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Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Titel: Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Autoren: Dirk van den Boom
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es für nötig, in jedem auch noch so unwichtigen System Präsenz zu zeigen. Mit dem in Kürze eintreffenden Prosperity-Frachter waren dann drei Schiffe im System versammelt, was für Arbedian heftigen interstellaren Verkehr bedeutete. De facto, und da machte sich jemand wie Haark nicht die geringsten Illusionen, war dies der Arsch der bekannten Galaxis. Da passte es gut, dass der Kommandant der Malu selbst, ebenso wie ein Großteil seiner Mannschaft, zu den Ausgestoßenen und Geduldeten der Flotte gehörte. Hier passte zusammen, was zusammen gehörte. Immerhin, der Gouverneur von Arbedian hatte ihn nicht mit Flüchen empfangen, als Haark vor vier Wochen diesen Posten angetreten hatte. Arbedian war allerdings vor den größten Zerstörungen der Kolonialkriege auch weitgehend verschont geblieben. Andernorts genoss die Flotte einen entsetzlichen Ruf. Das lag nicht an Haark, im Gegenteil.
    Und das war gleichzeitig der Grund dafür, dass man ihn aufs Abstellgleis gestellt hatte.
    Haark betrat nach seinem Rundgang die kleine Brücke der Malu . Auf dem fleckigen Kommandosessel saß mit halb geschlossenen Augen Sous-Lieutenant Josef Beck, sein Erster Offizier. Er trug, wie immer, eine absolut makellose Uniform, war ordentlich rasiert und von einwandfreier Erscheinung. Dass er die Augen halb geschlossen hielt, hatte nichts zu sagen, denn er hatte die Instrumente des Kommandopults alle im Blickfeld. Beck war gut zehn Jahre jünger als Haark, gleichzeitig war seine Beförderung ebenso zehn Jahre überfällig wie die seines Vorgesetzten und achtzig Prozent der Stammbesatzung dieses Schiffes. Jeder hatte hier sein Päckchen zu tragen, und das von Beck war auf seine Art sicher ebenso schwer und bedrückend wie die Bürde, die Haark auf seinen Schultern trug. Beck redete nicht darüber.
    Als der Kommandant die Brücke betrat, ging eine unmerkliche Veränderung mit Beck vor. Saß er vorher relativ entspannt im Sessel, versteifte sich nun seine Haltung. Das geschah jedes Mal, wenn der Mann Dienst hatte und Haark ihn ansprach. Beck würde niemals gegenüber einem Vorgesetzten die Schirme fallen lassen und entspannt, gar leutselig mit ihm umgehen, wie es sonst auf der Malu üblich war. Das hatte vielleicht damit zu tun, warum Beck Erster Offizier eines Seelenverkäufers am Rande des Outbacks war und nicht längst zum Capitaine befördert und kommandierender Offizier mindestens einer Fregatte wie der Napoleon .
    Nein, mahnte Haark sich selbst, als er sich freundlich lächelnd die absolut vorschriftsmäßige Meldung Becks anhörte. Keine Grübeleien. Es führt doch zu nichts.
    »Danke, Beck. Ich löse Sie ab. Meine Wache beginnt ohnehin in zehn Minuten. Tun Sie mir den Gefallen und checken Sie noch in der Kombüse ab, ob Caporal Tijden die 100 schlechten Rationen tatsächlich in den Konverter geworfen hat. Ich habe gehört, er soll geplant haben, sie auf Arbedian auf dem Schwarzmarkt zu verschachern.«
    Trotz aller Steifheit und Förmlichkeit war Beck kein Narr. Er wusste, unter welchen Umständen die Malu operierte. Niemand hier hatte seit einem Vierteljahr so etwas wie Sold erhalten. Jeder, der es konnte, machte seine Geschäfte. Beck würde lediglich nachprüfen, ob die Rationen noch irgendwo an Bord waren und kein großes Aufheben um die Sache machen. Aber er würde es akkurat, schnell und absolut zuverlässig erledigen, dessen konnte sich Haark sicher sein.
    Lieutenant Haark ließ sich seufzend in den ausgeleierten Kommandosessel nieder. Er schloss für einen Moment die Augen. Mit seinen 42 Jahren hatten sich längst silbrige Strähnen in sein braunes Haar gemischt und die Falten in seinem Gesicht ließen ihn älter erscheinen als er war. Beck hatte sich gut gehalten, das musste er ihm neidlos anerkennen. Haark sah aus wie 50, und so fühlte er sich meistens auch. Manchmal wünschte er sich, er hätte nach dem Debakel vor Danuba seinen Abschied genommen. Statt seines Glaubens an die moralischen Werte der Flotte hätte man ihm lieber sein Pflichtbewusstsein herausoperieren sollen. Außerdem hatte er ja eine Weile noch Hoffnung gehabt, Hoffnung auf Verständnis oder Pardon oder Vergessen. Nichts von alledem war eingetreten.
    Aber jetzt war es wahrscheinlich zu spät.
    Haark merkte, dass er erneut ins Grübeln geriet und richtete seine Aufmerksamkeit lieber auf die Instrumente. Auf einem modernen Schiff hätte er jederzeit aktuelle Flugdaten über Neuroimplantate abrufen können, sobald er einen der Hotspots im Schiff erreicht hatte.
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