Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
Menschen die Kuppeln würden verlassen können. Das große Thetis-Habitat wiederum bestand aus einer großen Forschungs-, Industrie- und Militärstation, die man nach dem Tentakelkrieg errichtet hatte. Dort waren die besten Köpfe des Systems zusammengefasst und dort wurde mithilfe der Ressourcen der äußeren Welten und Monde all das produziert, was der gigantische Militärapparat der Sphäre zu benötigen meinte. Die Ressource, die am meisten fehlte, das wusste jeder, waren geeignete Rekruten. Und Slap war dermaßen geeignet, dass selbst das rüde System der Sphäre ihm offenbar mit so etwas wie einem Mindestmaß an Respekt zu begegnen schien .
    Slap hoffte, dass über Roby ähnlich gute Sterne wachen würden. Er ging nicht davon aus, seinen alten Freund jemals wiedertreffen zu können.
    Das Shuttle wirbelte einmal um die eigene Achse, um in die richtige Position für den Landevorgang zu kommen. Die Sterne schwirrten nur so über die Bullaugen, obgleich man von der eigentlichen Bewegung lediglich ein sanftes Zittern spürte.
    José würgte wieder lautstark in seine Tüte.
    Slap war für die Schwerkraft sehr dankbar.
        
     

6
     
    Roby würgte und erbrach sich in den Schlamm. Die Erschöpfung, die er fühlte, war etwas, was er so noch nie in seinem Leben erlebt hatte. Die Tatsache, dass die Ausbilder mit ihren Elektrostäben regungslos danebenstanden und jeden, der zusammenbrechen drohte, gnadenlos mit den Waffen traktierten, bis er entweder bewusstlos war oder sich wieder aufraffte, hatte sicher dazu beigetragen.
    Hier jedoch war kein Ausbilder. Dieser Teil des Kurses lag in einem Gehölz, nicht in direkter Sichtlinie ihrer Peiniger. Roby gönnte sich einige Augenblicke der Ruhe. Sein Herz pumpte schmerzhaft in seinem Brustkorb. Die Galle stand in seiner Kehle. Er streckte die Zunge heraus und ließ Regentropfen in seinen Mund prasseln. Er trug eine gefüllte Wasserflasche an seinem Gürtel, aber in den bisherigen drei Stunden ihres Trainings im Freien hatte er nicht einmal die Erlaubnis erhalten, auch nur einen Schluck daraus zu trinken.
    Der Regen war erfrischend. Roby legte den Kopf in den Nacken.
    Eine Sekunde später lag er schreiend und zuckend im Schlamm, spritzte mit seinen erratischen Arm- und Beinbewegungen Dreck in alle Richtungen. Der Elektrostab hatte ihn direkt am Arsch getroffen, an den empfindlichen Nerven, die an seinen Pobacken zusammenliefen. Tränen vermischten sich mit Regen und Matsch, als sein hochgepeitschter Körper langsam wieder zur Ruhe kam.
    Ein Gesicht beugte sich über ihn, bar jeder Emotionalität. Roby hätte es besser vertragen, wenn ihn diese Männer anschreien würden. Aber sie zeigten nur eine kalte Verachtung, als ob sie das Schicksal der Rekruten nicht im Geringsten interessiere und sie nur eine lästige Pflicht absolvieren würden. Wahrscheinlich war das auch so. Für die Ausbilder waren die Delinquenten bloß eine Art von Material, Menschenmaterial, und zwar von minderer Qualität.
    Roby stützte seinen Oberkörper auf. Er fühlte diese tiefe, alles umfassende Schwäche in sich, eine Art von Fatalismus, der ihm neu war. Da war keine Kraft mehr, nichts, was ihn aufrecht erhielt . Er sah, dass sich der Ausbilder vor ihm auf einen Baumstumpf gehockt hatte. Er spielte mit seinem Elektrostab und schaute auf Roby hinunter.
    Dann sprach er.
    »Wissen Sie, Rekrut, es gibt verschiedene Arten von Dreck.«
    Roby starrte ihn fragend an.
    »Es gibt Dreck, der sich nach einem harten Marsch in jede Pore unserer Haut bohrt. Dreck, den wir mit uns herumtragen nach einem langen Tag schwerer Arbeit. Ehrlichen Dreck.«
    Roby grunzte etwas. Sollte der Trottel doch ruhig reden. Er war für jeden weiteren Augenblick, in dem er sich ausruhen konnte, ausgesprochen dankbar.
    »Dann gibt es Dreck, den andere auf uns spritzen. Weil sie unachtsam waren oder weil es ihnen egal ist. Weil sie es lustig finden. Diese Art von Dreck ist ein Ärgernis, eine Provokation oder ein notwendiges Übel. Kommt ganz darauf an.«
    Roby sagte nichts, versuchte aber, aufmerksam auszusehen, damit der Ausbilder weitersprach. Rede nur, dachte er. Rede, rede, rede und lass mich hier in meinem gemütlichen, nassen, weichen Dreck nur noch ein Weilchen in Ruhe.
    Der Mann erhob sich und machte einen Schritt auf Roby zu. Dessen Bauchmuskeln spannten sich unwillkürlich an.
    »Dann gibt es menschlichen Dreck. Wesen, die nie etwas wert waren und nie etwas wert sein werden. Menschen, weniger wert als Scheiße. Menschen, bei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher