Jahr durchschnittlich einhundert Morde in Boston, aber 1999 ist die Zahl auf einunddreißig gefallen. Kennedy exportiert seine Strategie nach Chicago und erzielt ebenso erstaunliche Ergebnisse. Innerhalb von achtzehn Monaten sinkt die Mordrate in einigen Vierteln um ein Drittel.
    2007 veranstaltet er das erste Call-in in Cincinnati, einer Stadt in Angst vor Gang-Schießereien.
    Der Gerichtssaal in Cincinnati ist mit sehr gefährlichen Menschen gefüllt. Sie sind schlecht gekleidet, sehen alles andere als normal aus. Die Amtspersonen wirken beklommen. Manche haben aufrichtig Angst. Draußen stehen bewaffnete Polizisten mit Schutzhelmen und Kampfausrüstung. Eine Mutter steht auf. Es fällt ihr offensichtlich schwer.
    »Ich weiß, dass ihr keine Angst vorm Sterben habt. Mein Sohn hatte auch keine Angst vorm Sterben. Aber er ist tot. Er ist jetzt schon eine ganze Weile tot. Ich erhielt den Anruf in der Küche. Ich bin schreiend auf dem Boden zusammengebrochen. Ich war fix und fertig. Ich habe meinen Mann verloren. Ich fing an zu trinken und Drogen zu nehmen. Ich habe noch zwei Söhne – ich liebe sie, liebe sie aus tiefstem Herzen. Ich war so fertig, ich konnte mich nicht um sie kümmern. Jetzt sind sie geschädigt fürs Leben. Wenn ihr euch umbringen lasst, wird eure Mutter hier stehen. Sie wird ich sein.« Als sie fertig ist, sind viele Gangmitglieder in Tränen aufgelöst.
    Neun Monate nach dem ersten Call-in in Cincinnati ist die Zahl der Morde in Verbindung mit Gangs um die Hälfte gesunken.
    *
    Nachdem sie Kennedys Geschichte gelesen hat, ist Karyn fest entschlossen, sich mit ihm zu treffen. Sie will herauszufinden, ob man sein Programm auf Glasgow übertragen kann. Sie besucht ihn in New York, wo er inzwischen als Professor arbeitet. Karyn erläutert die Herausforderungen, mit denen sie im East End konfrontiert sind.
    »In Boston ist es sehr viel anders als in Glasgow. In Boston geht es um die Kontrolle des Drogenmarkts. Dort sind sie überwiegend schwarz. Alle besitzen Schusswaffen. Bei uns ist es völlig anders.«
    Kennedy sieht jetzt älter aus, die langen Haare und der Bart sind graumeliert. Er sitzt vor einem Bücherregal und trägt einen schwarzen Nadelstreifenanzug und Sonnenbrille.
    »Wenn wir in eine neue Stadt gehen, sagt jeder, das hier ist nicht Boston«, sagt er. »Jeder sagt, bei uns ist es völlig anders. Wir sind an der Westküste, haben asiatische Gangs, unser sozialer Wohnungsbau besteht aus Hochhäusern. Die Leute finden jeden nur vorstellbaren Grund, warum es anders ist. Aber die Gewalt ist immer gekoppelt an eine überhitzte Gruppe. Sie überqueren einen Hof und legen Leute um, die sie hassen, weil es ihr Dad genauso gemacht hat. Sie sind gefangen. Sie haben Angst. Sie suchen einen Ausweg. Niemand zeigt ihnen einen Ausweg. Sie können gehen, wohin sie wollen, es ist überall das Gleiche.«
    Karyn nickt langsam, kneift die Augen zusammen. Er sieht, dass sie noch nicht ganz überzeugt ist.
    »Gehen Sie runter zum Red Hook Community Court. Dort unten gibt es einen Richter namens Alex Calabrese. Setzen Sie sich zu ihm an den Richtertisch
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