Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne
Autoren: Nichts
Vom Netzwerk:
verkohlten
Überreste in der Brandstelle fand. In der Nähe dessen, was einmal der Berg aus
Bedeutung gewesen war.
    Als die
Polizei auf die Idee kam, Pierre Anthon habe den Berg
aus Bedeutung in Brand gesteckt, weil er nicht akzeptieren wollte, dass wir die
Bedeutung gefunden und damit Berühmtheit erlangt hatten, widersprachen wir
nicht. Es war nur traurig, dass er selbst im Feuer gefangen worden war.
     
    Wir gingen
mit zur Beerdigung. Einige von uns weinten sogar.
    Aufrichtig,
glaube ich, und ich sollte es wissen, denn ich war eine davon. Wir verloren das
Geld vom Museum, denn niemand hatte daran gedacht, den Berg aus Bedeutung zu
versichern. Aber wir weinten nicht deshalb. Wir weinten, weil es so traurig
war und so schön mit all den Blumen, auch den weißen Rosen von unserer Klasse
und weil der glatte und nicht-rissige weiße Sarg, der klein war, auch wenn er
doppelt so groß war wie der Sarg von Klein Emil, um die Wette mit den Brillengläsern
von Pierre Anthons Vater glänzte und weil die Musik
in uns hineinkroch und wuchs und wieder hinauswollte und es nicht konnte. Und
das, ob man nun an den Gott glaubte, zu dem wir sangen, oder an einen anderen
oder an gar keinen. Wir weinten, weil wir etwas verloren hatten und etwas anderes
bekommen hatten. Weil beides wehtat, verlieren und bekommen. Und weil wir
wussten, was wir verloren hatten, während wir das, was wir bekommen hatten,
noch nicht benennen konnten.
     
    Nachdem
Pierre Anthons weißer und nicht-rissiger Sarg in die
Erde versenkt war, nach dem Leichenschmaus in der Kommune im Taeringvej 25 und nachdem sowohl Lehrer Eskildsen ,
Pierre Anthons Vater und verschiedene andere, die wir
nicht kannten, von denen wir aber vermuteten, dass sie zu Pierre Anthons Familie gehörten, viele schöne Sachen über einen
Pierre Anthon gesagt hatten, der nicht richtig dem
entsprach, den wir gekannt hatten, gingen wir hinaus zum abgebrannten Sägewerk.
    Ein unbestimmtes Gefühl sagte uns, dass man es unpassend finden würde,
wenn wir uns an genau dem Tag beim Sägewerk trafen. Deshalb gingen wir zum
ersten Mal seit Monaten wieder jeweils zu dritt auf den vier verschiedenen
Wegen dorthin. Die Brandstelle rauchte nicht mehr.
    Alle
Glutnester waren gelöscht, nur Asche und verkohlte Mauerbrocken waren übrig,
kalt und weißgrauschwarz. Da, wo der Berg aus Bedeutung gewesen war, schien die
Ascheschicht etwas dicker zu sein, aber mit Sicherheit war das nicht zu sagen.
Auf der Brandstelle lagen herabgefallene Teile vom
Dach und vom Gebälk. Wir wechselten uns ab beim Wegräumen. Die Arbeit war
schwer und schmutzig, und wir wurden überall schwarz, sogar unter der Kleidung.
    Wir
sprachen so wenig wie möglich. Deuteten nur mit der Hand, wenn wir jemand
brauchten, um am anderen Ende eines Balkens oder eines Steins anzufassen. Aus
Mülltonnen in der Nähe holten wir leere Flaschen, Plastikbecher und
Streichholzschachteln, alles, was sich auftreiben ließ, und Sofie rannte nach
Hause und brachte, was sie finden konnte, so dass jeder ein Behältnis bekam.
    Zum
Schaufeln der Asche benutzten wir die Hände.
    Die
Behältnisse wurden sorgfältig über der gräulichen Masse verschlossen, dem, was
uns von der Bedeutung geblieben war.
     
    Und es war
wichtig für uns, sie gut festzuhalten, denn wenn Pierre Anthon auch nicht mehr auf dem Pflaumenbaum im Taeringvej 25
saß und hinter uns herrief, war uns trotzdem so, als hörten wir ihn jedes Mal,
wenn wir vorbeikamen. »Wenn sterben so leicht ist, dann deshalb, weil der Tod
keine Bedeutung hat«, rief er. »Und wenn der Tod keine Bedeutung hat, dann
deshalb, weil das Leben keine Bedeutung hat. Aber amüsiert euch gut !«
     
    26
     
    In jenem
Sommer wurden wir auf größere Schulen im Norden, Süden, Osten und Westen
verteilt, und Sofie kam an einen Ort, wo Menschen wie sie vor sich selbst
geschützt werden. Wir spielten nicht mehr zusammen und trafen uns nie wieder,
außer per Zufall auf der Straße, wo es sich nicht vermeiden ließ. Keiner hat
versucht, uns zu einem Klassenjubiläum oder Ähnlichem zu versammeln, und ich
bezweifle, dass einer von uns kommen würde, falls einer der Lehrer auf die Idee
käme.
     
    Das ist
acht Jahre her.
     
    Ich habe
immer noch die Streichholzschachtel mit der Asche vom Sägewerk und dem Berg aus
Bedeutung. Dann und wann hole ich sie vor und schaue sie an. Und wenn ich
vorsichtig die abgenutzte Pappschachtel öffne und auf die graue Asche blicke,
bekomme ich dieses merkwürdige Gefühl im Bauch. Und selbst wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher