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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter
Autoren: Dave Luckett
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er hat nicht gewusst, dass wir es wissen. Dann fragte ich ihn, ob er bereit sei, zu verhindern, dass ich einen Haftbefehl des Grafen gegen ein Mitglied des niederen Adels erwirke. Das brachte ihn auf den Gedanken, dass wir am falschen Baum hinaufbellen, und die Gelegenheit, uns hineintappen zu lassen, war zu günstig, um sie nicht zu nutzen.«
    »Ich verstehe. Natürlich hat sich sein Wunsch erfüllt. Jetzt sitzen wir in der Scheiße.«
    »Noch nicht ganz.«
    Hrudis Winterridge hatte den Fuß des Podiums erreicht und blieb stehen. Graf Ruane - ich kannte ihn vom Ansehen - hatte sich halb von seinem Sitz erhoben. Er war lang und schlank, ein vollkommener Aufhänger für die schönen Kleider, die er trug. Es hieß, er habe leuchtendblaue Augen. Aus der Entfernung konnte ich nur sehen, dass er sie entweder weit aufgesperrt hatte oder dass sie von Natur aus etwas vortraten. Sein blondes Haar war schulterlang und lockig, wie es der Mode entsprach. Dazu trug er einen goldbraunen Bart, der kurz geschnitten das Gesicht umrahmte. Von seiner Mitte hing ein Zeremonienschwert in juwelenbesetzter Scheide. Weitere Juwelen blitzten an seinen Fingern und an einem Halsorden. Statt die Schwertjungfrau zu beachten, blickte er nach links und rechts, doch die zwei gelb und schwarz uniformierten Unteroffiziere der Palastgarde zu beiden Seiten des Podiums waren nicht hilfreich. Sie sahen einander unsicher an und richteten ihre Blicke dann auf ihren Herrn, um dessen Befehle zu erwarten. Er schien einen Entschluss zu fassen und stand auf, sie zu empfangen.
    Ärger. Von unserem erhöhten Standort bei der Tür sah ich jenseits der Fensterreihe im Licht der bunten Lampions einen Trupp der Palastgarde heraneilen. Ich stieß Silvus an.
    Auch er musste die Gefahr erkannt haben, begnügte sich aber mit der Andeutung eines Achselzuckens.
    Nun, wenn er meinte, dass Zeitgewinn wichtig sei, wie ich seinen letzten Bemerkungen entnommen hatte, kam es darauf an, so viel wie möglich davon herauszuholen. Ich lächelte, tippte grüßend an den Helm und nahm den Zeremonienstab aus dem schlaffen Griff des livrierten Dieners. Ich steckte ihn durch die doppelten Zuggriffe der Flügeltür hinter uns. Es war ein fein geschnitzter und vergoldeter Zeremonienstab, darunter aber gute, zähe Esche. Das würde die Gardisten aufhalten und zwingen, zum anderen Eingang um den Saal zu laufen.
    Das Publikum war wieder zur Ruhe gekommen. Vielleicht dachte die Hofgesellschaft, die Schwertjungfrau gehöre zum Unterhaltungsprogramm.
    Sie beugte den Kopf vor dem Grafen.
    Er nickte, schien über die Verwirrung seiner Gardisten erheitert. Er hatte eine wohlklingende, kultivierte Tenorstimme mit einer leichten Dialektfärbung, die meiner eigenen entsprach. »Sie sind willkommen in unserer Stadt, Schwester…«
    »Hrudis Winterridge. Ich habe eine Botschaft für Euch, Durchlaucht.«
    »Vom Orden? Wir werden zur rechten Zeit im Rat darüber befinden…«
    Wo ihm Fürst Nathan über die Schulter sah. Hinter uns drückte jemand auf die Klinke und versuchte die Flügeltür zu öffnen. Ich lächelte dem livrierten Diener freundlich zu und gab ihm so zu verstehen, dass er nicht versuchen sollte, den Stab herauszuziehen.
    »Ich habe keine Botschaft vom Orden, Durchlaucht.« Ihre Stimme war kühl und selbstsicher.
    »Wie? Aber Sie sagten…«
    »Die Botschaft ist von anderer Seite. Gestatten Euer Durchlaucht…?«
    Sie öffnete die Börse an ihrem Gürtel. Sofort fuhren die Hände der Gardisten an die Schwertgriffe, aber sie griff langsam und mit spitzen Fingern in die Börse und nahm etwas heraus, was im Schein der Kronleuchter glänzte. Einen polierten Stein, ein Stück Glas, etwas von der Art. Sie bückte sich, legte den Gegenstand behutsam auf den Marmorboden und trat zurück.
    Etwas geschah. Ich wusste noch immer nicht, was, aber irgendwie hatte das Klopfen an der Tür wenig zu bedeuten. Jetzt traten sie dagegen. Als Nächstes würden sie sich mit den Schultern dagegen werfen. Aber mir war es auf einmal gleich.
    Hrudis Winterridge klatschte einmal laut in die Hände und rief ein Wort. Eine unsichtbare Welle schien die Welt zu durchlaufen. Die Luft wurde dick und prickelnd. Von der Plattform kam ein unterdrückter Ausruf, von wem, wusste ich nicht.
    Die Luft über dem glänzenden Gegenstand am Boden leuchtete, veränderte sich, nahm Gestalt und Farbe an. Plötzlich stand dort ein Mann, und wenn seine Füße auch nicht ganz den Boden berührten, schien er so wirklich und solide wie ein
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