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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne
Autoren: Nichts
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halten kann.
    Halt den Mund. Schweig still. Sag kein ---.
    Ich hätte am liebsten meine Zunge verschluckt.
    An diesem
Nachmittag war ich keinen Augenblick allein im Haus und am nächsten auch nicht.
Am dritten Tag war es dann so weit: Mein Bruder war beim Fußball, und meine
Mutter musste einkaufen. Meine Mutter war kaum aus der Einfahrt geradelt, da
rannte ich zum Telefon in der Küche und gab die Nummer ein.
    » Taering Tirsdag «, sagte eine
strenge Frauenstimme.
    »Ich muss
mit dem Chefredakteur sprechen«, sagte ich, denn ich wusste nicht, nach wem ich
sonst hätte fragen sollen. Über den Hörer hatte ich einen Pullover gelegt. Das
reichte nicht.
    »Wen darf
ich melden ?« , fragte die Frauenstimme etwas zu neugierig.
    »Hedda
Huld Hansen.« Es war der einzige Name, der mir auf die Schnelle einfiel, auch
wenn ich es sofort bereute, denn das hier sollte doch anonym sein. Na ja, so
hieß die Frau des Pfarrers und nicht ich, also konnte es mir auch egal sein.
Und zumindest wurde ich so unmittelbar zum Chefredakteur durchgestellt.
    » Soborg «, meldete er sich mit tiefer,
brummender Stimme. Die Stimme beruhigte mich. Sie klang nett und freundlich wie
mein Großvater. Ich trug dick auf.
    »Hier
spricht Hedda Huld Hansen. Ich möchte gern, dass sie das Gespräch vertraulich
behandeln, aber ich finde unbedingt, dass die Zeitung das aufgreifen muss .« Ich holte tief Luft, als wäre ich sehr aufgeregt. »Also,
Sie haben sicher von diesen furchtbaren Ereignissen gehört, die letzthin rund
um unsere Kirche passiert sind. Erst wurden der Friedhof verwüstet und zwei
Grabsteine gestohlen, und dann wurde unser aller Jesus am Rosenkreuz aus der
Kirche gestohlen, und noch dazu an einem Sonntag .« Wieder holte ich tief und geräuschvoll Luft. »Aber sicher haben Sie nichts
davon gehört, dass nun diese nationalen Schätze wiedergefunden wurden. Und zwar zusammen mit einem kleinen Kindersarg, vielleicht mit Inhalt,
einer Schlange in Formalin, einem neongelben Fahrrad und«
- hier senkte ich die Stimme - »einem Hund mit abgeschnittenem Kopf sowie einem
toten Hamster, einem blutigen Zeigefinger und einer Menge anderer Sachen. Und
einem Paar grüner Sandalen.« Das Letzte konnte ich mir nicht verkneifen, wenn
es vielleicht auch nicht klug war. Zum Glück schien der Chefredakteur darauf
nicht weiter zu achten. »Das ist ja schrecklich .«
    »Ja,
haarsträubend, nicht wahr? Draußen in dem stillgelegten Sägewerk. Und es heißt,
es sei eine Gruppe Kinder gewesen, die alle diese - wie soll ich sie nennen -
Gegenstände gesammelt hat, weil sie Bedeutung zusammentragen wollten. Ja,
tatsächlich soll das dort draußen im Sägewerk so etwas wie ein Berg aus Bedeutung sein !« Ich zog die Luft zwischen den Zähnen ein, dass es pfiff.
    Der
Chefredakteur wiederholte, das sei wahrhaftig eine schreckliche Geschichte,
aber er sagte, er könne um diese Zeit, wo Weihnachten vor der Tür stehe, keinen
Mitarbeiter entbehren. Ehe er auflegte, versicherte er sich noch einmal, dass
es sich bei dem stillgelegten Sägewerk, von dem Hedda Huld Hansen sprach, um
jenes handelte, das ganz am Rande von Taering lag, am Taering Markvej .
    Ich
glaube, der Chefredakteur vermutete, die ganze Geschichte sei von vorn bis
hinten geflunkert. Aber ich hoffte, dass ich ihn trotz allem genügend neugierig
gemacht hatte und er einen Journalisten auf die Sache ansetzte.
Sicherheitshalber rief ich Sofie an. Vielleicht lohnte es sich, im Auge zu behalten,
ob jemand zum Sägewerk hinauskam.
     
    Es gab
eine Weihnachtsfeier (von der wir ausgeschlossen waren), es kam der 23.
Dezember (und jetzt begannen die Herzen unserer Eltern endlich aufzutauen), und
es kam der Heilige Abend (und wir konnten erleichtert feststellen, dass wir
nicht weniger Geschenke bekamen als unsere artigeren Geschwister oder als wir
in früheren Jahren bekommen hatten). Aber richtig Weihnachten wurde es erst,
als am Tag vor Silvester in der Zeitung zu lesen war, Dämonen hätten ihren Weg
nach Taering gefunden.
    Die
Dämonen, das waren wir.
    Auf Seite
drei folgte eine ausführliche Beschreibung des Bergs aus Bedeutung.
    Um unsere
Anonymität zu wahren, wurden wir nicht namentlich genannt, es hieß lediglich,
dass man eine der Abschlussklassen aus der Schule in Taering verdächtige. Wir waren nicht wenig stolz - auch wenn sich Pierre Anthon noch immer nicht in der Nähe des Sägewerks gezeigt
hatte. Als die Schule am 4. Januar wieder anfing, spazierten wir sehr aufrecht
und mit bedeutungsvoller Miene
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