Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
Vom Netzwerk:
erschossen.«
    Ich fasste ihn schweigend um die Schulter, half ihm auf die Beine und zog ihn in Richtung Majdan.
    In diesem Augenblick gingen die Soldaten zum Angriff über, und im Handumdrehen waren die Gardisten überwältigt. Wir befanden uns nur noch wenige Meter vom Majdan entfernt, als man uns entdeckte und das Feuer auf uns eröffnete. Die Schüsse wurden aus großer Entfernung abgegeben, Autowracks ragten zwischen uns und den Schützen auf, weiße Rauchschwaden krochen über den Chreschtschatyk. Kugeln pfiffen an uns vorbei, schlugen in den Asphalt und in die ausgebrannten Autos ein. Ich keuchte vor Anstrengung, schleifte Opanas mit mir, der sich mit letzter Kraft auf den Beinen hielt. Sein Kopf kippte immer wieder unkontrolliert zur Seite, mit dem Kinn auf die Schutzweste oder nach hinten in den Nacken. Er hustete und fragte immer wieder: »Siehst du die Laster? Siehst du sie?«
    »Klar«, entgegnete ich, obwohl weit und breit kein Laster stand.
    Barzew zufolge sollten sie hier irgendwo auf uns warten, aber bei dem großen Springbrunnen gähnte nur ein riesiger Geschoss trichter. Ich schleppte uns noch ein paar Schritte weiter und blieb dann stehen.
    »Was ist los?«, fragte Opanas. »Warum halten wir an, Pilot? Scheiße, ich kann nichts sehen, vor meinen Augen ist alles schwarz … Sind wir schon da?«
    Von links ertönte ein Hupen. Ich drehte mich um – ein einziger Laster stand da zwischen den Säulen, die das breite Vordach des zentralen städtischen Postamtes stützten. Wo waren die anderen Fahrzeuge?
    »He! Hier rüber!« Eine Stimme übertönte die Schüsse.
    Ein dürrer Kerl stand auf dem Trittbrett zur Fahrerkabine und winkte uns zu. Ich zerrte Opanas in Richtung Postamt. In diesem Augenblick ließen die Armeesoldaten aus irgendeinem Grund von uns ab und eröffneten das Feuer in die entgegengesetzte Richtung – vielleicht hatte sich vom Tolstoj-Platz aus noch eine Abteilung Gardisten durchgeschlagen.
    Der Dürre schwang sich in die Kabine zurück und kurz darauf sprangen zwei Kämpfer in Anzügen, Schutzwesten und Helmen vom Laster und liefen uns entgegen.
    Sie fassten Opanas unter den Armen und trugen ihn zum Fahrzeug. Ich überholte die drei im Laufschritt.
    Die beiden Hochhäuser rechts vom Postamt waren vollständig zerstört, bei einem dritten war das Dach eingestürzt und aus dem Loch quoll Rauch.
    Wir hatten den Laster fast erreicht, als ein schweres tiefes Knattern die Kampfgeräusche auf dem Chreschtschatyk übertönte.
    »Was sind das für Hubschrauber?«, krächzte Opanas, und im selben Moment stiegen schon die Maschinen hinter der gegenüberliegenden Häuserzeile auf. Ein zweirotoriger Transporthubschrauber wurde von einem Paar schmalnasiger schwarzer »Krokodile« flankiert. Letztere waren mit Panzerabwehrlenkwaffen unter den Stummelflügeln und schwenkbaren Gatling-Maschinengewehren am Bug ausgestattet.
    Sie nahmen uns ins Visier. Sekunden später war unser Lastwagen in einer grellen Stichflamme verschwunden.
    Die Druckwelle der Explosion warf mich fast um, ich ging in die Knie, dann fiel ich nach vorne. Maschinengewehrfeuer ertönte, ein Streifen kleiner Explosionen lief über den Asphalt auf mich zu. Aber der Hubschrauber brach zur Seite aus, und der Explosionsstreifen lief in einem Bogen an mir vorbei und verschwand in meinem Rücken.
    Durch das Geknattere ertönte ein kurzer Aufschrei.
    Ich sah mich um.
    Und sah drei reglose Körper. Opanas’ gespaltenen Helm. Blut, das über seinen schwarzen Schnurrbart lief.
    In diesem Moment erfasste mich vollständige Gleichgültigkeit. Es gab keine Rettung mehr – keine Fluchtmöglichkeit, kein Versteck.
    Das Spiel war aus.
    Ich hatte schon lange keine Hoffnung mehr gehabt. Es hatte so kommen müssen – für mich gab es keine Zukunft.
    Ich setzte mich, zog mir den Gewehrriemen über den Kopf, schnallte das Pistolenhalfter mit der Kedr ab und warf beide Waffen vor mich auf den Asphalt. Die Krokodile flogen über den Chreschtschatyk, der Transporthubschrauber ließ sich mitten auf dem Majdan nieder und hinter den Häusern erhoben sich immer neue Hubschrauber, auf denen der doppelköpfige Adler prangte.

2.

    »Du bist ein Kriegsverbrecher«, sagte der Mann in Zivil. »Obwohl das für einen hundsgemeinen Söldner noch zu nobel klingt, aber dem Gesetz nach bist du genau das: ein Kriegsverbrecher, und als solcher zum Tode verurteilt.«
    Neben dem Mann in Zivil saß ein General der russischen Armee und schwieg.
    Mit klirrenden Handschellen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher