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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne
Autoren: Nichts
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nicht gepackt und gut
festgehalten hätten.
     
    Es war der
Tag, bevor die Museumsleute kommen und den Berg aus Bedeutung verpacken sollten
und die Bedeutung - oder das was davon übrig war - Taering für immer verlassen würde.
    »Das ist nicht ihre, das ist unsere Bedeutung !« ,
schrie Sofie, und erst da wurde uns bewusst, dass Sofie zum ersten Mal seit
sechs Tagen etwas sagte. »Wir haben sie ihnen verkauft !«
    »Man kann
die Bedeutung nicht verkaufen !« Sofie hämmerte mit den
Fäusten auf Oles Brust und Bauch, und ich konnte sehen, dass es ihm wehtat.
Dann bekam der große Hans Sofies Arme zu fassen und drehte sie auf ihren
Rücken, und jetzt tat es Sofie weh.
    Ich
wusste, dass Sofie recht hatte.
    Man kann
die Bedeutung nicht verkaufen. Entweder ist sie da, oder sie ist nicht da.
Damit, dass wir den Berg aus Bedeutung verkauft hatten, verlor er die
Bedeutung. Wenn es sie jemals gegeben hatte. Aber das fragte ich mich nicht,
denn wenn es sie nie gegeben hatte, dann hätte nicht Sofie, sondern Pierre Anthon recht .
    »Das haben
wir nun mal gemacht, und das war's !« Aus Oles Antwort
klang eine solche verbissene Wut, dass ich wusste, auch er hatte begriffen,
dass wir das nicht hätten tun dürfen.
    »Aber dann
bedeutet er nichts !« , rief Sofie.
    »Jetzt hör
auf, Sofie. Der Berg ist doch egal !« , rief der große Hans,
und ich dachte, mit dem Geld vom Museum würde er sich jederzeit ein neues und
besseres Fahrrad kaufen können als das neongelbe. Ihm konnte es also egal sein.
    »Wenn der
Berg nichts bedeutet, dann hat Pierre Anthon recht,
und nichts bedeutet irgendetwas !« , fuhr Sofie fort.
    »Nichts!«
    »Halt den Mund, Sofie«, rief Gerda. »Ja, Sofie, halt die Klappe .« Das war Jan-Johan. »Halt die Klappe, Sofie«, stimmten
Elise, Hussein, Marie-Ursula, der fromme Kai und viele von den anderen ein.
Aber Sofie hielt nicht die Klappe. Im Gegenteil. Sofie schrie nur noch lauter.
    »Nichts !« , schrie sie. »Nichts! Nichts! Nichts! Nichts! Nichts!
...«
    Sofie schrie und schrie. Sie schrie so laut und gellend, dass es in den
Ohren schrillte und bis tief in die Knochen wehtat. Aber das Schlimmste war,
dass mit diesem Schrei alles auseinanderzubrechen schien. Als habe der Berg aus Bedeutung tatsächlich keine Bedeutung mehr, und
damit verlor auch alles andere seine Bedeutung.
    Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Freude, Traurigkeit, Liebe, Hass,
Geburt, Leben, Tod. Es war ja doch alles dasselbe. Dasselbe. Das Gleiche.
Nichts. Nicht nur ich sah das ein.
    Und nach
dieser Offenbarung war es, als hätte uns alle der Teufel gepackt.
    Hussein
schlug nach Marie-Ursula, weil sie auf die Sache mit dem Gebetsteppich gekommen
war. Der große Hans trat nach Hussein als Dank für das Fahrrad. Elise kratzte
Ole und biss ihn, so fest sie konnte, aber dann schlug Marie-Ursula Elise, und
Sofie ging auf den großen Hans los und riss an seinen Haaren, ich sah, wie sich
große Büschel lösten. Jan-Johan warf sich auf Sofie und schlug auf sie ein. Der
fromme Kai half mit, denn Sofie war ja auf die Sache mit Jesus und dem Rosenholzkreuz
verfallen. Frederik gab Maike eine Ohrfeige, und bald rollten sie in den
Sägespänen herum, bis Maike freikam, weil Dame Werner Frederik einen Tritt in
die Rippen versetzte. Jetzt ging Maike auf Gerda los, während Dame Werner von Anna-Li umgeworfen wurde, bis die kleine Ingrid ihr eine
ihrer alten Krücken auf den Kopf haute, und Henrik schnappte sich die andere
Krücke und schubste die kleine Ingrid um. Dann sah ich nichts mehr, weil Gerda
mir von hinten auf den Rücken sprang, und ich kippte um, Gerda auf mir drauf,
und so wälzten wir uns zwischen den anderen in den Sägespänen. Fäuste schlugen
untrainiert, aber hart zu. Ich riss Gerda an den Haaren und sie an meinen. Dann
bekam Gerda meinen Ohrring zu fassen und zog daran, und ich schrie vor Schmerz
auf. Aber als sie plötzlich ganz verblüfft mit meinem Ohrring in der Hand
dasaß, konnte ich sie von mir wälzen und aufspringen. Ich fasste an mein Ohr,
und meine Hand wurde nass von ekligem warmem Blut. Blut war auch in dem
Wirrwarr von kämpfenden Leibern, das erfasste ich mit einem Blick, Blut, das
von den Gesichtern meiner Klassenkameraden lief und auf den Sägespänen und dem
Zementboden immer mehr Flecken hinterließ.
    Es war,
als wollten wir uns gegenseitig totschlagen.
    Und auf
einmal wusste ich, dass ich Pierre Anthon holen musste.
    Mit einem
Tritt gelang es mir, mich von Gerdas Griff um mein Schienbein zu befreien. Dann
kämpfte
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