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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht
Autoren: Dirk van den Boom
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Gebäuden, in denen Seminarräume, Werkstätten, Lager und Verwaltung von »Camp 17« untergebracht waren. Roby stand zusammen mit Slap in einer Reihe von 24 Rekruten , dahinter, jeweils mit einem Abstand von exakt einem Meter, ausgerichtet an ausgewaschenen Bodenmarkierungen, fünf weitere Reihen. Der Exerzierplatz war groß, weitläufig; auf dem nassen Asphalt schimmerten Ölspuren. Alles machte einen sauberen, aber extrem trostlosen Eindruck, was auch Robys eigenem Zustand entsprach. Sie alle, zwölf Delinquenten aus seinem Bezirk in einem Transport, waren nach ihrer Ankunft am vorhergehenden Abend als Erstes entlaust und desinfiziert worden. Man hatte ihnen Säuberungsflüssigkeiten verschiedener Natur in alle Körperöffnungen gespritzt, eine Prozedur, an der die verantwortlichen Sanitätssoldaten offensichtlich ungeheures Vergnügen empfunden hatten. Dass die Ausbildungscamps nicht nach Geschlechtern differenzierten, mochte dazu beigetragen haben, dass für jeden und jede etwas dabei gewesen war.
    Danach waren ihnen in den Plastikbaracken einfache Plastikliegen zugewiesen worden, je ein Plastikschrank, eine aus Kunstfasern bestehende Trainingsuniform und eine Plastikdecke, die Robys Haare im Schlaf statisch auflud. Nicht, dass er davon noch viele hatte: Sein Kopfhaar war vielleicht fünf Millimeter lang, und im Zuge der Desinfizierung waren ihm Achsel- und Schamhaar rasiert worden.
    Auch das hatte vielen sehr viel Freude bereitet.
    Ihnen war eingeschärft worden, sich nicht zu bewegen und kein Wort zu sagen, ehe sich nicht ein Vorgesetzter an sie wandte. Roby hatte beschlossen, diese Anordnung auf das Genauste auszuführen, denn als ein anderer Rekrut sich die Stoppel im Schritt gekratzt hatte, war er herausgerufen und mit einem Elektrostab berührt worden. Der arme Kerl hatte sich eine Minute schreiend auf dem Boden gewälzt, Darm und Blase entleert und war dann in die Sanitätsstation geprügelt worden.
    Roby blickte starr nach vorne.
    Er erkannte mehr aus den Augenwinkeln, wie schließlich eine Gruppe von Unteroffizieren vor ihnen Aufstellung nahm. Einer war ein gedrungener, kräftiger Mann mit roter Gesichtsfarbe. Er trug die Abzeichen eines Sergenten. Roby kannte die alten Kriegsfilme, in denen die Freuden des Bootcamps dramaturgisch ausgewalzt wurden, und er war sich sicher, dass die kommenden Minuten aus wildem Geschrei und sinnlosen Provokationen bestehen würden, aus ungerechten Bestrafungen und aus wüsten Beleidigungen.
    Er wappnete sich.
    Der Mann baute sich vor ihnen auf und betrachtete die Reihe der Rekruten.
    Dann öffnete er seinen Mund.
    »Leute, ihr tut mir echt leid.«
    Seine Stimme war angenehm sanft, ihr fehlte die Schärfe, die Roby erwartet hatte. Er spürte, wie sich die Rekruten neben ihm etwas entspannten. Sofort ging in seinem Kopf eine Alarmglocke los. Er blieb so steif und angestrengt stehen, wie es ihm nur möglich war, den Blick starr nach vorne gerichtet.
    »Ihr alle seid Todeskandidaten und habt euch das Leben dadurch erkauft, dass ihr den Streitkräften beigetreten seid. Doch das ist kein guter Tausch.«
    Der Mann machte einen Schritt nach vorne, damit ihn ja auch jeder gut verstand.
    »Die Delinquenten bekommen, wenn sie die Ausbildung überleben, die miesesten Jobs. Sie werden im Regelfalle nicht befördert, egal wie sehr sie sich anstrengen. Ich glaube, mir ist einmal ein Caporal begegnet, der als Delinquent angefangen hat. Der ist das auch nur geworden, weil er bei einem Unfall einem Offizier das Leben gerettet hat. Das war es dann. Ihr werdet 25 Jahre Dienstzeit in erbarmungswürdigen Zuständen am Arsch dieses Sonnensystems verbringen, und das mit nur einem albernen Taschengeld an Sold. Dann wird man euch auf dem Scheißhaufen, aus dem ihr entstiegen seid, wieder zurückwerfen. Die meisten von euch werden danach darin ertrinken.«
    Der Sergent wirkte bedrückt. Roby nahm ihm das keine Sekunde ab.
    »Ich hätte mich ja für die Exekution entschieden«, sagte er laut. »Das wäre die angenehmere Alternative gewesen. Andererseits seid ihr offenbar harte Jungs und hängt am Leben. Kann sein, dass ihr das hier tatsächlich überlebt. Ich frage mich nur, wozu eigentlich?«
    Jemand lachte leise. Der Sergent tat so, als habe er es nicht gehört. Roby war sich sicher, dass er es sehr wohl registriert hatte. Robys Nackenmuskeln schmerzten, so sehr war er um Regungslosigkeit bemüht.
    »Es gibt eine winzige Ausnahme, die auch für euch Delinquenten gilt«, sagte der Sergent
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