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Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Titel: Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Autoren: Dirk van den Boom
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von Lydos. Der Gouverneur war im Endeffekt, wie die meisten planetaren Politiker, eine Kreatur eines der großen Konzerne. Das Hauptexportprodukt von Lydos war Genmasse für die Biotechlabore in den Zentralwelten. Wahrscheinlich stand der Gouverneur auf der Gehaltsliste einer einschlägigen Firma. Sein Nachfolger würde vermutlich eine ähnliche Herkunft haben. Immerhin, seit der Wirtschaftskrise ließ der Einfluss der großen Konzerne doch spürbar nach. Alle Firmen waren davon betroffen, und mit ihren ökonomischen Verlusten ging auch eine Einbuße politischer Macht einher. Selbst jene Firmen, die ohne eine enge Verquickung mit dem Staat auf ehrliche Art ihr Geld zu machen versuchten, hatten ernsthafte Probleme. Tooma war froh, dass man hier draußen von der Politik ohnehin so gut wie nie belästigt wurde. Sobald im kommenden Jahr das Koloniale Kuratel auslief und planetare Wahlen wieder zugelassen waren, würde sich das ändern. Auch Erwald war ein Wähler. Tooma schauderte es bei dem Gedanken, dass sich ein Wahlkampfleiter der Ebene erinnern würde. Sie hoffte, ihr eigener Sicherheitsperimeter würde – ganz unabsichtlich natürlich – jeden Politiker, der sich ihr bis auf 500 Meter näherte, sofort vaporisieren.
    Da war ihr jeder Tigerfuchs und jede Python lieber.
    An Erwalds Grinsen erkannte sie, dass die Überzeugungen des Farmers nicht allzu weit von den ihren entfernt waren.
    Als sie den Gleiter erreicht hatte, verabschiedete sie sich kurz und herzlich. Sie bestieg das schwere Fahrzeug, warf einen Blick in die voluminöse Transportkapsel, in der normalerweise ein 24köpfiges Dropteam und dessen Ausrüstung reichlich Platz fanden, und setzte sich in die Kanzel.
    Auf dem Copilotensitz lag ein noch warmer Apfelkuchen. Der lydische Apfel hatte zwar nicht mehr als den Namen mit dem irdischen gemein, war aber eine ungemein schmackhafte und vielseitige Frucht. Der Kuchen dampfte.
    Tooma musste unwillkürlich grinsen. Sie beförderte das Backwerk an eine sichere Stelle, warf einen Blick auf das Wohngebäude der Familie. Am Küchenfenster stand Erwalds Frau und lächelte. Tooma winkte ihr durch die Sichtscheibe zu und bekam die gleiche Geste zur Antwort. Dann startete sie die Maschine.
    Mit dumpfem Brüllen sprang das Triebwerk an. Der Executor war alt und schon länger außer Dienst gestellt gewesen, als Tooma ihn in einem erbärmlichen Zustand erworben hatte. Davon war nun nichts mehr zu sehen, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass es sich bei dem Monster um eine alte Maschine handelte. Als Tooma das Prallfeld aktivierte, erhob sich der Gleiter mit hörbarem Ächzen in die Luft. Tooma tippte gegen die Geschwindigkeitskontrolle. War es erst in der Luft, schwebte das massive Fahrzeug sanft in die Höhe. Als es 100 Meter erreicht hatte, schob die Pilotin den Beschleunigungshebel nach vorne. Der Executor reagierte folgsam und presste Tooma in den Sitz. Sie hörte das Glucksen des Beschleunigungsgels in den Polstern, doch vermied sie jedes Gewaltmanöver. Dafür gab es keinen Grund, vor allem hatte sie niemandem etwas zu beweisen. Nach zwanzig Sekunden hatte sie eine Reisegeschwindigkeit von 270 Stundenkilometern erreicht und das Peilsignal ihres Hauses fixiert.
    Den Rest würde der Autopilot erledigen. Sie lehnte sich entspannt zurück, holte den Apfelkuchen hervor und riss mit der Hand ein mächtiges Stück ab. Der angenehme Duft von warmem Apfel und lockerem Gebäck stieg in ihre Nase. Es war nicht gut für den Magen, aber wer Standardrationen ertrug, kam auch mit frischem Kuchen zurecht. Er zerging ihr förmlich auf der Zunge, hatte ein köstliches Aroma und war ohne Zweifel aus frischem Obst gemacht. Sie nahm sich vor, beim nächsten Besuch als Teil der Bezahlung ein weiteres Produkt dieser Art zu verlangen. Backen gehörte zu den Fertigkeiten, die sie nie erlernt hatte, und auch heute noch war die Mikrowelle ihre bevorzugte Nahrungszubereitungsapparatur. Sie jagte etwas und konnte Frischfleisch zubereiten, das gehörte zu ihrer Ausbildung. Aber sie empfand nicht die Freude und Befriedigung bei der Bereitung von Nahrung wie offensichtlich Erwalds Frau. Zumindest schmeckte dieser Kuchen nach Leidenschaft, und wenngleich Tooma anderen Leidenschaften frönte, wusste sie die Arbeit einer Expertin zu würdigen.
    Sie griff sogleich nach einem zweiten Stück. Da war einiges zu würdigen!
    Der Executor glitt in die hereinbrechende Dunkelheit. Der Ortungsschirm blieb leer. Um diese Zeit reiste niemand mehr auf der
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