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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
Autoren: Annelie Wendeberg
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schloss die Augen und lauschte in meiner eigenen Dunkelheit dem leisen Klick-Klick des Blutes, das auf die Steinfliesen tröpfelte.
    Ein paar Minuten später begann der Wirbelsturm mit einem Klopfen an der Tür. Ich blieb still, das Klopfen wurde dringlicher, dann kamen Rufe hinzu. »Dr. Kronberg? Was ist los? Ich befehle Ihnen, sofort die Tür zu öffnen!« Es war die Stimme von Stark.
    Er hantierte am Schloss und versuchte die Tür gewaltsam zu öffnen. Einige Minuten vergingen, bis sie den Ersatzschlüssel gefunden hatten. Er streckte den Kopf durch die Tür und brüllte: »Ein Ausbruch! Wache! Schnell!«
    Das Blut hatte sich in einem kleinen dunklen Teich auf dem Boden gesammelt, und ich ließ meine Gedanken zurück zu der Nacht am Moorsee wandern.
    Nach einer Weile kam Nicholson herein. Ich sah ihn durch meine halb geschlossenen Augen. Methodisch setzte er einen Fuß nach dem anderen auf den Boden.
    Ich stellte mir vor, wie eine gespaltene Zunge zwischen seinen dünnen Lippen hervorschnellte; eine riesige Anakonda, die die Luft kostet, auf der Suche nach der nächsten Mahlzeit.
    Dann piekte er die Spitze seines Schuhs in meinen Unterleib. Auch das tat er langsam und gezielt. Ich musste ein Grollen unterdrücken und hatte das dringende Bedürfnis, ihm bei lebendigem Leib die Beine abzuhacken. Ein leises Ächzen zwängte sich durch meine Lippen. Nicholson stellte den Fuß wieder auf den Boden und ließ mich allein.
    Hektik verbreitete sich im Saal. Ich hörte Schreie, Schüsse und Holmes’ kommandierende Stimme. Ein sehr warmes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus.
    Zwei Polizisten kamen herein. Einer gab mir eine Ohrfeige, um mich zu wecken und zerrte mich auf die Füße. Der andere legte mir hinter dem Rücken Handschellen an. Ich ließ meinen Kopf hängen, damit niemand das triumphierende Grinsen sah, das nicht von meinem Gesicht weichen wollte. Den andern Männern – Stark, Nicholson, Bowden, diverse Wächter und dem Personal von Broadmoor – erging es genauso wie mir. Holmes stand dabei und sah sehr zufrieden aus. Wir vermieden Blickkontakt.
    Man verlud uns Kriminelle in einen offenen Pferdewagen, zusammen mit zwei Inspektoren, die uns ihre Revolver vor die Nase hielten. Die anderen Polizisten und Holmes waren hinter uns in einer Droschke und in Bowdens Kutsche. Es sah so aus, als hätte Holmes die komplette örtliche Polizeitruppe angeheuert.
    Auf dem Weg zur Polizeistation passierten wir ein besonders holpriges Stück Kopfsteinpflaster. Ich stand halb auf und protestierte gegen diese unmögliche Behandlung eines Arztes, der nur der Menschheit dienen wollte. Ich tat es recht laut – und gab Nicholson dann einen Kopfstoß, als ich vornüberfiel. Das Knacken seines Nasenbeins war in höchstem Maße befriedigend! Der Mann protestierte mit Elan, spuckte Blut und beschimpfte mich.
    Der Wagen hielt an. Einer der Polizisten warf mich zurück auf den Sitz. Nicholson blutete ausgiebig, seine Augen glänzten voller Hass. Ich war sicher, er hätte mich auf der Stelle erwürgt, wenn nur seine Hände frei gewesen wären. Ich schenkte ihm ein Lächeln. Das verbesserte seine Laune nicht sonderlich.
    Ich fühlte mich wie eine Königin auf ihrem Thron. Die Zeiten des Clubs waren vorüber.

    ach zwanzigminütiger Fahrt erreichten wir die örtliche Polizeidienststelle.
    »Stecken Sie diesen Mann in eine Einzelzelle, Inspektor. Er war der Kopf der Bande, und ich werde ihn sofort vernehmen«, sagte Holmes mit sehr überzeugender Härte in der Stimme. Selbst die kleinen Härchen in meinem Nacken glaubten es ihm und richteten sich auf.
    Ein Inspektor schob mich in einen Vernehmungsraum und drückte mich auf einen Stuhl. Er schloss die schwere Eisentür hinter sich. Kurz darauf wurde sie wieder geöffnet. Ich hörte Holmes’ Schritte, die Tür wurde wieder geschlossen – was mich überraschte. Dann machte er zwei lange Schritte in meine Richtung, bevor sein Gesicht vor meinem erschien.
    Überaus vorsichtig untersuchte er meinen Kopf. Der Schnitt, den er verursacht hatte, war keine große Sache. Die Platzwunde an der Stirn tat weh, würde aber bald verheilen. Er war so darauf konzentriert, meine oberflächlichen Wunden mit sanften Fingern zu untersuchen, dass er meinen Blick nicht bemerkte.
    Ohne nachzudenken, schloss ich meine Lider und schmiegte mein Gesicht in seine Hand. Er erstarrte, genauwie Zeit und Raum. Alles, was zu hören war, war das Poltern meines Herzens und unser beider Atemgeräusch. Er kam näher, und
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