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Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
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lehnte ich mich gegen die Rückenlehne meines harten, unbequemen Stuhls. Von der niedrigen Zimmerdecke hing eine Glühbirne in einem vergitterten Schirm herab. Die Wände waren aus Beton, die Tür aus Eisen, es gab einen Tisch, hinter dem die beiden Männer in zwei Bürostühlen saßen, und schließlich den Stuhl, auf dem ich hockte.
    Ich leckte mir über die ausgetrockneten Lippen. Die Schürfwunde auf meiner Backe juckte, aber da meine Hände auf dem Rücken gefesselt waren, konnte ich sie nicht berühren. Auch mein Schädel kratzte. Man hatte ihn mir am Vorabend kahl rasiert und mit billigem Desinfektionsmittel bespritzt.
    »Die Gerichtsverhandlung hat bereits stattgefunden, das Urteil wurde verhängt: Tod durch Erschießen.«
    »Ach, es gab eine Gerichtsverhandlung?«, sagte ich. »Die muss ich verpasst haben.«
    Der Zivile fiel mir vor allem durch seine kontrollierten Bewegungen, seinen machtvollen Blick und seine grauen Haare auf. Vor ihm auf dem Tisch stand ein schwarzer Laptop, und die meiste Zeit waren seine Augen auf den Bildschirm geheftet. Außerdem hatte er eine besondere Art, die linke Hand zur Faust zu ballen und sich dann mit dem großen goldenen Siegelring am Ringfinger über das Kinn zu reiben.
    Der General war in mittlerem Alter, von drahtiger Gestalt und gesunder Gesichtsfarbe. Neben Verachtung signalisierte sein Blick hauptsächlich totale Gleichgültigkeit mir gegenüber, als sei ich ein Käfer, der im nächsten Augenblick zerdrückt würde, woraufhin sich nie wieder irgendwer an mich erinnern würde. Der Blick des anderen dagegen war interessiert und scharf.
    »Ich kann mich gar nicht an den Gerichtssaal erinnern, den Richter und die Zeugen«, fuhr ich fort. »Und auch nicht an den Pflichtverteidiger, den Staatsanwalt … Und was gehört noch dazu?«
    Meine Worte machten den General offenbar wütend. Bisher hatte er nur schweigend dagesessen und ab und zu genickt. Jetzt ergriff er das Wort:
    »Es war ein Tribunal, kein Gericht. Für solche wie dich ist Erschießen noch zu milde. Wie viel Tote hast du auf dem Gewissen, Söldner?«
    »Keine Ahnung«, entgegnete ich ehrlich. »Schließlich bin ich Kampfpilot. Das ist mein Beruf.«
    »Du bist ein angeheuerter Pilot – also ein Söldner. Du hast für Geld getötet.«
    »Alle, die ich getötet habe, waren entweder Soldaten oder Verbrecher. Bewaffnete Gruppierungen, schon mal davon gehört? Hätte ich sie nicht getötet, hätten sie mich getötet.«
    »Besser, diese Teufel hätten dich mit ihren Stingers vom Himmel geholt, dann müssten wir jetzt nicht unsere Zeit mit dir vergeuden. Euch hätte man allesamt gleich auf dem Majdan an die Wand stellen sollen.«
    Der General wandte sich an den Grauhaarigen:
    »Wie die Zeiten sich geändert haben! Früher waren Söldner einfach nur Verbrecher. Sie galten nicht umsonst als feige Halunken. Und heutzutage haben sie Flugzeuge!«
    Ich grinste schief. Der General fuhr fort:
    »Wie viele hast du in den Tod geschickt? Wie viel Soldaten kehren wegen dir nicht mehr nach Hause zurück? Ein Zug, zwei? Ein Bataillon?«
    Dieser hier war ein richtiger General und nicht irgendein unerfahrener Anfänger im Rang eines Leutnants. Dieser hier kam nicht um den Tisch herum, um mir in die Fresse zu hauen, er beschimpfte mich nicht einmal, sondern sprach einfach nur voller Verachtung aus, was er dachte.
    Der Grauhaarige starrte noch immer auf den Bildschirm und sagte:
    »Jegor … ist inzwischen ein seltener Name. Wer hat dich so genannt?«
    »Die Leute im Waisenhaus.«
    »Und der Nachname ist noch interessanter: Rasin. Über deine Kindheit haben wir praktisch nichts … Erzähl uns mal was.«
    »Ich hatte keine Kindheit. Waisenhaus – das sagt doch alles. Dann Militärakademie, Pilotenausbildung …«
    »Die du nicht beendet hast. Hier steht: zeigt wenig Emotionen, verschlossen, schweigsam, bevorzugt die Rolle des Beobachters, hat keine Freunde … Kurz, du warst alles andere als ein umgänglicher Typ, was, Rasin? Introvertierte Persönlichkeit – so nennen das die Psychologen. Selbstgenügsam, clever, einer, der immer weiß, was er will. Es fehlten nur eineinhalb Monate bis zum Abschluss, aber statt einem Diplom mit Auszeichnung hast du zwei Jahre auf Bewährung für eine Prügelei bekommen …« Der Grauhaarige blickte wieder auf den Bildschirm. »Schwere Körperverletzung in zwei Fällen.«
    »Diese Dreckskerle wollten das Mädchen in ihr Auto zerren. Mitten in der Nacht. Eine Schülerin. Ihr Kleid war schon völlig
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