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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht
Autoren: Dirk van den Boom
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bemerkenswerten technologischen Vorsprung erreicht, der den Untergang aber nur hatte herausschieben können. Es gab keinen dokumentierten Fall einer vierten Invasion, wenngleich alle Allianzforscher einräumten, dass sie auch nicht alle potenziellen Opfer der Tentakel kannten. Das Tentakelreich dehnte sich seit Jahrtausenden in alle Richtungen aus, nur mit relativistischer Geschwindigkeit zwar, aber mit grausamer und berechenbarer Beständigkeit. Es umfasste bereits über 800 Sternsysteme und würde sich weitere einverleiben, immer und immer weiter, und keine Ruhe geben, bis …
    Nein. Kein bis. Sie würden niemals Ruhe geben. Im Notfall würden sie die heimatliche Milchstraße verlassen und auch Andromeda oder einen der vorgelagerten Kugelsternhaufen in ihre Pläne einbeziehen.
    Soweit man überhaupt von »Plänen« reden konnte.
    Mirinda betrachtete Sobhex 4, der sich auf seinem Platz zurechtrückte. In wenigen Augenblicken würde der Kommandant der Haark zu einer weiteren, fruchtlosen Besprechung eintreffen, eine Mischung aus gegenseitigem Aushorchen und diplomatischem Tanz. Ein Schnellschiff der Militärführung schoss dem Behemoth entgegen, an Bord zwei Generäle der Staatsführung, die ganz offiziell und richtig mit der Allianz sprechen sollten. Die Sphäre befand sich in heller Aufregung, seit die Botschaft des toten Slap die Sphäre erschüttert hatte. Mirinda war sich nicht ganz im Klaren darüber, ob die Weiterleitung von Slaps Nachricht ein unverzeihlicher Fehler oder ein Glücksfall gewesen war. Jedenfalls trieb es die Terraner zur Eile an.
    Eile war in der Tat geboten.
    Mirinda strich unter ihrem weit geschnittenen Gewand sich mit der Hand unbewusst über die zarte, samtweiche Haut der tentakelbewehrten Rosette zwischen ihren Brüsten. Die dahinter liegenden Muskelringe in ihrem Brustkorb zogen sich erwartungsvoll zusammen und sie entsann sich, wie sie mit diesem Proteinaufnahmeorgan den Penis des toten Slap an- und ausgesaugt hatte, eine angenehme Erinnerung, wenn sie es recht betrachtete. Sie vermisste ihn, soweit sie dazu als Avatar in der Lage war.
    Die Tür öffnete sich und Mirinda richtete ihre Aufmerksamkeit auf die drei Menschen, die den Raum betraten.
    Da war Capitaine Geraldine Legard, die Kommandantin der Haark, die sie bereits mehrfach getroffen hatten . Die beiden anderen Menschen, beides Männer, waren ebenfalls bekannt: Sie hießen Jonas Patrinsky und Arthur Metz und gehörten zum taktischen Planungsstab der Schlachtschiffgruppe, die normalerweise von der Haark angeführt wurde. Derzeit bestand diese nur noch aus ein paar kleineren Begleiteinheiten, also hatten diese beiden Offiziere aller Wahrscheinlichkeit nach nicht allzu viel zu tun.
    »Botschafter!«, begrüßte Legard Sobhex 4 und deutete eine Verbeugung an. Sie hatte zum Glück bereits früh begriffen, dass die Allianzvertreter keinen Wert auf allzu viele Förmlichkeiten legten. Diese Haltung kam der Kommandantin sehr gelegen, schien es Mirinda.
    Dass sie selbst nur mit einem Blick bedacht wurde, störte sie nicht. Mirinda hatte schnell gemerkt, dass sie auf sehr unterschiedliche Art wahrgenommen wurde. Für die männlichen Besatzungsmitglieder war sie genau das, was sie auch für Slap gewesen war: ein exotisches Sexobjekt, das durch seine Unerreichbarkeit – wer würde eine offizielle Botschafterin anbaggern wollen? – noch umso begehrenswerter wurde. Für andere, vor allem die Frauen, war sie nur eine Sexpuppe, die reden und sich bewegen konnte, und das war spätestens so, seitdem man sie über ihren Charakter als künstlich geschaffenen Avatar informiert hatte. Es war faszinierend, fand Mirinda: Obgleich die Menschen sowohl über Künstliche Intelligenzen wie auch eine durchaus ausgefeilte Klontechnologie verfügten, schafften sie es nicht, anderen als natürlich geborenen Bewusstseinen durchweg den gleichen Wert zuzubilligen wie sich selbst. Sicher, es gab offenbar gesetzliche Regelungen, die den Status der KIs wie auch der Klone über den reiner Gegenstände erhoben. Doch hatte Mirinda nicht den Eindruck, dass man hier von einer echten Gleichwertigkeit ausgehen konnte. Die Frauen, und Kommandantin Legard an erster Stelle, sahen in Mirinda eine Ablenkung der männlichen Kollegen, einen Trick der Allianz zur Beeinflussung der Verhandlungen und damit nicht mehr als ein perfides Instrument zur Manipulation – und das auch noch auf eine Art und Weise, die nur allzu offensichtlich primitivste Triebe ansprach.
    Kurz und gut,
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