Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter
Autoren: Dave Luckett
Vom Netzwerk:
Servieren der Suppe.
    Der Mann versuchte die Lage einzuschätzen. Es lag keine Einladung vor, außerdem kam niemand gepanzert zu einem Hofball, und was Waffen anging… Zwar wurden Zierdegen getragen, aber nicht von Damen, und niemand trug Stangenwaffen wie diese Hellebarde. Andererseits schien die Frau sehr selbstsicher und ihr Begleiter war schließlich ein Offizier der Stadtwache. Der Lakai zögerte einen Augenblick lang unschlüssig, dann griff seine Hand zur Türklinke. »Ich werde mich erkundigen«, murmelte er.
    Silvus nickte und wandte sich ab. Ich blieb bei ihm und Hrudis Winterridge stehen, während der Gardist unserer Eskorte kehrt machte und davoneilte. Wenn Barras erfuhr, was hier geschehen war, würde es Ärger geben. Silvus musste der gleiche Gedanke durch den Kopf gegangen sein, denn er wartete nicht, bis der Lakai hineinging. Der Mann hatte kaum auf die Klinke gedrückt, als Silvus schon neben ihm war, die Türflügel aufstieß und die Schwertjungfrau eintreten ließ. Ich folgte den beiden und lächelte dem Lakai zu. Er erwiderte das Lächeln nicht, denn er merkte, dass er überrumpelt worden war und dass etwas ganz und gar Ungehöriges vor sich ging.
    Hinter der Flügeltür gab es einen Absatz, dann folgten einige Marmorstufen, die in einen weiten Saal hinabführten. Die Decke war gewölbt und farbenprächtig mit Szenen aus der ruhmreichen Geschichte des Grafengeschlechtes ausgemalt. Von den Schlusssteinen der Gewölbe hingen Kronleuchter. Neben den Stufen lag ein kleines Podium, wo Musiker die Anwesenden mit heiteren Weisen unterhielten. Das Publikum war noch nicht sehr zahlreich, der Ball hatte noch nicht begonnen. Trotzdem gab es viel zu sehen. Der glänzend polierte weiße Marmorboden war gesprenkelt von Farbtupfern - kostbaren Gewändern und funkelnden Juwelen, Seide und Pelz und Goldstickerei, Halskrausen, Federbüschen und Gewändern aus schwerem Goldbrokat. Auf der anderen Seite ging eine Reihe hoher Bogenfenster zu den Gärten hinaus und gab den Blick auf die bunten Lichter der Lampions frei, als wären es Sterne am Nachthimmel. Vor der dem Eingang gegenüberliegenden Wand standen drei Thronsessel auf einer Plattform. Die zwei zu beiden Seiten waren kleiner, und auf ihnen saßen Graf Ruane von Tenabra und seine Gemahlin, die Gräfin Eugenie. Der große mittlere Thronsessel war leer. Es schien leicht zu erraten, wer dort sitzen würde. Zwei Flügeltüren führten nach rechts.
    Neben uns stand ein kleiner Mann in Hoflivree mit einem Zeremonienstab auf dem Absatz über den Stufen. Er musterte uns von oben bis unten. »Wer sind Sie?«, fragte er. »Was hat die Stadtwache hier verloren?«
    Nun ja, das war die Frage. Alle Arten von Antworten schossen mir durch den Kopf. Zwei Leute, die morgen schimpflich aus dem Dienst entlassen, ausgepeitscht und aus der Stadt gejagt werden, war eine davon. Wir, die Todgeweihten lautete eine andere. Ich rechnete mir aus, dass uns vielleicht noch fünf Minuten blieben, bevor Barras mit der Palastgarde einträfe.
    Silvus antwortete nicht. An seiner Stelle sorgte die Schwertjungfrau für Aufmerksamkeit. Sie stieß das metallbeschlagene Ende der Hellebarde dreimal so kräftig auf den Marmorboden des Absatzes, dass es durch den ganzen Saal hallte, als wäre die Göttin der Gerechtigkeit erschienen, um das Ende der Welt zu verkünden.
    Die Musik endete. Die angeregten Gespräche verstummten schlagartig. Sie hob die Stimme, und ihr klarer, heller Sopran trug ihre Worte leicht durch den weiten Raum.
    »Ich bin Hrudis Winterridge, Schwester des Ordens der Siegesgöttin, und überbringe eine Botschaft an Seine Durchlaucht Ruane, Graf von Tenabra.«
    Und sie schritt die Stufen hinab wie ein Schwimmer in ein stummes Wasser. Unten angelangt, schritt sie weiter auf das Podium zu, und die Herren und Damen in Samt und Seide, Pelzen und Juwelen traten beiseite, um sie durchzulassen. Man hörte das leise metallische Kratzen ihrer Rüstung, und das metallische Aufsetzen der Hellebarde am Boden, das ihr Schrittmaß betonte.
    Als hinter ihr das aufgeregte Gemurmel erneuter Konversation wieder einsetzte, schob ich mich näher an Silvus heran. »Barras wird jeden Augenblick hier sein. Kannst du mir sagen, was wir dann tun werden?«
    »Hinhalten.«
    »Großartig. Wie bist du überhaupt an ihm vorbeigekommen?«
    »Ich fragte ihn nur, ob er wisse, wer Lebensmittel aus der Küche der Palastgarde auf dem Markt verkauft hat.«
    »Natürlich er. Das wissen wir seit Wochen.«
    »Gewiss. Aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher