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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht
Autoren: Dirk van den Boom
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zu verbreiten, wo es ging.
    Johanna schrieb Slap eine Nachricht und erklärte ihm, was sie getan hatte. Sie bat ihn, die Community auf dem Laufenden zu halten, und wünschte ihm alles Gute.
    Slap würde es schon schaffen, dessen war sie sich sicher.
    Er war einer von diesen Typen, die es immer überlebten.
        
     

41
     
    Es war heiß.
    Es war trocken.
    Es war die Wüste.
    Roby mochte die Wüste nicht.
    Er stand auf der frisch gegossenen Stahlbetonmauer. Die Form der Befestigung war charakteristisch für einen Festungsbau: keine gerade, ebene Fläche, sondern eine , die einen massiven Tentakelansturm zu brechen verstand. Dennoch war sich Roby sicher, dass die Rahels hier falsch kalkuliert hatten.
    »Ich weiß nicht, wie das damals war, während der ersten Invasion«, wandte er sich an die Rahel, die ihn in zehn Meter Höhe auf den Mauerrundgang begleitet hatte. »Aber ich denke mal, dass sie diesmal viel stärker auf Artillerie und Bodenfahrzeuge setzen werden als vorher. So eine Mauer hilft da nur begrenzt.«
    »Sie befinden sich im Irrtum, und das gleich doppelt«, erklärte die Soldatin in einem Tonfall, der sowohl belehrend wie auch leicht ungeduldig klang. Die Haut der Frau unter dem dünnen Kaki-Hemd war braun gebrannt, genauso wie die von Roby. Zwei Wochen hielt er sich bereits in diesem Gebiet auf, in dem die Sonne dermaßen unbarmherzig auf alle niederknallte, dass man ihrer Wirkung beim besten Willen nicht entrinnen konnte.
    »Zum einen«, erklärte die Rahel, »haben die Tentakel auch während der ersten Invasion Artillerie eingesetzt. Der Kampf begann mit dem Abwurf kinetischer Geschosse auf wichtige Anlagen. Andererseits scheinen die Tentakel darauf zu achtzugeben, keine zu großen Zerstörungen anzurichten – wir wissen von den anderen Kolonialwelten, dass sie vorhandene Infrastruktur gerne nutzen und für ihre Zwecke transformieren.«
    Roby machte eine winkende Handbewegung. »Geschenkt.«
    »Zum Zweiten haben wir diese Anlage so bauen lassen, dass sie aus dem Orbit wenig auffällig wirkt. Die Energiesignaturen sind gering, wir haben den Großteil der Bewegungen unterirdisch gelegt, weit und breit findet sich keine Menschenseele – wir hoffen, dass zu Beginn der Invasion die Tentakel sich woanders verlustieren werden. Das wird sich natürlich rasch ändern.«
    »Weil Ihre Flüchtlinge hierher kommen werden.«
    »Das auch. Aber vor allem, weil jene kommen werden, für die wir die Festungsmauern eigentlich gebaut haben.«
    »Wer ist das?«
    »All jene, die wir nicht mitnehmen können und die ihrer Enttäuschung darüber sicher auf nachdrückliche Art Ausdruck verleihen werden.«
    Roby starrte die Rahel an, dann wischte er sich über die spröden Lippen. Das hatte er noch gar nicht bedacht. Natürlich würde die Absetzbewegung der Rahelista – wie sie mittlerweile von jenen genannt wurden, die über ihre Existenz informiert waren, ein Begriff, der die Klonsoldatinnen wie auch die Anhänger der Verschwörerkirche mit umfasste – nicht unerkannt bleiben. Leute würden Fragen stellen. Sie würden diesen seltsam entschlossenen und nicht halb so verzweifelt wirkenden Menschen folgen. Sie würden hier ankommen und irgendwann merken, dass es kein Weiterkommen gab – sie hatten kein Ticket.
    Sie würden bewaffnet sein. Die Tentakel im Rücken, die Fluchtmöglichkeit vor ihnen, eine hohe Mauer dazwischen.
    »Sie wurden nicht nur geschaffen, um die Fluchtbewegung vor den Tentakeln zu schützen«, stellte Roby tonlos fest. »Sie sind auch dafür da, gegen jene Menschen zu kämpfen, die sich gewaltsam Zutritt verschaffen wollen.«
    Die Soldatin nickte.
    »Wir haben eine errechnete Fluchtkapazität von etwa 15 000 Personen. Diese sind alle registriert oder werden gerade registriert. Für mehr gibt es schlicht keinen Platz.«
    »Wo gibt es diesen Platz überhaupt?«
    Wie immer ignorierte die Rahel diese Frage.
    »Für mehr gibt es keinen Platz«, wiederholte sie bekräftigend. »Die anderen müssen hierbleiben. Wenn Sie unsere Anlage stürmen würden, könnten auch die Registrierten nicht fliehen. Niemandem wäre gedient. Wir müssen dafür sorgen, dass dieser Fall nicht eintritt.«
    »Sie würden also auf verzweifelte Flüchtlinge schießen?«
    »Aber ja. Ein sauberer Tod durch unsere Waffen ist dem grausamen Schicksal, das ihnen durch die Tentakel bevorsteht, in jedem Falle vorzuziehen.«
    Roby versuchte, sich sein Entsetzen über so viel Kaltblütigkeit nicht anmerken zu lassen. Der Logik dahinter
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