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Teufelskreis

Teufelskreis

Titel: Teufelskreis
Autoren: Keith R. A. DeCandido
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die Möglichkeit, mit dem Boot zu reisen. Die Luft ist dafür da, dass wir atmen können. Der Boden gibt uns ebenfalls Nahrung, nicht zu vergessen, dass wir darauf unsere Häuser errichten können. Aus Bäumen bauen wir Boote. Selbst Regen und Schnee sind nützlich. Sie spenden uns Wasser, das wir zum Leben benötigen, und es ist von anderer Art als jenes, das uns die See anbietet… All das hat also eine weitreichende Bedeutung.”
    Rabin widmete sich konzentriert Boliks Fingernägeln, an denen er feilte. Indes lehnte sich der Kapitän entspannt auf dem Schemel gegen die Bordwand.
    „Und Nebel”, fuhr Rabin nach kurzem Schweigen fort, „sollte das gar keinen tieferen Sinn haben?”
    „Alles, was er tut, ist, uns im Weg zu sein - einen Nutzen kann ich daran nicht erkennen!” Bolik grinste, und seine frisch polierten Zähne glänzten im schwachen Schein der Laterne, die die Kajüte erhellte. Durch das Bullauge drang wegen des dichten Nebels, über den sich Rabin gerade ausließ, kein Licht. „Aber Schnee und Regen sind uns schließlich auch nicht selten im Weg.”
    „Wohl wahr, Kapitän, wohl wahr.” Rabin beendete die Schärfung des Daumennagels und wandte sich den anderen Fingern zu. „Aber wie ich bereits sagte: Schnee und Regen erfüllen einen höheren Zweck. Selbst wenn sie uns mitunter hinderlich sind, hat man doch wenigstens etwas davon, wenn man sich nur entsprechend darauf vorzubereiten weiß… Doch sagt mir, Sir, wie bereitet man sich auf Nebel vor? Er verstellt uns dem Anschein nach tatsächlich nur die Sicht, ohne dafür etwas Sinnvolles zurückzugeben.”
    „Vielleicht.” Bolik betrachtete seinen Burschen. „Oder vielleicht haben wir beide seinen geheimen Zweck nur noch nicht erkannt. Immerhin gab es einmal Zeiten, in denen wir nicht mal wussten, dass Schnee einfach nur gefrorener Regen ist. Die Orks von damals sahen Schnee genauso als Problem an wie wir heute zum Beispiel den Nebel. Doch schließlich wurde, wie du bereits bemerkt hast, sein wahrer Nutzen erkannt, nämlich, uns mit Trinkwasser in den kälteren Jahreszeiten zu versorgen. Deshalb ist es nicht der Fehler des Nebels, sondern unserer, wenn wir die Wahrheit noch nicht begreifen. Und so soll es wohl auch sein. Die Welt sagt uns, was wir wissen müssen, sobald wir dafür bereit sind - keinen Moment vorher. Das ist der Lauf der Dinge.”
    Rabin dachte über die Worte des Kapitäns nach, während er das Schärfen beendete und mit dem Polieren begann.
    „Ich vermute, das mag so sein, Sir. Aber das hilft uns heute nicht weiter, oder?”
    „Nein, da hast du Recht. Wie geht die Mannschaft damit um?”
    „So gut sie kann, denke ich”, erwiderte Rabin achselzuckend. „Der Ausguck sagt, er kann von da oben nicht die Hauer in seinem eigenen Gesicht sehen.”
    Bolik runzelte die Stirn. Das Boot schaukelte die meiste Zeit relativ gleichmäßig, doch jetzt hüpfte es ein wenig stärker. Das bedeutete normalerweise, dass sie in das Kielwasser eines anderen Schiffes geraten waren.
    Bolik stand von seinem Schemel auf, obwohl Rabin noch nicht fertig war und sagte: „Wir beenden das später, Rabin.”
    Rabin erhob sich von seinen Knien und nickte. „Aye, Kapitän.”
    Bolik nahm den Stab seines Vaters und verließ die Kajüte durch den schmalen Gang dahinter. Die Orgath’ar, die Bolik nach Orgath - seinem stolzen Vater und dem ursprünglichen Besitzer des Stabes, der im Kampf gegen die Brennende Legion gefallen war -, benannt hatte, war von Gnomen gebaut worden, weil er nur das Beste wollte.
    Der Schiffsbauer, ein schlauer alter Gnom namens Leyds, hatte Bolik versichert, dass er die Gänge extra breit anlegen würde, um der Leibesfülle von Orks gerecht zu werden. Unglücklicherweise waren die Auffassungen der Gnome von „extra breit” ein klein wenig anders als die von Bolik. Deshalb musste sich der Kapitän doch ziemlich anstrengen, um es zu schaffen, seinen massigen Körper durch den Treppenaufgang zu zwängen, der zum Deck führte.
    Als er die Treppe hinaufstieg, sah er seinen Ersten Maat Kag heruntersteigen, der sofort stehen blieb, als er den Kapitän gewahrte. „Ich wollte gerade zu Euch, Sir.” Kag lächelte, und seine langen Hauer trafen fast seine Augen. „Ich hätte wissen müssen, dass Ihr die Veränderung spürt.”
    Bolik lachte, aber als er wenig später in Begleitung des Maats auf das Deck trat, bereute er es, Kag nicht zu sich nach unten gerufen zu haben. Der Nebel war so dicht, dass er mit dem Schwert hätte geschnitten
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