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Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Titel: Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Autoren: Dirk van den Boom
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sein würde. Doch Frazier hatte all diese Gedanken tief in sich begraben.
    Jetzt, fünf Jahre nach dem Ende des letzten Krieges, war er einer der höchstrangigen Offiziere aus den Kolonien, und obgleich er die Admiralität, die ihm vorstand, mit Inbrunst hasste, liebte er den Flottendienst. Leider wurde diese Liebe nicht erwidert: Mehrfach hatte man ihm bedeutet, dass mit weiteren Beförderungen bis auf weiteres nicht zu rechnen sei. Kolonialoffiziere hatten immer noch auf besondere Weise ihre Loyalität zu beweisen, und keiner kam an wirklich wichtige Schaltstellen der Macht. Frazier wurde daher seit je her von einem starken inneren Widerstreit gebeutelt, der ihn des Öfteren fast hatte depressiv werden lassen.
    Er würde, das wusste er, eines Tages an Magengeschwüren leiden.
    »Nun, Capitaine? Haben Sie Freundschaft mit unserem Wunderkind geschlossen?«
    Das meckernde Lachen, das Delivier der Frage folgen ließ, verbarg seinen Minderwertigkeitskomplex nur ungenügend. Gerade weil der Colonel eigene wissenschaftliche Meriten hatte, musste eine Person von seiner Persönlichkeitsstruktur unvermittelt Neid empfinden, wenn er auf jemanden wie DeBurenberg traf.
    Erst recht dann, wenn sein ausdrücklicher Befehl war, dem Mann jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
    Oder ablesen zu lassen, denn das war nun Fraziers Job.
    »Ich denke nicht, dass dieser Mann jemals Freunde hatte oder jemals welche haben wird«, erwiderte Frazier und setzte sich unaufgefordert. Delivier, das hielt der Capitaine ihm zugute, war kein übertrieben fanatischer Anhänger militärischer Förmlichkeiten, die auf einer reinen Forschungseinrichtung auch eher kontraproduktiv waren. »Er lebt in seiner eigenen Welt, er ist ein absoluter Egoist, ohne dies zu wollen – nein, ohne dies zu reflektieren. Aber er hat mit der Außenwelt ein Geschäft abgeschlossen: Er nimmt sie wahr und kommuniziert mit ihr, wenn sie ihn dafür mit Dingen beschäftigt, die ihn herausfordern. Ich kann nicht mehr tun, als dafür zu sorgen, dass unser Teil des Geschäfts eingehalten wird.«
    Delivier nickte nachdenklich und sah Frazier forschend an.
    »Das haben Sie gut erkannt, Capitaine. Ich sehe, Sie werden mit DeBurenberg zurecht kommen. Morgen kommt ein Dispatch der Astronomischen Abteilung der Admiralität. Ein Explorator hat interessante Daten gesendet, es scheint, dass man plant, nun doch weitere Brücken zu errichten.«
    Frazier hob interessiert die Augenbrauen. Das war eine beiläufig mitgeteilte, aber durchaus spannende Neuigkeit. Seit Beginn der großen Nachkriegsdepression war keine neue Einstein-Rosen-Brücke mehr errichtet worden. Die Mittel dafür waren schlicht nicht ausreichend gewesen. Wenn der Explorator Material versprach, das es nun möglich machte, diese Tatsache zu ändern, mussten die explorierten Systeme wirklich viel versprechende Ressourcen haben – oder schlicht die richtige Schwerkraftkonstellation, um eine Brücke einfach errichten zu können. Ohne die Hilfe der ER-Brücken war es bisher physikalisch nur möglich gewesen, kleine Raumfahrzeuge mit gigantischem Energieaufwand in das übergeordnete Kontinuum zu zwingen, in das einen die Brücken mit großer Leichtigkeit brachten. Die wenigen Explorations- und Brückenbaueinheiten waren sündhaft teuer und hatten den Energieverbrauch ganzer bewohnter Sonnensysteme, und sie waren sehr alt: Von den drei existierenden Einheiten war die jüngste vor rund 100 Jahren gebaut worden. Die Sphäre besaß schon seit geraumer Zeit nicht mehr die ökonomische Kraft, solche Einheiten in Auftrag zu geben. Stattdessen hatte man sich lieber in wiederkehrenden Kolonialkriegen selbst zerfleischt.
    Die Tatsache allein, dass man einen der alten Exploratoren entmottet und in den Einsatz geschickt hatte, war eine nahezu revolutionäre Entwicklung gewesen.
    In jedem Falle war die Zündung einer Brücke ein erhebliches Unterfangen. Der damit in Monopolstellung betraute Konzern Interstellar Constellations steckte in der schwierigsten Krise seit seiner Gründung und konnte sich durch die Passagegebühren der Händlerfamilien gerade noch so vor dem Bankrott retten. Wollte er eine neue Brücke errichten, würde er Kapital benötigen, aller Wahrscheinlichkeit einen Staatszuschuss. Das heißt, die Regierung würde noch mehr Geld drucken.
    Dabei war die Inflation bereits im hohen zweistelligen Prozentbereich angekommen.
    Frazier wollte sich mit den Details dieses Aspektes nicht befassen. Ihn faszinierte die Idee neuer Systeme.
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