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The Hood

The Hood

Titel: The Hood
Autoren: Gavin Knight
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verblüfft von seinem Ausbruch.
    »In dem Augenblick, als sie durch diese Tür kamen, war es vorbei. Man bricht durch eine Tür. Man sieht einen Mann weglaufen. Man denkt nur noch: Er will seine automatische Waffe holen. Die Vorstellung, es hätte anders laufen können, ist dermaßen weltfremd und unverantwortlich – wir sollten diese Diskussion gar nicht erst führen. Das eigentliche Thema ist doch die Arbeit. So etwas wird immer wieder passieren. Es geht nicht um Cops. Es geht vielmehr darum, wie wir mit der Polizeiarbeit umgehen.«
    An einem anderen Tag spricht David Kennedy vor einfluss­reichen Geistlichen der schwarzen Gemeinden in Boston. Ihre Stimmen sind angespannt.
    »Sagen Sie mir, warum wir uns mit den Cops zusammensetzen sollten«, sagt einer. Die anderen nicken zustimmend. »Das ist nicht das erste Mal. Erinnern Sie sich an den Mord an Carol Stuart 1989?«
    David erinnert sich an den Beitrag in der Sendung CBS Rescue 911 und an Stuarts Hochzeitsfoto. Es wurde endlos gesendet. Jeder klebte an den Bildern. Die Kamera war im Heck der Am­bulanz, als das Paar mit lebensgefährlichen Schusswunden ins Krankenhaus gebracht wurde. Chuck Stuart hatte einen Bauchschuss, der Oberkörper nackt, stöhnend. »Oh, Mann!« Seine schwangere Frau Carol starb an einem Kopfschuss aus nächster Nähe. Sie waren auf dem Nachhauseweg von einem Geburtsvorbereitungskurs. »Wer war das?«, brüllt ein Cop Chuck Stuart an. Er sagt, ein Schwarzer hätte auf sie geschossen. Was einen riesigen Medienwirbel auslöst. Die Cops führen in Roxbury und Mattapan, den armen Schwarzenvierteln, Hunderte spontaner Personenüberprüfungen durch. Chuck identifiziert bei einer Gegenüberstellung einen Typ im Jogginganzug.
    »Hunderte junger Schwarzer schikaniert«, sagt der Geistliche. »Sie mussten die Hose runterlassen, wenn sie sich eine Tüte Milch holen wollten. Die Zeitungen nannten es eine Atmosphäre universeller Verdächtigungen.«
    »Ich erinnere mich. Es stellte sich dann heraus, dass Chuck selbst seine Frau erschossen hat, um ihre Lebensversicherung zu kassieren.«
    »Ja. Sie wollte ihren Job als Anwältin aufgeben. Er wurde nicht damit fertig, dass er seinen Lebensstil aufgeben sollte. Er arbeitete als leitender Angestellter in einem exklusiven Pelzgeschäft, bei Kakas an der Newbury Avenue, wo er rund 100 000 Dollar verdiente. Hatte einen Jacuzzi und einen Pool, draußen am Stadtrand. Schwarze Männer in Roxbury können von einem solchen Lebensstil nicht mal träumen.«
    Alle Augen sind auf Kennedy gerichtet, als sollte er vortreten und antworten.
    »Deshalb müssen wir uns alle zusammensetzen«, sagt er. »Deshalb müssen Sie und die Ten Point Coalition sich mit den Cops an einem runden Tisch zusammensetzen.«
    Die Geistlichen starren Kennedy fassungslos an.
    Eine Gruppe schwarzer Teenager drängt sich im Fond eines Autos in einer Seitenstraße der Wendover Street. Sie nehmen zwei 9-mm-Halbautomatik und stecken sie in einen Beutel, der aussieht, als sei er bereits randvoll. Einer von ihnen springt heraus, geht zu einem Polizisten und gibt ihm den Beutel. Er wirft einen Blick hinein und lässt ihn beinahe fallen.
    Kurz darauf steht David Kennedy im Polizeipräsidium und unterhält sich mit Paul Joyce, einem großen, drahtigen Marathonläufer mit rasiertem Schädel.
    »Wie haben Sie die Wendover-Street Gang dazu gekriegt, ihre Waffen abzuliefern?«
    »Wir haben ihnen einfach die Wahrheit gesagt«, erwidert Joyce.
    Kennedy hebt die Augenbrauen, wartet auf mehr.
    »Noch eine weitere Gang-Schießerei, egal, wer von ihnen dar­an beteiligt ist, dann muss die ganze Gruppe die Sache ausbaden.«
    »Dann hat die Gang angefangen, sich selbst zu kontrollieren?«, sagt Kennedy, kann es nicht wirklich glauben. »Verdammte Scheiße! Das ist ja unglaublich!«
    »Die Opfer kennen die Schützen«, sagt Joyce. »Wir kennen ­ihren Beef, wissen, was ihnen das Leben schwermacht.«
    »Das alles wissen Sie schon?«
    »Klar wissen wir das«, entgegnet Joyce. »Es ist nur, dass uns bislang noch niemand danach gefragt hat.«
    Für Kennedy ist es eine Offenbarung, dass eine bewaffnete Gang von Dealern auf direkte Ansprache reagiert, von Angesicht zu Angesicht. Er hätte sich niemals vorstellen können, dass Mörder einfach aufhören, sich gegenseitig abzuknallen, nur weil man sie darum bittet. Es bestätigt eine Vermutung, die er bereits sein ganzes Leben gehegt hat: Er glaubt an die außergewöhnliche Macht moralischer Verpflichtung. Mit seinen
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