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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne
Autoren: Nichts
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immer sie wollten, klingelten die Journalisten an unseren Haustüren
und die Fernsehsender aus aller Herren Länder stellten ihre Kameras vor der
Schule von Taering auf und filmten uns, wenn wir
kamen oder gingen. Sogar Jan-Johan war ganz zufrieden und reckte mutig allen
Fotografen seinen Verband entgegen, und so konnte das Fehlen des rechten
Zeigefingers landauf, landab verewigt werden.
    Aber vor allem bestürmten die Journalisten und Fotografen das
stillgelegte Sägewerk, um das Phänomen aus ihrem höchsteigenen Blickwinkel zu
erforschen. Der Berg aus Bedeutung wurde langsam bekannt.
    Alle waren beeindruckt.
    Alle, bis auf Pierre Anthon .
     
    20
     
    »Man hat
das alles schon mal gesehen !« , rief Pierre Anthon , und der weiße Frost-Atem ragte wie eine Wolke aus
dem Mund seiner blauen Sturmhaube hervor. »Das ist jetzt die große Nachricht,
und alle Welt blickt auf Taering . Im nächsten Monat
ist Taering vergessen, und alle Welt ist irgendwo
anders .« Pierre Anthon spuckte verächtlich auf den Bürgersteig, traf uns aber nicht.
    Weder mit
seiner Spucke noch mit seinen Worten.
    »Halt den
Mund !« , rief Jan-Johan wichtigtuerisch. »Du bist ja nur
neidisch .«
    »Du bist
ja nur neidisch! Du bist ja nur neidisch !« , echoten
wir anderen frohlockend.
    Wir waren
berühmt, und nichts konnte uns den Rang ablaufen.
    Nichts
konnte uns den Rang ablaufen, denn wir waren berühmt.
     
    Es war der
Tag, nachdem die erste englische Zeitung aufgetaucht war, und Pierre Anthon war selbst schuld daran, dass er keinen Anteil an
der Bedeutung und Berühmtheit haben wollte. Uns war das zum Glück vollkommen
egal. Uns war auch egal, dass er nicht mit uns zum stillgelegten Sägewerk
kommen und den Berg aus Bedeutung sehen wollte.
    Vollkommen. Ganz und gar. Komplett egal. Und uns war auch egal, wer
gegen uns und die Bedeutung des Bergs aus Bedeutung war, ob in Taering oder in der Presse oder anderswo im Land oder in
der Welt. Denn immer mehr waren dafür. Und so viele Menschen konnten sich nicht
irren. Viele! Mehr! Die Wahrheit!
    Und
geringer wurde die Wahrheit auch nicht, als wir nach Atlanta eingeladen
wurden, um in einer Fernsehshow mitzuwirken, die in den USA und vom Rest der
Welt gesehen werden konnte.
    Jeder in Taering beteiligte sich an der Diskussion, ob wir die
Erlaubnis erhalten sollten, nach Amerika zu fahren oder nicht. Die Einwohner
von Taering , die gegen die Bedeutung waren, und zwar
sowohl unsere wie die des Bergs, brauchten gar nicht erst zu überlegen. Es
konnte keine Rede davon sein, dass wir losfahren und uns und Taering und damit sämtliche Einwohner blamieren durften -
noch dazu vor den Augen der ganzen Welt! Als wäre nicht alles schon schlimm
genug. Die übrigen Einwohner von Taering waren stolz
auf die Einladung und auf uns und auf die Bedeutung, denn so viel
Aufmerksamkeit war Taering noch niemals zuteil
geworden, in keiner Hinsicht. Die meisten waren für die Bedeutung. Trotzdem
durften wir nicht fahren.
    Je mehr
man dafür war, desto mehr meinte man nämlich, auf uns und auf den Berg aus
Bedeutung aufpassen zu müssen. Und egal, was die Leute vom Fernsehsender
sagten, man konnte nicht wissen, ob uns drüben auf der anderen Seite des Atlantiks
etwas zustoßen würde.
    Uns tat es leid. Aber so sehr leid tat es uns
nicht. Denn dass auf uns gut aufgepasst werden musste, vermehrte nur unsere Bedeutung.
Dachten wir.
    So lange,
bis wir am Taeringvej 25 vorbeikamen.
     
    Es war
Montagmorgen, dunkel, kalt und windig und zur Schule zu gehen nicht besonders
angenehm, hätte die Bedeutung nicht immer noch Mathe und Dänisch und Deutsch
und Geschichte und Biologie und alles andere, das langweilig war in Taering , überschattet. Ich ging zusammen mit Marie-Ursula,
Gerda und Dame Werner, und während wir uns dem Wind entgegenstemmten,
diskutierten wir, ob wir vielleicht sogar so bedeutend wären, dass die
Moderatorin der amerikanischen Fernsehshow nach Taering kommen würde, da wir nun nicht nach Amerika fuhren. Dame Werner war sich völlig
sicher.
    » Bien sur !« , sagte er
und nickte nur einmal. » Bien sur kommt sie
hierher .«
    Ich konnte
mir auch nichts anderes vorstellen. Aber noch ehe wir zu diskutieren anfingen,
wo man in Taering die Show am besten aufzeichnen
könnte und was wir anziehen sollten, wurden wir von Pierre Anthon unterbrochen. »Ha !« , rief er und übertönte von dort
oben auf seinem Ast mühelos den Wind. »Als ob das Reiseverbot etwas mit eurer
Sicherheit zu tun hätte! Haha!« Er lachte laut.
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