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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht
Autoren: Dirk van den Boom
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der Weltöffentlichkeit verblieben. Es bestand Hoffnung, dass das zynische Endzeitszenario, dass die Soldatin ihm gerade eröffnet hatte, sich noch nicht allzu bald vor diesen Mauern abspielen würde. Dass es ganz und gar nicht eintrat, daran wagte auch Roby nicht mehr zu glauben .
    Er spürte die Hand der Rahel auf seiner Schulter. Er hatte gar nicht gemerkt, wie lange er gedankenverloren geschwiegen hatte.
    »Eine Meldung«, sagte sie leise und mit tiefem Ernst. Roby sah sie an und fühlte sich unmittelbar alarmiert. Dies war das erste Mal in den vergangenen zwei Wochen, dass ihn eine der Klonsoldatinnen berührt hatte. Dies verlieh der Geste eine … Bedeutung.
    Sie sagte ihm nicht, worum es ging. Sie hielt ihren eigenen Kommunikator in der Hand, aber erst jetzt bemerkte Roby das Vibrieren seines Militärgeräts im Gürtel. Er zog es hervor und sah, was er die ganze Zeit erwartet hatte, aber nie hatte sehen wollen.
    Es war ein rotes Symbol, nichts weiter.
    Jeder Soldat der Sphäre kannte dieses Symbol. Es war das Erste, was sie in der theoretischen Ausbildung lernten.
    Wenn dieses Symbol auf den Schirmen auftauchte, war es soweit.
    Die Invasion der Tentakel auf der Erde hatte begonnen.
    Unwillkürlich blickte Roby in den blauen Himmel, erwartete die Kondensstreifen landender Tentakelschiffe. Doch es blieb alles so friedlich, wie es die ganze Zeit gewesen war.
    Roby tippte mit dem Zeigefinger auf das Symbol. Die Nachrichten des militärischen Geheimdienstes erschienen auf dem Display und rollten herunter. New York. Berlin. Paris Nouveau. Tokyo. Beijing. Moskau. Die Liste der großen Metropolen wurde länger und länger. Neben jeder Nennung unterschiedliche Symbole. Eines für taktische kinetische Angriffe, meist kleinere Meteoriten, die aus dem Orbit abgeworfen wurden. Diese waren selten. Die Sphärenflotte kannte die Abwurfschiffe und versuchte sie prioritär davon abzuhalten, in den Orbit einzudringen. Auch die automatischen Wachsatelliten waren auf die kinetischen Angriffe programmiert und es gelang oft, herantrudelnde Geschosse in kleinere Stücke zu zerblasen, die daraufhin ohne Probleme in der Atmosphäre verglühten. Manche kamen durch. Wenige, aber immer noch zu viele.
    Ein anderes Symbol sprach von Landungen, und dann von solchen in verschiedenen Abstufungen, aufgeteilt in fünf Kategorien. Kategorie 5 war die schwächste mit nur leichter Feindberührung. Kategorie 1 stellte die Bildung eines Brückenkopfes dar, der bewusst als zukünftige Basis weiterer Landeoperationen dienen würde. Fast alle Meldungen waren in die Kategorien 1 und 2 einzuordnen. Und selbst aus kleinen Städten und ländlichen Gebieten kamen Meldungen der Klassen 4 und 5. Überall gingen die Tentakel nieder, auf breiter Fläche. Die Flotte hielt viele Landungsschiffe auf. Dass es den Aliens trotzdem gelang, so eine Menge an Soldaten herunterzubringen, sagte einiges über ihre Überlegenheit aus.
    Wieder warf Roby einen unwillkürlichen Blick in den Himmel.
    Da tat sich gar nichts.
    »Wir sind weit weg von jeder Siedlung. Die Tentakel bevorzugen besiedeltes Gebiet. Jeder Sporentreffer ein Wirt für den Nachwuchs an einfachen Kriegern. Und sie wissen, dass wir in besiedelten Gegenden keine breitflächigen Bombardements auslösen.«
    Roby bemerkte, dass sie »wir« gesagt hatte.
    Immerhin, das war doch schon mal ein Anfang.
    »Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Militärführung auch den Einsatz von Nuklearwaffen anordnen wird, wenn die Lage allzu bedrohlich wird«, kommentierte Roby.
    Die Rahel sah ihn an, ehe sie zögerlich nickte. »Ja. Bis dahin sind wir hoffentlich fort.«
    Roby zögerte einen Moment, dann räusperte er sich. »Wir – bedeutet das, dass alle Klonsoldatinnen auch die Erde verlassen werden?«
    »Nein.«
    »Warum nicht? Das erscheint mir unangemessen grausam.«
    »Die Grausamkeit wurde vor langer Zeit begangen.«
    »Was ist damit gemeint?«
    »Als Rahel Tooma den Bauplan für uns Klone genehmigte, hat sie dafür gesorgt, dass unsere Lebenserwartung begrenzt ist – auf etwa zwei Jahre.«
    Roby schwieg.
    »Würden wir mitfliegen«, fuhr die Soldatin fort, »wäre dies reine Verschwendung.«
    Roby sah sie an und suchte nach Emotionen in ihrem Gesicht, so etwas wie Wut, Ärger, Enttäuschung, Bitterkeit – irgendetwas. Er wusste, dass die Rahels Empfindungen hatten. Er forschte genau, intensiv, nach jedem Anzeichen.
    Er fand nichts. Ein wenig ruhige Entschlossenheit, wenn er das überhaupt richtig interpretierte. Aber
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