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Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Titel: Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Autoren: Dirk van den Boom
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Ebene, nicht auf dem Boden und nicht in der Luft. Der einzige permanente Datenstrom waren die Signale des GPS sowie der Feed der Kommunikationssatelliten. Es war ein ruhiger, beschaulicher Abend auf Lydos, und wie immer, wenn sich diese Erkenntnis durchsetzte, fragte sich Tooma, warum sie trotzdem nicht entspannt war. Obgleich sie bewusst die Einsamkeit dieser Welt gesucht hatte, um die Enttäuschungen ihres Lebens zu vergessen, hatte sie ihren Frieden im Grunde nie gefunden. Die innere Rastlosigkeit war, so schien es, ein bestimmendes Merkmal ihrer Persönlichkeit. Sie war dafür verantwortlich gewesen, dass sie sich freiwillig bei den Marines gemeldet hatte, anstatt ein vorgeplantes und behütetes Leben auf Terra zu beginnen. Aber dennoch, während ihrer Dienstzeit hatte es immer wieder Momente gegeben, in denen sie völlig entspannt gewesen war. Das war ein Gefühl, das sie auf Lydos trotz aller Ruhe und Beschaulichkeit immer vermisst hatte.
    Oder es lag daran, dass sie im Grunde ihre Herzens gar nicht hier sein wollte und stattdessen ihrer Vergangenheit im Raummarinedienst nachtrauerte – trotz der Tatsache, dass sie nach den mehrfachen sexuellen Übergriffen Colonel Barrasos, darunter fünf versuchten Vergewaltigungen, und der Erkenntnis, dass die höheren Hierarchien den Abkömmling aus einer der Handelsfamilien immer decken würden, ihren Dienst zu hassen begonnen hatte?
    Sie hatte einmal geglaubt, der Marinedienst sei ihr Leben.
    Rahel Tooma presste die Lippen zusammen, als die mittlerweile altbekannte emotionale Welle aus Enttäuschung, Frustration, Sehnsucht und Verzweiflung über sie hereinbrach.
    Nein, ihren Frieden hatte sie tatsächlich nicht gefunden.
    Sie hatte ihn lediglich gegen Stille eingetauscht.

 
3 Station Thetis
     
    Er verstand die Leute nicht.
    Nein, das war nicht ganz richtig. Er verstand sie schon – Verstehen im Sinne der richtigen Aufnahme der Bedeutung eines Wortes oder Satzes. Was sie sagten, hörte und verstand er. Nur was sie meinten, entging ihm oft. Bewegten sie ihre Arme und verzogen sie die Muskulatur ihres Gesichts, war das für ihn nur Bewegung. Sie hatte kein Ziel. Was sie ausdrückte, blieb ihm verschlossen. Rational wusste er, was manche dieser Bewegungen bedeuteten: Verzog sich der Mund nach oben, dann wurde damit oft Humor ausgedrückt. Aber bei anderen sah das Lachen offenbar anders aus, was sehr missverständlich war, und viele machten zwar die Mimik des Lächelns, meinten aber nicht das, was es eigentlich bedeutete. Für ihn ergab sich kein sichtbarer Zusammenhang zwischen dem Gesagten und dem, mit dem es untermalt wurde.
    Und so kam es, dass er die Leute nicht verstand.
    Das war verschmerzbar, denn fast jeder, mit dem er zu tun hatte, war ein Idiot.
    So lange er seine Arbeit hatte und die damit verbundenen Bedürfnisse erfüllt wurden, war die Verwirrung nicht mehr als ein manchmal störendes, aber im Grunde leicht zu ignorierendes Hintergrundrauschen. Er saß vor seinen Computersimulationen oder im Labor. Leute arbeiteten für ihn, sicher, aber er musste nicht verstehen, was sie meinten. Er gab ihnen Anweisungen – sehr klare dazu, und es gab in diese Richtung offenbar keinerlei Verständigungsprobleme. Waren seine Leute gut, führten sie sie aus und die Computer teilten ihm das Ergebnis mit. Computer sagten und meinten in einem, es gab keine unterschiedlichen Vermittlungsformen.
    Er mochte Computer.
    Diejenigen seiner Leute, die seine Anweisungen nicht befolgten oder versuchten, ihn in sinnlose Gespräche über ihre Arbeit zu verwickeln, blieben nicht lange. Es gab andere, meist Uniformträger, die das Labor gut beobachteten. Erkannten sie, dass er verwirrt wurde oder in seinen Anweisungen stockte, entfernten sie das Übel. Ihm war das egal, für ihn war der eine Mensch wie der andere. Er erkannte Unterschiede im Aussehen und machte sich die Mühe, dem Äußeren die individuellen Namen zuzuordnen, mit denen sie gerne angesprochen wurden, aber er kannte niemanden, auch nicht jene, die seit Jahren für ihn arbeiteten. Es machte keinen Unterschied, ob jemand seit einer Woche oder einem Jahrzehnt da war. Wenn er funktionierte, war es gut. Wenn er nicht funktionierte, ging er.
    Er liebte Probleme.
    Dabei kam es nicht darauf an, wer ihm die Probleme bereitete.
    Vorstellte. Vorbereitete. Präsentierte. Er selbst hatte keine Probleme, er bekam sie von anderen. Ihn interessierte meist nicht das spezifische Problem – obgleich er solche vorzog, bei deren Lösung er sein
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