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Terakon

Terakon

Titel: Terakon
Autoren: Eva Maria Klima
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kaum
erwarten.
    Da nun alle am Tisch Verbleibenden Lust hatten zu tanzen, tanzten wir. Später
wurde eine Flasche Bacardi an das Paar, welches am aufreizendsten tanzte,
verlost. Was soll ich sagen, wir waren betrunken, übermütig und wollten diese
Flasche. Zwei Stunden später machten wir uns mit dem letzten Bus auf den
Heimweg.
    Meine Wohnung lag in der Akademiestraße, eigentlich handelte es sich dabei mehr
um ein großes Zimmer mit Kochgelegenheit und Bad. Es war nicht viel, aber es
gab mir die nötige Privatsphäre. Der Platz für ein Gästebett war nicht
vorhanden, daher schliefen wir beide in meinem Doppelbett. Mit der Dekoration
des Zimmers hatte ich mir Mühe gegeben und daher wirkte es heimelig. An der
Wand über meinem Bett hing ein alter indianischer Traumfänger, ein Geschenk meiner
Eltern.
    Am nächsten Morgen ging ich als erstes ins Badezimmer, genoss eine Dusche,
putzte mir die Zähne und schminkte mich dezent. Da Sarah noch schlief, schrieb
ich ihr eine Nachricht, verließ die Wohnung, spazierte zum Zentrum Herrnau,
besorgte frische Semmeln für das Frühstück und Orangensaft gegen den Kater.
Sarah schwor auf Orangensaft. Als ich zurückkam, schlief sie noch, also nahm
ich meine Unterlagen zur Hand und lernte ein wenig.
    Gegen Mittag war Sarah immer noch nicht wach und da meine Schicht im Kino
bereits in einer Stunde begann, frühstückte ich alleine und zog meine
Arbeitskleidung, bestehend aus einem blauen Hemd und einer schwarzen Hose, an.
Ich verließ die Wohnung, noch bevor sie wach wurde.
    Das Kino am Bahnhof befand sich mit vielen Bars und Restaurants im selben
Gebäude. Wenn man dieses Gebäude betrat, war das einzige, das an ein Kino
erinnerte, der blaue Ticketschalter. Meine Arbeitskollegen warteten bereits auf
mich. Meine erste Aufgabe an diesem Tag war es, für Popcorn-Nachschub zu
sorgen. Das bedeutete in den kleinen Raum mit der Popcornmaschine zu gehen,
immer wieder Körner, Salz und Fett in die Maschine nachzufüllen und das
entstehende Popcorn in große, gelbe Säcke zu packen. Normalerweise machte ich
das gerne, aber mit einem vom Alkohol noch mulmigen Magen war der Geruch von
frischem und fettem Popcorn ein Graus. Später verkaufte ich Snacks am Kiosk und
anschließend kümmerte ich mich um den Saaleinlass bei einem der unteren Säle.
Stefan, einer der Männer vom Vorabend, besuchte gemeinsam mit einer
wunderschönen Frau diese Vorführung. Er war in einen langen, eleganten
Ledermantel gekleidet. Der dunkelbraune Mantel hatte exakt die Farbe seiner
Haare. Seinem schönen und perfekten Gesicht fehlte es meiner Meinung nach an
Ausdruck. Er war hübsch, keine Frage, aber es fehlte einfach das gewisse Etwas,
das die Symmetrie durchbrach. Durch den fehlenden Farbkontrast zwischen Mantel
und Haaren ähnelte sein Anblick einem Gemälde. Er erkannte mich sofort. Er
wirkte unschlüssig. Rang er wegen etwas mit sich selbst? Was auch immer es war,
es konnte nichts mit mir zu tun haben, oder doch?
    Als ich das Kino verließ, wartete Sarah bereits auf mich. Alessandro hatte sie
angerufen und für kommenden Freitag eingeladen. Sie sollte mir ausrichten, auch
ich wäre herzlich willkommen.
    Sarah hätte nächstes Wochenende arbeiten müssen, aber sie hatte bereits alle
Hebel in Bewegung gesetzt, mit einer Arbeitskollegin die Schicht getauscht und
sich somit für nächstes Wochenende bei mir eingeladen. Am Sonntag fuhr sie
zurück nach Innsbruck. Ich tauschte meine nächste Samstagsschicht im Kino mit
einer meiner Mitarbeiterinnen, um nicht wieder nach einer schlaflosen Nacht
arbeiten zu müssen. Diese Woche würde ich also dienstags jobben.
    Ich studierte nun schon das siebte Semester Computerwissenschaften. Während der
Großteil der Fächer in unserem eigenen Institut im Norden Salzburgs
unterrichtet wurde, hatten wir manche Fächer an der Nawi, so nennen die Studenten
die naturwissenschaftliche Fakultät, die sich praktischerweise in Gehweite
meiner Wohnung befand. Die Nawi ist ein bekanntes und sehr schönes Gebäude. Ich
überquerte den runden Vorhof mit seinem imposanten Steinbrunnen und betrat wie
jeden Montag pünktlich um acht Uhr die Fakultät. Ein Freund von mir und ich
hatten es uns zum Ritual gemacht, unsere Aufgaben montags vor dem Seminar
gemeinsam zu überprüfen. Ich setzte mich in unsere übliche Lernecke und wartete
auf Andreas.
    Ich nützte die Zeit, um über die seltsamen Ereignisse in der Disko
nachzugrübeln und an Michael zu denken. Wie er aussah, seine
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