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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht
Autoren: Dirk van den Boom
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Notizen machte. Seinem Gesichtsausdruck war nicht zu entnehmen, ob er mit den Ergebnissen seines Probanden zufrieden war oder nicht.
    Wahrscheinlich war es ihm völlig egal.
    Die Testreihe setzte sich noch eine Weile fort. Was nach Aussage des Kittels nur wenige Minuten in Anspruch nehmen sollte, zog sich bei Roby in die Länge. Das hatte sicher auch etwas mit seiner subjektiven Wahrnehmung des Vorganges zu tun, denn er langweilte sich bei der Prozedur. Aber als die anderen Versuchskaninchen ihre Sessel bereits verlassen hatten und eine neue Gruppe Platz nahm , saß er noch immer.
    Schließlich wurde er erlöst, die Fesseln wurden geöffnet und er durfte die Haube abnehmen. Der Kittel, der mittlerweile eher verwirrt als unbeteiligt wirkte, führte ihn in ein schmuckloses Büro und hieß ihn, sich zu setzen.
    »Rekrut Ashwell, Ihre Testergebnisse lassen mich zu dem Schluss kommen, dass Sie für die Tätigkeit eines Controllers nicht geeignet sind.«
    »Und es hat so lange gedauert, bis Sie das herausgefunden haben?« Seine Frage klang eine Spur zu aufsässig, aber der Kittel war offenbar kein Militär, zumindest nicht in dem Sinne wie der Sergent.
    »Ja, wir haben solche Fälle manchmal. Wir entscheiden uns dann gegen den Einsatz als Controller, weil uns das Risiko zu groß ist.«
    » Was sind : ›solche Fälle‹?«
    Der Kittel seufzte und schaute auf seine Aufzeichnungen.
    »Deswegen führen wir ja dieses Gespräch. Ihre Werte sind borderline . Ein paar Grad weiter über der Benchmark , und wir hätten Sie positiv getestet. Da die Messungen nur bedingt exakt sind, mussten wir uns etwas länger mit Ihnen befassen, um Klarheit zu erlangen. Die Mehrzahl Ihrer Werte liegt unterhalb der Mindestanforderungen. Dennoch …«
    Er schaute Roby in die Augen. »… dennoch kann es sein, dass Sie auf NeuroLAN anders reagieren als normale Rekruten.«
    »Da ich negativ getestet wurde, bekomme ich doch keinen Anschluss, oder?«
    »Das hat nichts mit dem Test zu tun. NeuroLAN ist für alle Unteroffiziere ab einem bestimmten Dienstgrad sowie für alle Offiziere vorgesehen. Nur untere Ränge erhalten die Operation nicht, da sie niemals in die Verlegenheit kommen, taktische Entscheidungen treffen zu müssen. Sagt zumindest die Theorie. Nein, bei Ihnen geht es mir um etwas anderes. Es ist die Frage zu klären, ob Sie ein Controller sind oder werden könnten. Sie sind allerdings nur an der Grenze der notwendigen Intuition, fast ein Indigo.«
    »Indigo?«
    »So nennen wir Leute, die über ein sehr starkes Maß an Einfühlungsvermögen verfügen, das es ihnen ermöglicht, die Muster und Datenmengen einer Vollverbindung mit Kontrollzugriff zu meistern. Sie sind hart an der Grenze, wie gesagt. Es kann dazu führen, dass der normale Zugriff Ihnen andere Herausforderungen bereitet als dem durchschnittlichen Soldaten.«
    »Was muss ich mir darunter vorstellen?«
    Der Kittel hob die Schultern.
    »Das ist bei jedem anders. Ich werde in Ihre Akte einen Vermerk schreiben, damit der medizinische Dienst ein Auge auf Sie hat. Kann sein, dass man Sie regelmäßig testen wird. Nichts weiter Schlimmes.«
    Der Kittel legte das Pad zur Seite.
    »Das wäre dann alles, Rekrut Ashwell.«
    »Wie viele haben Sie bisher positiv getestet?«
    »Aus Ihrer Gruppe nur einen. Georg Workman.«
    Slap! Roby erhob sich und verließ das Testzentrum. Er würde Slap, wenn er das richtig verstanden hatte, nicht so bald wiedersehen, vielleicht sogar nie wieder. Das machte ihm etwas zu schaffen. Slap war ein Freund. Und hier das einzige vertraute Gesicht. Jetzt war er allein.
    Er hatte gehofft, draußen auf dem Exerzierplatz Slap noch einmal zu begegnen, doch er war offenbar direkt aus dem Testzentrum abberufen worden.
    Roby beobachtete, wie zwei Militärpolizisten eine blutig zusammengeschlagene Gestalt in Richtung Lazarett schleppten . Das Blut vermischte sich mit dem nassen Betonboden zu einer rötlich braunen Spur, die nur langsam weggewischt wurde. Roby erkannte den Mann.
    Es war der, der vorhin gelacht hatte.
    Offenbar war er tatsächlich durch den Test gefallen.
        
     

5
     
    Slap wurde in einen angenehm ausgeleuchteten Raum geführt. Der Flug in dem abgedunkelten Transporter hatte nicht allzu lange gedauert, etwa eine halbe Stunde. Es hatten nicht besonders viele der Rekruten den seltsamen Test bestanden. Außer Slap befanden sich nur zwei weitere Delinquenten im Gleiter, die er aber nicht kannte, eingesunken in viel zu tiefe, butterweiche Polstersitze, deren
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