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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne
Autoren: Nichts
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»Was glaubt ihr wohl, wie viel
Geld Taering verdienen würde, wenn ihr zu den
Journalisten und Fotografen fahrt, anstatt dass sie weiter hierherkommen und im Gasthof wohnen und überall sonst, wo sich ein freier Quadratmeter
vermieten lässt? Und essen müs sen sie, und Bier kaufen sie
und Schokolade und Zigaretten, und sie müssen ihre Schuhe besohlen lassen und
was sonst noch alles. Haha! Wie könnt ihr nur so dumm sein !« Pierre Anthon schwenkte seine Mütze im Wind, so dass
sie ein Teil seines Lachens wurde.
    »Wer
zuletzt lacht, lacht am besten !« , rief Marie-Ursula.
»Warte nur. Wenn die Bedeutung nicht zur Fernsehshow kommen kann, dann wird die
Fernsehshow schon zur Bedeutung kommen !«
    »Ja«, lachte Pierre Anthon . »Ganz recht. Wer
zuletzt lacht, lacht am besten !« Und dann lachte er so
laut, dass es wie treffende Argumente und Gewissheit klang. Haha! Hoho! Ich hab recht !
     
    Ob Pierre Anthon nun gewusst hatte, wovon er
sprach, oder ob er einfach geraten hatte - er hatte jedenfalls recht . Aus dem Auftritt vor den USA und der ganzen Welt
wurde nichts, denn wenn wir auch wichtig und bedeutungsvoll waren, so war die
Fernsehmoderatorin doch noch wichtiger und bedeutungsvoller. Und sie hatte
keine Zeit, nach Taering zu kommen und hier mit uns
zu reden. Das an sich war schon schlimm genug. Aber noch viel schlimmer war,
dass sich dadurch ein leises Misstrauen in mir breitmachte ,
ob Pierre Anthon vielleicht etwas erkannt hatte:
Bedeutung war relativ und deshalb bedeutungslos.
    Ich sprach
mit niemandem über meine Zweifel.
    Ich machte
mir Sorgen um Sofie, aber das war es nicht allein.
     
    Der Ruhm
und der Glaube an die Bedeutung waren schön, und ich wollte nicht davon weg,
denn jenseits davon war nichts als Leere. Deshalb machte ich weiter mit beim
Herumstolzieren und bedeutungsvoll Aussehen, geradeso, als hätte ich wirklich
Bedeutung gefunden und keinen Zweifel daran, ob es sie gibt.
    So tun als
ob, das war ganz leicht. Natürlich gab es noch viele Gegenstimmen, aber aus der
Heftigkeit, mit welcher der Kampf um die Bedeutung des Bergs aus Bedeutung
geführt wurde, ließ sich nur folgern, dass die Angelegenheit von äußerster
Wichtigkeit war. Und Wichtigkeit entsprach Bedeutung, und größte Wichtigkeit
entsprach deshalb größter Bedeutung. Und ich zweifelte ja auch nur ein ganz
winziges bisschen. Ein winziges bisschen. Weniger. Nichts.
     
    Wir
gewannen den Kampf um die Bedeutung in der hiesigen und in der weltweiten
Presse.
    Sonderbar
war nur, dass sich dieser Sieg wie ein Verlust anfühlte.
     
    21
     
    Ein großes
Museum in New York entschied die Sache. Sein Name wurde mit einer komischen
Buchstabenkombination abgekürzt, die wie etwas klang, das ein Kind nicht
ordentlich aussprechen kann. Aber wie albern der Name des Museums auch klang,
als es dreieinhalb Millionen Dollar für den Berg aus Bedeutung bot, verschloss
es der ganzen wütenden Diskussion ein für alle Mal den Mund.
    Plötzlich
wussten alle, dass der Berg aus Bedeutung Kunst war und nur ahnungslose
Ignoranten auf die Idee kommen konnten, etwas anderes zu behaupten. Sogar der
Kunstkritiker der größten Westküstenzeitung ruderte zurück und sagte, er hätte
sich den Berg jetzt genauer angesehen und der sei wirklich geradezu genial und
stehe vielleicht für eine ganz neue und originelle Auslegung der Bedeutung des
Lebens. Beim ersten Mal habe er ihn nur von vorn sehen können, schrieb er.
Dreieinhalb Millionen Dollar, das war doch eine ganze Stange Geld, dachten wir,
ohne richtig zu begreifen, wie viel das in Wirklichkeit war. Durch den
Rechtsanwalt, der eingesetzt wurde, um uns zu vertreten, beharrten wir dennoch
darauf, der Preis für den Berg aus Bedeutung sei drei Millionen und
sechshunderttausend Dollar; man soll etwas nie billiger verkaufen, wenn es
sich teurer verkaufen lässt. Ja, am Ende verlangten wir drei Millionen
sechshundertundzwanzigtausend Dollar, so dass es genug war, um der Kirche Jesus
am Rosenholzkreuz zu bezahlen, denn ihn konnten wir ja nicht mehr zurückgeben.
    Das Museum akzeptierte, und das war's. Nun blieb nur noch das Datum zu
vereinbaren, an dem der Berg aus Bedeutung abgeholt werden sollte. Sicher
mussten viele Papiere und Genehmigungen und anderes mehr geordnet werden,
damit der Berg über die Landesgrenzen gehen durfte. Aber gleichzeitig - trotz
eines ungewöhnlich kalten Frühjahrs - verdarben mit jedem weiteren Tag die
verderblichen Teile des Bergs etwas schneller. Das Museum traf schließlich
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