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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany
Autoren: David Pawn
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Er nahm erneut einen tiefen Schluck aus der Flasche und sah sich Beifall heischend um.
    „ Eine tolle Geschichte“, ließ sich dann endlich Gerald vernehmen.
    „ Habe ich ein Glück, dass ich keine so blühende Phantasie habe“, sagte Martin und lachte schallend. Aber wer ihn besser kannte, Frank zum Beispiel, wusste, dass es ein falsches Lachen war.
    „ Lassen wir das“, wehrte der alte Mann ab. „Ich will euch noch eine komische Sache erzählen. Bei uns gibt es ja keinen Milchmann. Ich glaube, dass wir darüber ganz froh sein können. Aber seit mehreren Monaten kommt samstags immer ein Eiswagen in meiner Straße vorbei, und ich muss euch sagen, dass mir das Läuten der Glocke jedes Mal einen Schauer über den Rücken jagt. Wollt ihr wissen, warum?“
    „ Ja“, antworteten die fünf jungen Leute wie aus einem Munde. Der alte Mann erzählte seine Geschichte, doch diese kam Gerald merkwürdig vertraut vor.
     

Der Hurenkuss
    Der Mann betrat den schmutzigen, dämmrigen Hausflur und spürte sofort Übelkeit in sich aufsteigen. Das rote Licht, das ihn umgab, tauchte die Hässlichkeit des Treppenhauses in ein unwirkliches Licht. Es roch dumpf nach Urin, Sperma und billigem Parfüm. Auch die Rauchschwaden längst erkalteter Zigaretten fügten sich in diesen Reigen der Widerwärtigkeiten ein. Irgendjemandem hatte die Atmosphäre schon einmal den Magen umgedreht. Längst vertrocknet klebten Überreste davon an der Wand gegenüber der Treppe.
    „ EROS-CENTER“ war über dem Eingang dieses Hauses zu lesen gewesen. Aber „Bordell“ war vermutlich ein sehr schmeichelhafter Ausdruck für dieses Haus.
    Der Mann sah die Treppe hinauf. Das Fenster auf dem Treppenabsatz war seit Monaten wohl nicht mehr geputzt worden. Das Licht des langsam vergehenden Tages schlich sich verstohlen herein, als fürchte es ebenso, gesehen zu werden, wie es der Mann gefürchtet hatte.
    „ EROS-CENTER“ nein! Der Gott der Liebe hatte gewiss mit diesem Haus nichts zu tun. Er war nicht eingeladen gewesen, als man es eröffnet hatte, und wie die böse Fee im Märchen hatte er es verflucht. Niemand konnte erwarten, hier Liebe zu finden. Allenfalls bekam man billigen Sex. Lust, die einen bitteren Nachgeschmack im Mund hinterließ wie billiger Fusel. Der Geruch des Elends und der geilen alten Männer, die hier ein und aus gingen, setzte sich an einem fest und man bekam ihn nicht herunter, so wenig wie Lady Macbeth sich hatte das Blut von den Händen waschen können. Nicht die Liebe war hier zu Hause, sondern die Einsamkeit.
    ‚ Hatte ihn nicht auch die Einsamkeit von der Straße in dieses Haus geführt?‘ fragte sich der Mann. ‚Oder war es die Wollust?‘ Die Einsamkeit war sein ständiger Begleiter. Seit mehr als dreißig Jahren zog sie an seiner Seite durch das Leben. Öde war die Stadt, die ihn umgab. Öde war sein Herz.
    ‚. .. just a „Come on!“ from whores from 7th avenue ...‘
    Simon und Garfunkel sprachen dem Mann aus dem Herzen. Nur hin und wieder blieb ihm ein 'Na, Kleiner!' der Huren aus dem Bahnhofsviertel.
    ‚... there were times I was so lonesome I took some comfort there …’
    Aber dieses Haus war das schäbigste, das er je betreten hatte.
    Der Mann erreichte die erste Etage. Aus der Tür über der „Zu den Mädchen“ stand, kam ein amerikanischer Soldat. Er lächelte von einem Ohr zum anderen und zog den Reißverschluss seiner Uniformhose zu. Er hatte sein Geschäft abgeschlossen. Offenbar war es für ihn ein gutes Geschäft gewesen. „Hi“, grüßte er den Mann, der unschlüssig durch die offene Tür auf den Korridor lugte. Gleich gegenüber stand eine Asiatin im offenen Türrahmen. Aus ihrer Arbeitskleidung quoll ein üppiger Busen hervor. Sie lächelte honigsüß und zwinkerte dem Mann aufmunternd zu. Als dieser nicht reagierte, nahm ihr Gesicht sofort wieder einen gelangweilten Ausdruck an.
    „ Zu den Mädchen“! Diese fette Person mochte 45 sein, ging es dem Mann durch den Kopf. Ohne in dieser Etage weiterzugehen, stieg er höher. Langsam gewöhnte er sich an den widerlichen Geruch.
    Plötzlich vernahm er auf der Treppe ein lautes Poltern. Ein Betrunkener stürzte die Treppe hinunter und blieb auf dem Absatz direkt unter dem Fenster liegen. Der Kerl sah aus, als hätte er sich zur Einweihung dieses Hauses zum letzten Mal gewaschen. Seine Haare standen als graues Nest wirr vom Kopf ab. Sein Gesicht war runzlig wie bei einem hundertjährigen Greis. Mühsam versuchte der Betrunkene, wieder auf die Beine zu
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